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Ungarn: Wie geht es nach der Wahl weiter?

Die große Frage in Ungarn heißt: Wie geht es weiter? Denn nach der Wahlniederlage der regierenden Sozialisten (MSZP) bei der Präsidentschaftswahl wird nun nach der Verantwortung gesucht.

Konsequenzen wurden angedroht, ein Parteitag für kommendes Wochenende einberufen. Dabei sitzt die Enttäuschung bei den Sozialisten tief. Enttäuschung darüber, dass ihre Kandidatin, Parlamentspräsidentin Katalin Szili, mit drei Stimmen gegen den Kandidaten der konservativen Opposition, den Rechtsprofessor Laszlo Solyom, verlor. Enttäuschung ebenso über die Sturheit des kleinen liberalen Koalitionspartners (SZDSZ), der wegen seines Wahlboykotts für die Niederlage Szilis verantwortlich gemacht wird.

Der Ball ist nun in den Händen der Sozialisten. Werden sie weiter mit den Liberalen ein Freundschaftsspiel bestreiten, oder aber die Gelbe, vielleicht sogar die Rote Karte zeigen? Rot scheint ausgeschlossen, denn die MSZP braucht die Liberalen für die Regierungsmehrheit. Die Liberalen gingen bereits wieder zur Tagesordnung über. Denn: Die gemeinsame Wahl des Staatschefs sei keine in der Koalitionsvereinbarung verankerte Pflicht und die Wahl generell keine „Gretchenfrage“.

“Leben geht weiter”

Da will sich die Koalition weiter der Sachpolitik zuwenden, denn das Leben geht weiter, erklärte Premier Ferenc Gyurcsany. Anders die Meinung des Urgesteins innerhalb der sozialistischen Partei: Es sei völlig ungewiss, ob das Vertrauen zwischen den beiden Koalitionsparteien je wieder hergestellt werden könnte. Dabei wollten MSZP und SZDSZ doch gemeinsam die Wahlen 2006 gewinnen.

Katalin Szili, jüngst die beliebteste Politikerin, verlor mit nur drei Stimmen. Sichtlich enttäuscht spricht sie aber bereits von neuen Ufern, von neuen politischen Positionen, die sie angesichts ihrer hohen Beliebtheit durchaus einnehmen könnte. Vielleicht Positionen wie das Amt des Parteivorsitzenden, denn Parteichef Istvan Hiller könnte die Schlappe bei der Präsidentschaftswahl durchaus noch den Kopf kosten. Oder gar das Amt des Regierungschefs, soferne die MSZP 2006 die Wahlen gewinnt?

Solyom der ideale Kandidat

Der neue ungarische Staatspräsident Laszlo Solyom, Ex-Präsident des Verfassungsgerichts, wird als ideale Persönlichkeit für das Amt des Staatschefs bezeichnet. Als Pionier der demokratischen Wende könne er zur Aussöhnung der tief zerstrittenen politischen Kräfte beitragen, was als ein nahezu unmögliches Unterfangen gilt. Denn wie brutal Parteien, im konkreten Fall der rechtskonservative oppositionelle Fidesz-Ungarischer Bürgerverband, trotz Geheimwahl Tricks, Schachzüge, Kontrolle anwenden und Druck ausüben, stieß nicht nur in der Gesellschaft auf Abneigung, sondern fand auch die Kritik von Juristen. Ohne dieses Verhalten, das gibt die Oppositionspartei zu, würde der neue Staatspräsident nicht Laszlo Solyom heißen.

Der Zweck heiligte damit die wenig anständigen Mittel. Fidesz hat sich auch mit der kleinen Oppositionspartei, dem konservativen Demokratenforum (MDF), erneut zerstritten. Denn Fidesz behauptet, MDF-Abgerordnete hätten den Sozialisten Stimmen verkauft. Das wies MDF-Parteichefin Iboly David scharf zurück und droht mit dem Gericht. Solyom ist keineswegs der Staatschef der rechten Parteien. Auch deswegen wäre es eine Dummheit, die Niederlage Szilis als Sieg von Ex-Premier Viktor Orban und seiner Partei Fidesz zu interpretieren. Dennoch fallen schwarze Schatten auf die Koalition, die anstelle von Einheit nur Sturheit zeigte.

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