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Urteil: Polen muss gleichgeschlechtliche Ehe anerkennen

EuGH-Urteil zu polnischem Paar, das in Deutschland geheiratet hat
EuGH-Urteil zu polnischem Paar, das in Deutschland geheiratet hat ©APA/AFP
EU-Staaten müssen in anderen Mitgliedsländern geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen nach einem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) anerkennen. Unionsbürgerinnen und Unionsbürger müssten die Gewissheit haben, ihr Familienleben in verschiedenen EU-Ländern fortsetzen zu können, entschieden die Richterinnen und Richter am Dienstag in Luxemburg. Das gehöre zu ihrem Recht, sich in der EU frei bewegen zu können.

Der Gerichtshof stärkte damit einem polnischen Paar den Rücken, das in Berlin geheiratet hatte. Weil die beiden Männer nach Polen ziehen und dort als Ehepaar leben wollten, beantragten sie die Umschreibung der in Deutschland ausgestellten Eheurkunde im polnischen Personenstandsregister. 

Die polnischen Behörden lehnten dies mit der Begründung ab, dass das polnische Recht keine Ehe zwischen Menschen gleichen Geschlechts zulasse. Die Umschreibung der Eheurkunde laufe den Grundprinzipien der polnischen Rechtsordnung zuwider. 

EuGH: Entscheidung über "Ehe für alle" bleibt bei EU-Staaten

Der EuGH entschied nun: Eine solche Verweigerung verstoße gegen das Unionsrecht. Dadurch werde das Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht und das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt.

Die Richterinnen und Richter betonten jedoch, dass die Anerkennungspflicht nicht bedeute, dass EU-Staaten in ihrem nationalen Recht die gleichgeschlechtliche Ehe vorsehen müssen. Sie können wählen, auf welchem Weg die Ehen anerkannt werden. Da die Umschreibung der Eheurkunde in Polen derzeit aber das einzige Mittel für eine Anerkennung sei, müsse Polen sie auch gleichgeschlechtlichen Paaren gewähren. Der konkrete Fall muss noch vor den polnischen Gerichten entschieden werden, die die Vorgaben des EuGH beachten müssen.

Laut einer Übersicht des europäischen Dachverbands der Lesben-, Schwulen-, Bisexuellen-, Trans- und Intersexorganisationen Ilga gehört Polen neben Litauen, Rumänien und der Slowakei zu den EU-Ländern, die besonders restriktive Regeln im Hinblick auf Regenbogenfamilien haben.

Reaktionen aus Österreich

Das Urteil "führt uns unmissverständlich vor Augen, dass die Rechte von LGBTIQ+-Personen in der EU nicht verhandelbar sind", sagte David Stögmüller, LGBTIQ+-Sprecher der Grünen. "Dass der EuGH nun bestätigt, dass gleichgeschlechtliche Ehen EU-weit gelten müssen, ist ein starkes Signal: Menschenrechte enden nicht an Landesgrenzen", betonte Stögmüller in einer Aussendung. Die SPÖ-EU-Abgeordnete Elisabeth Grossmann kommentierte, dass der Europäische Gerichtshof hunderttausenden Familien in Europa den Rücken stärke. "Auch wenn die Ehe für alle in Polen noch Zukunftsmusik ist, ist dieses Urteil ein starkes Signal, denn Liebe kennt keine Grenzen!"

(APA/dpa)

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