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Trump leugnet Klimawandel - Stocker teilt Sichtweise nicht

Bundeskanzler Christian Stocker bei Pressekonferenz in New York
Bundeskanzler Christian Stocker bei Pressekonferenz in New York ©APA/BKA
US-Präsident Donald Trump hat vor der UNO-Vollversammlung den Klimawandel in Abrede gestellt. Eine Ansicht, die Bundeskanzler Christian Stocker im APA-Interview in New York nicht teilte. "Ich gehe davon aus, dass wir uns an die Wissenschaft halten sollten", so der ÖVP-Politiker. Es sei "ganz klar, dass es den Klimawandel gibt" und "ein menschengemachter Anteil dabei ist". UNO-Events wie die "hochrangige Woche" seien aber dazu da, unterschiedliche Positionen zu diskutieren.

Ähnlich äußerte sich auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen zum Klimathema. Bei einer Pressekonferenz mit Stocker und Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) erklärte er auf Anfrage zu Trumps Ansichten lapidar: "Ich bin vom Gegenteil überzeugt." Stocker wiederum ergänzte gegenüber der APA: "Ich würde auch nicht die Wettbewerbsfähigkeit und die wirtschaftliche Entwicklung gegen den Kampf gegen den Klimawandel ausspielen." Beides gehöre eigentlich zusammen, "weil Technik, Innovation und Forschung auch dabei helfen, dem Klimawandel "wirksam zu begegnen".

Überrascht hätten ihn die Aussagen Trumps jedoch nicht, meinte Stocker. Auch dass der US-Präsident im Zusammenhang mit dem Thema "illegale Migration" erwähnte, dass in Österreich 53 Prozent der Gefängnisinsassen keine Österreicher seien, irritierte den Bundeskanzler nicht weiter. Die Zahlen seien grundsätzlich richtig, kommentierte Stocker. Allerdings seien unter den "etwas mehr als 50 Prozent der Insassen in unseren Justizvollzugsanstalten, die keine österreichische Staatsbürgerschaft haben" auch EU-Bürger (von der Gesamtzahl fast 20 Prozent).

Trump-Empfang als "unkomplizierte und entspannte Veranstaltung"

Stocker vertrat Österreich am Dienstagabend bei einem Empfang von US-Präsident Donald Trump für rund 150 der bei der Generaldebatte versammelten Staats- und Regierungschefs im Hotel "Lotte Palace" in Manhattan, auch weil Bundespräsident Van der Bellen dankend abgelehnt hatte. Stocker sah den Abend positiv. Es habe sich um eine "unkomplizierte und entspannte Veranstaltung" gehandelt.

Stocker nahm erstmals an der "High Level Week" der "General Assembly" der Vereinten Nationen in New York teil. Dass die UNO angesichts von Krisenherden wie dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und dem Nahost-Konflikt oder den drastischen Finanzkürzungen durch die US-Administration unter Trump schwere Zeiten durchlebt, ist für ihn gewissermaßen ein Ansporn: "Ich glaube, die Zeiten, in denen wir leben, rechtfertigen jede Mühe." In New York seien immerhin 193 Staats- und Regierungschefs zusammengekommen, "um miteinander zu reden", strich der Bundeskanzler hervor. Das sei notwendig, wenn man "zu Lösungen kommen will".

UNO in "herausfordernden Zeiten" unverzichtbar

Gerade in den "herausfordernden Zeiten" der Gegenwart sei die UNO "unverzichtbar", argumentierte Stocker. Zudem sei es "Sache der Mitgliedstaaten", den Vereinten Nationen ihren Stellenwert zu geben. "Bei allem, was man kritisieren kann", müsse es UNO-Wochen geben, "wo alle zusammenkommen, um miteinander zu sprechen." Auch wenn die Standpunkte mitunter "ganz verschieden" seien. Etwa wenn Israels Premier Benjamin Netanyahu Kritik seitens der UNO generell als "antisemitisch" abtue. "Das sehe ich nicht so", erklärte Stocker auf eine entsprechende APA-Nachfrage.

Der Bundeskanzler absolvierte in New York auch bilaterale Termine mit kleineren Staaten, etwa aus Afrika oder der Karibik. Diese Treffen standen im Zusammenhang mit der Kandidatur Österreichs für einen nichtständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat in der Periode 2027/28. "Jedes Land in der UNO hat eine Stimme. Die kleinen wie die großen", argumentierte Stocker. Österreich sei ein mittelgroßes Land in Europa. "Auf der Welt eher ein kleines." Ziel sei es daher, auch anderen Ländern dieser Dimension eine Stimme im Sicherheitsrat zu geben. "Daher haben wir mit diesen Nationen Gespräche geführt und gesehen, dass Österreich nicht nur respektiert, sondern auch gehört wird."

Der Sicherheitsrat sei ein Gremium, "das genau diese Konflikte, die uns jetzt unter Nägel brennen, bespricht", erklärte Stocker, warum sich die zeit- und kostenaufwendige Kandidatur lohne. Es gehe darum, "dass wir Verantwortung übernehmen und einen Beitrag leisten für die Sicherheit und den Frieden auf der Welt." Österreich habe "eine gute Tradition, verschiedene Standpunkte auszugleichen" und "Brücken zu bauen". Zudem sei Wien ja auch ein Amtssitz der UNO. "Darauf sind wir sehr stolz."

Stocker und Van der Bellen reisten am Mittwochabend (Ortszeit) bereits wieder nach Wien zurück. Außenministerin Meinl-Reisinger bleibt bis Freitag. Für sie stand am Donnerstagabend noch eine Rede vor der UNO-Vollversammlung auf dem Programm.

"Außenpolitik zu einem guten Teil Innenpolitik"

Die Rückkehr in die innenpolitischen Agenden falle ihm nicht schwer, sagte Stocker auf eine entsprechende APA-Frage. Schließlich sei "Außenpolitik zu einem guten Teil Innenpolitik", brachte der Regierungschef die Migrationsfrage als Beispiel. "Was an den Grenzen nicht nur unmittelbar passiert, sondern auch etwas weiter weg, wird sich über kurz oder lang bei uns auswirken." Das gelte auch für wirtschaftliche Entwicklungen, etwa durch Trumps Zollpolitik. Um "wettbewerbsfähig zu bleiben, den Binnenmarkt auszubauen und den Kapitalmarkt zu stärken" brauche es dann auch "gemeinsame Lösungen durch die Europäische Union".

(Das Gespräch führte Edgar Schütz/APA in New York)

(APA)

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