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UNO-Sanktionen gegen Iran im Atomstreit wieder in Kraft getreten

Hier in Natanz soll Uran engereichert worden sein
Hier in Natanz soll Uran engereichert worden sein APA/Satellite image ©2025 Maxar Technologies
Knapp zehn Jahre nach dem Wiener Atomabkommen mit dem Iran sind in der Nacht auf Sonntag alle eingefrorenen UNO-Sanktionen gegen Teheran wieder in Kraft treten.

Nach dem sogenannten Snapback-Mechanismus aus dem historischen Vertrag gelten die alten Regeln planmäßig seit 2.01 Uhr früh (MESZ) erneut. Nun greifen unter anderem wieder Strafmaßnahmen wie ein Waffenembargo, ein Verbot von Urananreicherung und ein weltweites Einfrieren von Vermögenswerten.

Washington/Teheran. Deutschland, Großbritannien und Frankreich (E3) hatten als Vertragsstaaten des Wiener Atomabkommens mit dem Iran aus dem Jahr 2015 vor einem Monat den Mechanismus zur Wiedereinführung der Sanktionen in Gang gesetzt. Teheran verstößt ihrer Ansicht nach grundlegend gegen die Vereinbarungen. Als Beispiel wird etwa die Anreicherung von Uran genannt, die weit über die Werte hinausgeht, die für zivile Zwecke nötig sind.

In den letzten Monaten hatte es keine diplomatische Lösung gegeben - Berlin, London und Paris betonen aber, dass sie weiter für Verhandlungen bereit sind. Die USA hatten das Wiener Abkommen bereits 2018 in der ersten Amtszeit von Präsident Donald Trump verlassen. Zugleich ließ Trump neue und härtere Sanktionen gegen den Iran verhängen.

Erhoffte Lockerungen durch das Abkommen und ein wirtschaftlicher Aufschwung blieben so aus. Seitdem hatte Teheran seine Pflichten gemäß dem Abkommen zusehends missachtet. Seit Jahren bereits wird es faktisch nicht mehr umgesetzt. Teheran hat die Wiedereinführung der Sanktionen daher als illegitim kritisiert. Verhandlungen scheiterten. Die USA, die E3, Irans Erzfeind Israel und andere westliche Staaten befürchten, dass der Iran heimlich Atomwaffen bauen könnte. Teheran bestreitet solche Absichten: Einem religiöses Rechtsgutachten von Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei zufolge seien Massenvernichtungswaffen verboten.

Wadephul: Kein Grund Uran derart hoch anzureichern außer für Waffen

Der deutsche Außenminister Johann Wadephul rief den Iran trotz der Wiedereinsetzung der Sanktionen zu neuen Verhandlungen über das umstrittene Atomprogramm auf. "Mit dem Snapback endet ein Kapitel unserer diplomatischen Bemühungen", sagte der CDU-Politiker am Samstag am Rande der UNO-Generalversammlung in New York. Er fügte hinzu: "Der Iran hat die Möglichkeit, ein neues Kapitel von Diplomatie aufzuschlagen. Es ist an ihm, den Weg hin zu neuen Gesprächen zu beschreiten. Wir sind dafür bereit."

Wadephul betonte, die E3 hätten über Jahre den Dialog mit dem Iran gesucht und sich intensiv bemüht, das Atomprogramm unter Kontrolle zu halten. "Iran hat auf Zeit gespielt, anstelle die ausgestreckte Hand der E3 anzunehmen. Daher ist heute Abend um 20.00 Uhr New Yorker Zeit der Snapback abgeschlossen." Der deutsche Außenminister sagte, die Formel der Wiener Atomvereinbarung sei einfach gewesen: Sanktionsaufhebung gegen Beschränkung des Atomprogramms. Der Iran habe über Jahre hinweg seine Verpflichtungen missachtet. "Es gibt keine plausible Begründung, Uran auf 60 Prozent anzureichern. Iran ist der einzige nicht-atomar bewaffnete Staat der Welt, der so hoch angereichertes Uran besitzt."

Ein Vorstoß Russlands und Chinas, die Strafmaßnahmen aufzuschieben, war am Freitag im UNO-Sicherheitsrat gescheitert. Der Rat hatte die Schritte des sogenannten Snapback-Verfahrens nach Resolution 2231 vollzogen. Nur vier der 15 Mitglieder des Gremiums unterstützten die Resolution zur Verzögerung. Neun stimmten dagegen, zwei enthielten sich.

Washington dringt auf direkte Verhandlungen

Auch die USA stellten dem Iran neue Verhandlungen in Aussicht. Außenminister Marco Rubio sagte, Präsident Trump habe deutlich gemacht, dass Diplomatie nach wie vor eine Option sei. "Ein Abkommen bleibt das beste Ergebnis für das iranische Volk und die Welt." Damit dies geschehen könne, müsse der Iran direkte Gespräche akzeptieren, die in gutem Glauben geführt würden, ohne Verzögerungen oder Verschleierungstaktiken. Ohne ein solches Abkommen sei es Aufgabe der Partner, unverzüglich Sanktionen zu verhängen. Auf diese Weise werde die iranische Führung unter Druck gesetzt, "das zu tun, was für ihr Land richtig und für die Sicherheit der Welt am besten ist". Vor wenigen Tagen hatte Irans oberster Führer Khamenei möglichen Verhandlungen mit den USA eine klare Absage erteilt und Trump vorgeworfen, keine echten Gespräche führen zu wollen.

Warnung der E3

Laut einem Bericht der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) verfügte der Iran vor Beginn eines kurzen Kriegs Israels gegen das Land im Juni über mehr als 400 Kilogramm Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent. Für den Bau von Atomwaffen wäre eine weitere Anreicherung auf einen Reinheitsgrad von mehr als 90 Prozent erforderlich. Wie viel von dem Material und den Kapazitäten des Iran nach den schweren Angriffen der USA und Israels im Juni noch übrig ist, ist umstritten.

Wie sich die Einsetzung der früheren Sanktionen auswirken wird, ist schwer abzuschätzen. Die Islamische Republik könnte auf Konfrontationskurs gehen und ein Abkommen zur Wiederaufnahme von IAEA-Inspektionen aufkündigen. Weitere mögliche Eskalationsschritte wären ein Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag oder sogar die Ankündigung, eine Atombombe zu bauen.

Vor einer Eskalation warnen die E3 nun nach Wiederinkrafttreten der UNO-Sanktionen: "Wir fordern den Iran nachdrücklich auf, von jeglichen eskalierenden Maßnahmen abzusehen und sich wieder an seine rechtlich bindenden Sicherungsmaßnahmen zu halten", teilten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs (E3) in der Nacht gemeinsam mit. "Die Wiedereinführung von UNO-Sanktionen bedeutet nicht das Ende der Diplomatie." Die E3 würden weiter mit allen Parteien auf eine neue diplomatische Lösung hinarbeiten, um sicherzustellen, dass der Iran niemals in den Besitz von Atomwaffen gelange, hieß es in der Mitteilung weiter. Frankreich, Deutschland und das Vereinigte Königreich konzentrierten sich nun auf die rasche Wiedereinführung der erneut verhängten Beschränkungen. "Wir fordern alle UNO-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, diese Sanktionen umzusetzen."

Sanktionen könnten Wirtschaftskrise im Iran verstärken

Die Sanktionen dürften für den Iran nach Einschätzung von Experten begrenzte wirtschaftlichen Folgen haben. Der Staat mit etwa 90 Millionen Einwohnern ist unter anderem bereits aufgrund von US-Strafmaßnahmen ökonomisch stark angeschlagen. Zudem ist das Vorgehen zwar ein weiteres Signal an Unternehmen weltweit, dass eine Zusammenarbeit mit dem Iran heikel werden kann. Viele internationale Unternehmen meiden den Iran jedoch bereits seit langem aus Sorge vor US-Strafmaßnahmen. Bis jetzt war der Iran schon mit harten Strafmaßnahmen belegt, die vor allem auf den Energiesektor des öl- und gasreichen Landes zielen. Zudem ist das Land weitgehend vom internationalen Zahlungsverkehr ausgeschlossen.

Exil-Opposition: Lösung ist Regimewechsel

Die iranische Exil-Opposition im Exil bezeichnete die Wiedereinsetzung der Sanktionen als unerlässlich. Nur so könne die "religiöse Diktatur" daran gehindert werden, "in den Besitz einer Atombombe zu kommen", sagte die Präsidentin des im Iran verbotenen Nationalen Widerstandsrates (NWRI), Maryam Rajavi. Sie fügte hinzu: "Die endgültige Lösung ist ein Regimewechsel durch das iranische Volk, und das Recht auf Widerstand gegen das Regime des Terrors und der Massaker muss anerkannt werden." Rajavi sagte weiter, von nun an müssten die Resolutionen ohne Nachsicht oder Zugeständnisse angewendet und alle Möglichkeiten zu ihrer Umgehung blockiert werden. Die Bargeldmittel, die in die Taschen des Mullah-Regimes flössen, müssten unter strenge Kontrolle der Vereinten Nationen gestellt und zur Deckung der dringenden Bedürfnisse des iranischen Volkes verwendet werden.

(APA/DPA/REUTERS)

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