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Tschechien: Regierung zurückgetreten

Die Regierung des konservativen (ODS) tschech-ischen Ministerpräsidenten Mirek Topolanek ist am Mittwoch zurückgetreten. Das Kabinett scheiterte letzte Woche bei der Vertrauensabstimmung.

Topolanek übergab die Demission seines Kabinetts an Staatspräsident Vaclav Klaus auf der Prager Burg. Das Staatsoberhaupt nahm es an und beauftragte gleichzeitig die Regierung, weiter zu amtieren, bis ein neues Kabinett gebildet ist. Die Minderheitsregierung Topolaneks musste zurücktreten, weil sie in der vergangenen Woche die Vertrauensabstimmung verloren hatte. Sie war nur 38 Tage im Amt – die kürzeste Regierungsdauer in der Geschichte Tschechiens bzw. der ehemaligen Tschechoslowakei.

Zunächst war unklar, wen Klaus mit dem zweiten Versuch zur Regierungsbildung beauftragen wird. Der Staatschef wird den Auftrag erst nach den Kommunal- und Teilsenatswahlen erteilen, die am 20. und 21. Oktober stattfinden. Die zweite Runde (Stichwahl) der Senatswahlen ist eine Woche später vorgesehen. Am morgigen Donnerstag will Klaus Konsultationen mit den Chefs der Parlamentsparteien beginnen.

Am Auftrag zur Regierungsbildung ist die ODS als siegreiche Partei der Juni-Parlamentswahl wieder interessiert. Auch die zweitstärkste Partei, die Sozialdemokraten (CSSD) von Ex-Premier Jiri Paroubek, hat Ambitionen aufs Regieren. In Prag kursieren gleichzeitig Gerüchte, wonach Klaus einer „neutralen“ Person den Auftrag erteilen könnte. Diese sollte demnach eine Expertenregierung bilden und das Land zu vorgezogenen Wahlen führen. Neuwahlen im Frühjahr 2007 will auch die konservative Demokratische Bürgerpartei ODS, nicht aber die CSSD.

Paroubek behauptet, er sei im Stande, eine Mehrheit in dem 200-köpfigen Abgeordnetenhaus für sein Wunschkabinett zu bekommen. Dieses wäre eine CSSD-Minderheitsregierung, die von den Kommunisten (KSCM) geduldet wird. Die CSSD und KSCM haben jedoch insgesamt nur 100 Stimmen, was für die Vertrauensabstimmung nicht ausreichend ist. Die übrigen drei Parteien – ODS, Christdemokraten (KDU-CSL) und Grüne – versichern zudem, sie würden eine derartige Regierung weder unterstützen noch dulden.

Sollte auch der zweite Versuch einer Regierungsbildung an der Vertrauensabstimmung scheitern, darf laut Verfassung noch ein dritter und letzter Versuch folgen. Nicht mehr der Staatspräsident, sondern der Chef des Unterhauses würde diesmal den Auftrag erteilen. Da der Parlamentspräsident – Miloslav Vlcek – ein Sozialdemokrat ist, sieht Paroubek darin eine Chance, falls er (Paroubek) von Klaus nicht den zweiten Auftrag erhalten würde. Sollte auch der dritte Versuch scheitern, müssten automatisch Neuwahlen stattfinden.

Die mühsame Regierungsbildung in Tschechien ist auf ein Patt nach der Parlamentswahl im Juni zurückzuführen. Zwei gleich starke Blöcke mit je 100 Stimmen – ODS, KDU-CSL und Grüne (Mitte-Rechts) auf der einen Seite und CSSD mit KSCM (Mitte-Links) auf der anderen Seite – stehen einander im Unterhaus gegenüber.

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