Die Atmosphäre sei derzeit “viel besser” und hätte sich über die letzten Monate verbessert, zeigte sich der türkische Außenminister vor Journalisten erfreut. Gleichzeitig versicherte er, dass sein Land – vor allem nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes vor rund zwei Monaten – weiter Reformen vorantreiben werde.
Außerdem will die Türkei zügig die ausstehenden Kriterien erfüllen, damit Türken ohne Visum in die EU reisen können. Auch sollen die Gespräche über den Ausbau der Zollunion mit der EU wieder in Gang kommen. Im Gegenzug hofft die Türkei, dass es keine politischen Hindernisse für die Visumfreiheit gibt und dass die EU sie im Kampf gegen Terrororganisationen unterstützt.
“Keine neue Sichtweise”
Der EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn hat die Position der Europäischen Union gegenüber der Türkei bekräftigt. Es gebe “keine neue Sichtweise” seitens der EU, sagte Hahn in einem APA-Interview am Rande des informellen EU-Außenministerrats. Die Beitrittsgespräche “liegen auf Eis und in absehbarer Zeit werden keine neuen Verhandlungskapitel geöffnet”. Auf die Frage, ob die EU Ankara angesichts der aktuellen schlechten wirtschaftlichen Lage unter die Arme greifen sollte, antwortete Hahn: Es liege im Interesse Europas, dass “wir einen Nachbarn haben, der auch in wirtschaftlichen und politischen Umständen stabil ist – das heißt jetzt nicht, dass wir Geld bereitstellen, sondern dass wir uns überlegen, welche Maßnahmen hier aus europäischer Sicht dazu beitrage könnten”.
Engagement gefordert
Eines dieser “Signale” liege mit dem Vorschlag der EU-Kommission zur Modernisierung der Zollunion bereits auf dem Tisch, betont Hahn. Allerdings gebe es diesbezüglich noch gewisse Vorbehalte unter den EU-Staaten. Der EU-Kommissar forderte aber auch seitens der Türkei Engagement. Ankara müsse “endlich strukturelle Reformen, vor allem im Bereich der Rechtsstaatlichkeit, durchführen”. Denn das wäre, so Hahn weiter, auch eine Bedingung für mögliche Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF).
Die Beziehungen zwischen der Union und der Türkei sind vor allem seit dem Putschversuch 2016 angespannt. “Wir haben keine Probleme mit der EU”, sagte Cavusoglu dazu. Nur nach dem Putschversuch 2016 habe es einige Unstimmigkeiten gegeben – “die EU konnte einige unserer Maßnahmen nicht nachvollziehen”, so der türkische Chefdiplomat. Die Türkei habe jedenfalls ein Interesse an “ausgeglichenen” diplomatischen Beziehungen mit allen Ländern.
Lobende Worte für Kneissl
Für Österreichs Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) fand Cavusgolu erneut Worte des Lobes. Sie sei “sehr aktiv” gewesen und habe seit ihrem Amtsantritt versucht, die Beziehungen zu Ankara zu normalisieren. “Ich weiß, sie ist hier dafür nicht besonders beliebt.” Erst am Mittwoch hatte Cavusoglu erklärt, er rechne unter der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft nicht mit der Aufnahme von Gesprächen zu weiteren Themenblöcken. Die ÖVP-FPÖ-Regierung ist einer der schärfsten Gegner eines Beitritt der Türkei zur EU, Kneissl hatte aber sich aber des Öfteren für eine Verbesserung des aufgeheizten Klimas zwischen Wien und Ankara eingesetzt.
Kneissl berichtete ihrerseits von einem “sehr, sehr guten” Gespräch mit Cavusoglu am Donnerstagabend – die Teilnehmer des informellen Treffens waren bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen zum Abendessen geladen.
Am zweiten Tag des informellen Ministerrates, auch Gymnich genannt, sind traditionell auch die Außenminister der EU-Beitrittskandidatenländer – Türkei, Serbien, Albanien, Mazedonien und Montenegro – eingeladen. In Wien geht es nach dem Gymnich – der Name kommt von einem Schloss in Erftstadt im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen, wo 1974 erstmals ein solches Treffen stattfand – am Freitagnachmittag weiter: Neben Albanien, Montenegro, Mazedonien, Serbien werden dann auch Vertreter des Kosovo und Bosnien-Herzegowinas zu einem Treffen über Digitale Infrastruktur stoßen.
(APA)
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