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Türkischer Botschafter: YPG hat IS-Gefangene befreit

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Der türkische Botschafter in Wien, Ümit Yardim, hat den syrisch-kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) und der als Terrororganisation eingestuften Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeworfen, während der türkischen Offensive in Nordsyrien über 100 IS-Angehörigen zur Flucht aus Gefängnissen verholfen zu haben.
Türkei greift Nordsyrien an

Wien. "Die PKK und YPG haben die Gefangenen IS-Kämpfer befreit", sagte er am Mittwoch vor Journalisten in Wien. Mit der international stark umstrittenen Militäroperation "Quelle des Friedens" in Nordsyrien wolle sich die Türkei vor der "Terrorgefahr" durch YPG, PKK und der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) schützen. "Das ist das Recht aller Länder" unterstrich der Botschafter und verwies auf den Artikel 51 der UN-Charta, der staatliche Selbstverteidigung regelt und das Adana-Abkommen von 1998, das das Verbot von PKK-Aktivitäten in Syrien verbietet. "Die PKK und YPG sind Terrororganisationen", bekräftigte der Botschafter.

Yardim kündigte zugleich Maßnahmen gegen den IS in der Grenzzone an: "Im vergangenen Jahr haben wir in Afrin 4.000 bis 5.000 IS-Kämpfer eliminiert", sagte er. "Russland und die Türkei wollen gemeinsam den Terrorismus in der Region bekämpfen", fuhr er fort.

Sicherheitskorridor

Die Türkei will sich mit einem mit Russland beschlossenen Sicherheitskorridor an der türkisch-syrischen Grenze vor Terrorangriffen schützen. Sämtliche YPG-Einheiten sollen sich demnach binnen 150 Stunden mindestens auf 30 Kilometer Entfernung von der Grenze zurückziehen. Die Türkei wird daraufhin einen rund 120 Kilometer breiten Abschnitt weiter kontrollieren, im restlichen Grenzgebiet soll die Sicherheitszone lediglich zehn Kilometer tief sein und durch russische und türkische Patrouillen gesichert werden. Auch syrische Einheiten sollen hier einbezogen werden.

Das in Sotschi geschlossene Abkommen bezeichnete Yardim als "sehr positive Entwicklung für Syriens Zukunft". Der Botschafter schloss jedoch eine langfristige Kontrolle Nordsyriens durch türkische Truppen aus. "Wir wollen nicht dort bleiben, die territoriale Integrität Syriens ist uns wichtig", sagte er. Dies bedeute aber nicht, dass die Türkei das Regime des syrischen Machthabers Bashar al-Assad anerkenne. Ziel sei es vielmehr, den Boden für eine neue Verfassung und Neuwahlen in Syrien zu ebnen. "Syriens Volk soll über Assad entscheiden", sagte er.

"Religiöse und ethnische Säuberungen"

Minderheiten, die vor dem IS, YPG und PKK geflohen seien, könnten nun nach Nordsyrien zurückkehren. Der YPG und PKK warf der Botschafter "religiöse und ethnische Säuberungen" vor, die die Menschen zur Flucht in die Türkei bewegt hätten. "Gemeinsam mit Russland will die Türkei die Voraussetzungen für eine sichere und freiwillige Rückkehr schaffen", erklärte er. Dies sei zwar sicherheits- und infrastrukturpolitisch eine Herausforderung. Der Botschafter verwies aber auf die Situation im nordsyrischen Afrin, das die Türkei im vergangenen Jahr von der YPG erobert hatte. "Dort herrscht Friede, kein Terror. Dort gehen wieder 300.000 Kinder zur Schule, die Krankenhäuser sind geöffnet und die Infrastruktur wird wieder aufgebaut", versicherte Yardim.

Kurdische Milizen nicht "romantisieren"

Die YPG war lange Zeit enger Verbündeter der USA im Kampf gegen den IS. Yardim warnte davor, die kurdischen Milizen nicht zu "romantisieren". "In manchen europäischen Hauptstädten werden PKK und YPG als Freiheitskämpfer verehrt", kritisierte er und rief zu einer differenzierten Betrachtung der Organisationen auf. Die EU sei außerdem gerade in Krisensituationen "kein globaler Akteur". "Die EU ist in Syrien nicht mehr wichtig", hielt er fest. Die Kritik der Mitgliedsstaaten nahm er gelassen: "Wenn man etwas zu einer Situation sagt, glauben die Menschen, dass man da etwas mitzureden hat. Das hat die EU aber nicht. Das hat sie nirgendwo."

In der Türkei fand die Offensive laut Yardim in allen politischen und gesellschaftlichen Gruppen viel Zuspruch. "Die Oberhäupter der christlichen syrischen Kirchen und der jüdischen Gemeinden haben für den Erfolg der Soldaten im Einsatz gebetet", sagte er. Er sei zudem "stolz" auf das türkische Fußballnationalteam, das jüngst international in die Kritik geriet, weil die Spieler während der Nationalhymne geschlossenen einen militärischen Gruß zeigten, um ihre Unterstützung für die Offensive zu zeigen.

(APA)

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