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Unmut unter Schweizergardisten

Keine Neujahrsparty und kein Alkohol: Unter den päpstlichen Schweizergardisten wächst der Unmut wegen der strengen Regeln des Kommandanten Elmar Mäder, die zu Protesten geführt haben sollen.

Nach Informationen der britischen Tageszeitung „The Independent“, die sich auf anonyme Quellen in der Schweizergarde bezog, soll Mäder den Gardisten aus Sicherheitsgründen jegliche Silvester- und Neujahrsparty auf den Terrassen der Kaserne verboten. Auch während der Feiertage seien die Gardisten gezwungen worden, vor Mitternacht in die Unterkünfte zurückzukehren, obwohl „der Kommandant viele Nächte außerhalb des Vatikans“ verbringe, berichtete die Tageszeitung.

Kommandant Mäder reagierte entrüstet auf den Bericht des britischen Blattes. Zu Neujahr sei die Zeit für die Rückkehr in die Kaserne verlängert worden. Er dementierte, dass er Neujahrspartys untersagt habe. Der Kommandant drohte mit Klagen gegen „falsche Informationen, die den guten Ruf der Schweizergarde verletzen“, hieß es in einer Aussendung des vatikanischen Pressesaales. Geplant ist eine interne Untersuchung, um herauszubekommen, wie die Informationen über den angeblichen Unmut der Schweizergardisten an die Presse gelangen konnten.

Nach Angaben des Mailänder „Corriere della Sera“ sind die Schweizergardisten über Mäder verärgert, weil er einige Mitarbeiter bei der Organisation der Feierlichkeiten anlässlich des 500. Jubiläums der Gründung der Garde begünstigt haben soll. Die Söldnertruppe wurde 1506 durch Verfügung des Papstes Julius II. (Giuliano della Rovere) gegründet. Der 43-jährige Mäder leitet seit 1998 die Schweizergardisten. In den vergangenen Jahren habe er sich intensiv bemüht, alte Spannungen zwischen französisch- und deutschsprachigen Schweizergardisten einzudämmen. In diesem Zusammenhang habe Mäder die Kompetenzen seiner „rechten Hand“ Jean-Daniel Pitteloud gestärkt, berichtete der „Corriere“.

Die Garde war 1998 durch die Ermordung von Mäders Vorgänger Alois Estermann in die Schlagzeilen geraten. Die Anwälte der Familie des Vizekorporals Cedric Tornay bemühen sich seit Jahren, die Hintergründe des mysteriösen Todes des jungen Gardisten vor ein Schweizer Gericht bringen. Muguette Baudat, Mutter des Vizekorporals, der von der vatikanischen Justiz als Täter des Doppelmordes am Garde-Kommandanten und dessen Ehefrau und Selbstmörder identifiziert worden war, wurde nach Presseberichten massiv unter Druck gesetzt. Eine Strategie des „Vertuschens und Verschweigens“ haben die französischen Staranwälte Jacques Vergès und Luc Brossolet dem Vatikan vorgeworfen.

Die Leichen des 23-jährigen Tornay, des 43-jährigen Estermann und dessen venezolanischer Ehefrau Gladys Meza Romero (49) waren am 4. Mai 1998 in Estermanns Wohnung im Vatikan gefunden worden. Tornay habe die Tat in einem „Anflug von Wahnsinn aus gekränktem Stolz“ begangen, nachdem er bei einer Beförderung übergangen worden war, lautete die offizielle vatikanische Version. Nach verschiedenen deutschen Presseberichten, die sich auf Unterlagen der damaligen Gauck-Behörde beriefen, soll Estermann Mitarbeiter des DDR-Geheimdienstes gewesen sein, dem er sich selbst 1979 angeboten habe. Von der „Hauptverwaltung Aufklärung“ (HVA) des Ostberliner Staatssicherheitsministeriums (MfS) sei Estermann unter dem Decknamen „Werder“ geführt worden.

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