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Ibiza-U-Ausschuss kommt vorerst eingeschränkt

SPÖ über Ankündigung erbost
SPÖ über Ankündigung erbost ©APA
Der von SPÖ und NEOS verlangte "Ibiza-Untersuchungsausschuss" wird zumindest fürs erste nicht zur Gänze so kommen, wie es die beiden Oppositionsfraktionen beantragt haben.

Teile des Verlangens seien unzulässig, argumentieren ÖVP und Grüne, die sich dabei auf die U-Ausschuss-Bestimmungen in Verfassung und Verfahrensordnung berufen. Die SPÖ will sich nun an den VfGH wenden.

Die beiden Regierungsfraktionen pochen darauf, dass es beim U-Ausschuss um einen "bestimmten abgeschlossenen Vorgang im Bereich der Vollziehung des Bundes" gehen muss. Zudem sei die "Sammlung nicht direkt zusammenhängender Themenbereiche" unzulässig. Teile der Ibiza-Ermittlungen, aber auch die Mehrheit aller türkis-blauen Gesetzesbeschlüsse, die Organbestellungen in Unternehmen mit Bundesbeteiligungen oder die Neustrukturierung der FMA sollen damit weggelassen werden müssen.

SPÖ erbost

Die SPÖ ist über die Ankündigung erbost. Mandatar Jan Krainer sprach gegenüber der APA von Willkür. Man rufe nun den Verfassungsgerichtshof an und sei zuversichtlich, recht zu bekommen. Die Regierungsfraktionen seien offensichtlich der Meinung, dass das Parlament den "größten innenpolitischen Skandal der Zweiten Republik" nicht ansehen dürfe, so Krainer am Dienstag. Zur Untersuchung zugelassen würden nur jene Teile, die genehm seien. "Auffälligerweise sind jene Punkte draußen, die für die ÖVP unangenehm sind". Die Grünen wiederum beteiligten sich an der "Amputation des Minderheitenrechts".

ÖVP ortet Verfassungswidrigkeit

Ganz anders sah dies naturgemäß die ÖVP. Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl ortete Verfassungswidrigkeit im rot-pinken Antrag. "Das Verlangen der Opposition ist so breit und ungenau formuliert, dass sogar die Arbeit der Übergangsregierung noch untersucht werden müsste. Das wäre ein nicht zu bewältigender Aktenberg, der keine Ergebnisse zu den eigentlich wichtigen Causen Casinos, Glücksspielgesetz und Personalbesetzungen liefern kann", meinte er.

Der U-Ausschuss wird dennoch schon am Mittwoch im Nationalrat auf den Weg gebracht. Zuvor wird der Geschäftsordnungsausschuss aber mit türkis-grüner Mehrheit die nur teilweise Zulässigkeit des Untersuchungsgegenstands feststellen. SPÖ und NEOS können in der Folge die weggelassenen Teile beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) einklagen. Sie pochen darauf, von führenden Verfassungsexperten die Rechtskonformität ihres Antrages bestätigt bekommen zu haben.

Sowohl ÖVP als auch Grüne sehen im U-Ausschuss-Verlangen verschiedenste Themen zusammengefasst, zwischen denen kein ausreichender Konnex zu finden sei. Den Komplex rund um Casinos, Glücksspiel und ÖBIB/ÖBAG halten die beiden Regierungsfraktionen aber für okay, weil hier ein klarer Zusammenhang bestehe.

Gutachter bemängelt lose Einzelvorgänge

Die ÖVP hat in dieser Sache auch ein Rechtsgutachten des Grazer Uni-Juristen Christoph Bezemek eingeholt. Dieser vermisst im U-Ausschuss-Verlangen inhaltlich zusammenhängende Sachverhalte und ortet nur lose miteinander verknüpfte Einzelvorgänge.

Dass - wie im rot-pinken Verlangen selbst festgehalten - "geschätzt 60 Prozent" der Regierungsvorlagen der türkis-blauen Regierung umfasst sein sollen, stehe im Konflikt mit der in der Verfassung verlangten Bestimmbarkeit und Abgrenzbarkeit. Schon allein der Titel des Verlangens "betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung" mache das deutlich.

Die Grünen sehen ein weiteres Problem: Ein Untersuchungsgegenstand müsse so formuliert sein, dass für die Behörden klar erkennbar sei, welche Akten sie liefern müssen. Das sei hier nicht der Fall. Aus ihrer Sicht muss einer der acht aufgezählten Untersuchungsgegenstände (nämlich jener zu Organbestellungen) gänzlich wegfallen, bei drei weiteren müssen einzelne Punkte gestrichen werden. Auch die Beweisthemen dazu seien teilweise unzulässig.

Schnellstmöglicher Start

Dennoch wolle man einen schnellstmöglichen Start des Ausschuss sicherstellen, betonten beide Regierungsfraktionen. Mit einem gemeinsamen Antrag werde man im Geschäftsordnungsausschuss die von ÖVP und Grünen als verfassungswidrig eingeschätzten Teile des Oppositionsverlangens streichen. Dann könne umgehend mit der Untersuchung begonnen werden.

SPÖ und NEOS haben 14 Tage Zeit, während des schon anlaufenden U-Ausschusses den Verfassungsgerichtshof mit ihrem Verlangen zu befassen, der dafür vier Wochen Zeit hat. Gibt er den von ihnen geforderten Untersuchungsgegenständen recht, so könne man die zusätzlichen Punkte sofort in den laufenden U-Ausschuss übernehmen und mit untersuchen, hieß es seitens der Regierungsfraktionen. De facto gäbe es dann nur einige Wochen Verzögerung bei der Aktenbeschaffung.

(APA)

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