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Unterhose von Kardinal Groer auf eBay

Auktion auf eBay: Wer ersteigert Kardinal Groers Unterhose?
Auktion auf eBay: Wer ersteigert Kardinal Groers Unterhose? ©Screenshot eBay, APA
Eine angeblich von Kardinal Hans Hermann Groer getragene Unterhose wird derzeit auf der Auktionsplattform eBay angeboten. Groer stürzt 1995 die katholische Kirche in Österreich in eine schwere Krise, nachdem er zu den Vorwürfen, minderjährige Knaben sexuell missbraucht zu haben, beharrlich geschwiegen hatte.

Noch am heutigen Mittwoch wird die Auktion beendet, das Höchstgebot hielt am Nachmittag ein unbekannter Nutzer mit USD 15,50. Laut Beschreibungstext auf eBay soll der Reinerlös der Auktion an die Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt (www.betroffen.at) und “Licht ins Dunkel” gespendet werden. Die Unterhose selbst wird nicht erwähnt und ist nur im Bild sichtbar. Geschrieben wird von einem Rosenkranz und einer “echten Berührungsreliquie” des Kardinals.

Getragene Unterhose als Weihnachtsgeschenk?

Der Gründer der Plattform betroffen.at ist laut einem im “Falter” erschienenen Interview in die Aktion eingeweiht. Laut Sepp Rothwangl wird die Unterhose des Kardinals von einem Insider aus dem Umfeld von Stift Göttweig auf Ebay versteigert. Schon im “Buch Groer” von Hubertus Czernin wurde beschrieben, der umstrittene Kardinal habe zu Weihnachten eine von ihm gebrauchte Unterhose verschenkt, so Rothwangl. Der unbekannte Anbieter des Kleidungsstücks auf eBay versichert, Groer werde früher oder später selig und heilig gesprochen – damit seien die Gegenstände “echte Schnäppchen-Reliquien”.

Missbrauchsvorwürfe gegen Groer

Der im März 2003 im Alter von 83 Jahren verstorbene Wiener Alt-Erzbischof Hans Hermann Groer hatte die katholische Kirche Österreichs in die schwerste Krise seit 1945 gestürzt. Seine neunjährige Amtszeit als Erzbischof von Wien von 1986 bis 1995 war von innerkirchlichen Konflikten überschattet. Vorwürfe, er habe während seiner Zeit als Religionsprofessor am Knabenseminar Hollabrunn Minderjährige sexuell belästigt oder gar missbraucht, konnten nie entkräftet werden. Nach seinem Rücktritt hatte er zuletzt zurückgezogen im Kloster Marienfeld bei Maria Roggendorf in Niederösterreich gelebt.

Chronologie des Falls Groer

  • 1985: Der Göttweiger Pater Udo Fischer berichtet seinem Abt Clemens Lashofer von sexuellen Belästigungen durch Groer.
  • 16. Juli 1986: Papst Johannes Paul II. ernennt überraschend Groer zum Wiener Erzbischof. Er wird am 14. September geweiht.
  • 29. Mai 1988: Groer wird zum Kardinal ernannt.
  • 26. März 1995: “profil” veröffentlicht die Vorwürfe eines ehemaligen Groer-Schülers gegen den Erzbischof. Groer schweigt.
  • 6. April 1995: Groer tritt als Vorsitzender der Bischofskonferenz zurück. Nachfolger wird Johann Weber.
  • 13. April 1995: Weihbischof Schönborn wird zum Erzbischof-Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge ernannt.
  • 14. August 1995:  Groer gibt bekannt, dass der Papst sein – ein Jahr zuvor dem Kirchenrecht entsprechend eingebrachtes – Rücktrittsgesuch per 14. September angenommen habe. Schönborn wird Erzbischof. Groer zieht sich nach Maria Roggendorf zurück.
  • 1. September 1996: Groer übernimmt wieder ein offizielles kirchliches Amt. Er wird Prior des Benediktinerklosters in Maria Roggendorf, einem Ableger von Göttweig.
  • 3. Jänner 1998: Der Göttweiger Abt Clemens Lashofer enthebt Groer seines Amtes. Als Begründung werden neue, klosterinterne Vorwürfe gegen Groer angeführt.
  • 10. Jänner 1998: Abt Lashofer bittet in Rom um eine Apostolische Visitation seines Stiftes, um die Vorwürfe gegen Groer, aber auch gegen seine Amtsführung zu klären.
  • 10. Februar 1998: Der Heilige Stuhl kündigt eine Außerordentliche Visitation von Göttweig unter der Leitung von Abtprimas Marcel Rooney an, die am 2. März beginnt.
  • 16. Februar 1998:  Erzbischof Georg Eder spricht erstmals von Beweisen für die Vorwürfe gegen Groer.
  • 20. Februar 1998: Kardinal Groer wird von Papst Johannes Paul II. in Privataudienz empfangen. Über den Inhalt der Aussprache wird nichts bekannt.
  • 21. Februar 1998: Groer nimmt am Konsistorium teil, bei dem Schönborn zum Kardinal kreiert wird. Schönborn und Weber fordern Groer zu einem Wort des Bekenntnisses und der Vergebensbitte auf.
  • 22. Februar 1998: Beim Rückflug nach Wien erklärt Groer, weiterhin “eisern” zu schweigen.
  • 27. Februar 1998: In einer gemeinsamen Erklärung geben die Bischöfe Weber, Schönborn, Eder und Kapellari bekannt, dass sie zur “moralischen Gewissheit” gelangt seien, dass die Vorwürfe gegen Groer “im Wesentlichen” zutreffen.
  • 7. März 1998: Zum Abschluss der Göttweiger Visitation erklärt Abtprimas Roony, dass “alle weiteren Schritte in der Angelegenheit” beim Papst liegen.
  • 27. März 1998: Schönborn ruft Groer – in Abstimmung mit dem Vatikan – auf, “vorerst von bischöflichen Handlungen, wie Firmungen, Abstand zu nehmen”. Die Diözese St. Pölten schließt sich diesem Appell nicht an.
  • 29. März 1998:  Schönborn bekräftigt: Jetzt muss der Papst reagieren.
  • 31. März 1998:  Die Bischofskonferenz beschäftigt sich in ihrer Frühjahrssession mit der Causa Groer; der Apostolische Nuntius Donato Squiccarini berichtet von einem Gespräch mit Papst.
  • 3. April 1998:  Zum Abschluss der Frühjahrssession betont Weber seine Hoffnung auf eine baldige Entscheidung des “einzig zuständigen” Papstes.
  • 8. April 1998:  Weber, Schönborn und Eder fahren überraschend zum Papst, der eine Lösung ankündigt, “die von Gerechtigkeit und Liebe getragen ist”.
  • 9. April 1998:  Die Vatikanische Ordenskongregation spricht in einem Fazit zur Visitation Lashofer “Dank” aus und bekundet das “Vertrauen” in dessen Fähigkeiten, den “Schwierigkeiten zu begegnen”. Zur Causa Groer wird keine Stellung genommen, weil “die Kompetenz für weitere Schritte allein” beim Papst liegt.
  • 14. April 1998:  Die Apostolische Nuntiatur in Wien zieht mit einem Kommunique einen “Schlussstrich”: Groer gibt auf “Bitte des Heiligen Vaters” seinen bisherigen Wirkungskreis auf und bittet “Gott und die Menschen um Vergebung, wenn ich Schuld auf mich geladen habe”.
  • 5. Mai 1998:  Groer tritt einen “Genesungsbesuch” in einem Kloster in Goppeln nahe Dresden an. Damit ist fix, dass er am dritten Besuch von Papst Johannes Paul II. in Österreich nicht teilnehmen wird.
  • 20. Oktober 1998:  Groer kehrt von seinem Exil nach Maria Roggendorf zurück.
  • 24. März 2003: Groer erliegt im Spital in St. Pölten einem Krebsleiden.

(Redaktion, APA)

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