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Trump lobt Merz als "respektierten" Kanzler – Überraschend harmonisches Treffen

Herzlicher Empfang für Merz bei Trump
Herzlicher Empfang für Merz bei Trump ©AFP
Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich bei einem Treffen mit US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus um eine Annäherung zu dem wesentlichen Partner bemüht.

"Wir haben so viele Gemeinsamkeiten in unserer Geschichte. Wir haben den Amerikanern viel zu verdanken, das werden wir nie vergessen", sagte Merz bei einer Begegnung mit Trump im Oval Office in Washington. Trump schmeichelte seinem Gast, bezeichnete ihn als "respektierten" und "guten Mann".

Außerdem versprach Trump: "Wir werden eine großartige Beziehung zu Ihrem Land haben." Trump gab sich bei der Begegnung betont freundlich, machte Merz Komplimente für sein gutes Englisch und klammerte mögliche strittige Themen weitgehend aus. Bei den wichtigen Themen des Treffens - etwa Ukraine und Verteidigungsausgaben - schlug er versöhnliche Töne an.

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Der Kanzler habe "eine tolle Wahl" gewonnen, sagte der Republikaner. Merz sei "schwierig", scherzte Trump, aber er sei ein großartiger Vertreter Deutschlands. Der sonst angriffslustige US-Präsident, der sich oft mit Provokationen oder abfälligen Kommentaren über sein Gegenüber hervortut, präsentierte sich besonders zahm.

Merz gegen Gleichsetzung des Vorgehens von Kiew mit Moskau

Merz nahm bei dem Gespräch die Ukraine gegen eine Gleichsetzung ihres militärischen Vorgehens mit den Angriffen Russlands in Schutz. Nach Schilderungen von Trump zu schrecklichen Satellitenbildern von Schlachtfeldern sagte Merz im Weißen Haus, dies sei nur auf russische Waffen gegen die Ukraine zurückzuführen. Es sei niemals mit ukrainischen Waffen gegen Russland geschehen.

Merz sagte, die Ukraine ziele nur auf militärische Ziele, nicht auf Zivilisten oder die Energieversorgung. "Das ist der Unterschied." Er betonte: "Wir sind auf der Seite der Ukraine." Man versuche, das Land stärker zu machen, damit der russische Präsident Wladimir Putin den Krieg stoppe.

Bewährungsprobe für Merz

Für Merz war der Besuch bei Trump zum Start seiner Kanzlerschaft auch eine Bewährungsprobe. Der US-Präsident hat anderen Gästen bei Begegnungen im Oval Office in den vergangenen Monaten heftig zugesetzt. Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wurde das Aufeinandertreffen dort Ende Februar zu einer tiefen Demütigung vor der Weltöffentlichkeit, die bis heute nachwirkt. Auch den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa führte Trump bei einem Treffen in seinem Amtszimmer vor und versuchte, mit einem Video seinem Vorwurf eines "Genozids" an weißen Bauern Nachdruck zu verleihen.

Merz kam auch deshalb mit bescheidenen Erwartungen: einander erst mal kennenlernen, ein Gespür dafür bekommen, wie das Gegenüber tickt, und im besten Fall einen Draht aufbauen zum mächtigsten Mann der Welt.

Ein besonderes Gastgeschenk

Dazu brachte er auch ein Gastgeschenk mit: in Gold gerahmt und ziemlich groß: die Kopie einer historischen Geburtsurkunde von Trumps Großvater Friedrich, der 1869 in Kallstadt in der Pfalz auf die Welt kam. Merz präsentierte das Mitbringsel gleich zu Beginn. "Das ist wunderschön", entgegnete Trump. "Wir werden das aufhängen."

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In Kallstadt wuchs Trumps Großvater auf, bevor er 1885 in die USA ging. Er arbeitete dort unter anderem als Friseur, wurde 1892 amerikanischer Staatsbürger und nannte sich Frederick. Als er nach Kallstadt zurückkehren wollte, verweigerten ihm dies die dortigen Behörden. Er habe sich bei seiner Abreise 1885 nicht ordnungsgemäß abgemeldet, hieß es.

Merz hatte Trump bereits in ihrem ersten Telefonat nach Deutschland eingeladen. Ob der Präsident die Einladung annehmen will, verriet er nicht - zumindest nicht vor laufenden Kameras.

Wie gut kennen sich Trump und Merz schon?

Sie sind sich erst ein Mal vor vielen Jahren flüchtig in New York begegnet. Seit dem Amtsantritt von Merz vor vier Wochen haben sie mehrfach telefoniert - zu zweit und in größerer Runde zum Ukraine-Krieg. Merz hat inzwischen die Handynummer des US-Präsidenten, tauscht sich mit ihm regelmäßig per SMS aus und spricht ihn mit Vornamen an - so heißt es von deutscher Seite.

Über das erste Telefonat zu zweit sprach Merz vor wenigen Tagen beim WDR-Europaforum überraschend offen. "Wenn man mit ihm alleine spricht, das ist halt Small Talk", erzählte er da. "Und wichtig ist immer, dass man nicht so lange redet, sondern dass man kurz redet und ihn auch reden lässt."

Die beiden unterhielten sich demnach unter anderem über den amerikanischen Papst und über die US-Metropole Chicago, für die beide ein Faible haben. Merz kennt die USA sehr gut und hat sogar mal für ein amerikanisches Unternehmen gearbeitet: die Investmentgesellschaft BlackRock. Seine Vergangenheit in der Privatwirtschaft ist etwas, das Merz mit Trump verbindet. Der Republikaner war Immobilienunternehmer, bevor er ins Weiße Haus einzog. Den Konzern, der wegen Betruges ins Visier der Justiz geriet, leiten inzwischen seine erwachsenen Söhne.

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Kritische Themen ausgeklammert

Bei der Pressebegegnung im Oval Office waren auch Vizepräsident JD Vance und Außenminister Marco Rubio an der Seite des Präsidenten - jene Regierungsmitglieder also, die zuletzt Deutschland und anderen europäischen Verbündeten die Beschneidung der Meinungsfreiheit und die Ausgrenzung von Parteien wie der AfD vorgeworfen hatten. Merz hatte vor seinem Besuch in Washington klargemacht, dass er die Kritik aus den USA für "übergriffig" hält. Bei dem Treffen im Oval Office kam das heikle Thema nicht zur Sprache.

Merz erschien ohne Dolmetscher im Weißen Haus - eine vertrauensbildende Maßnahme. Der Kanzler hatte sich aber im Voraus von mehreren Staats- und Regierungschefs, die bereits bei Trump waren, Ratschläge geben lassen: etwa von Selenskyj, Ramaphosa, der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni, Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Støre und dem finnischen Präsidenten Alexander Stubb.

(APA/dpa)

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