Erstmals in seiner Zeit als Festivaldirektor hat Hans Hurch dabei ein Minus zu verkünden, ging doch die absolute Besucherzahl von 98.200 (2014) auf 94.100 und die Auslastung von 81,7 Prozent auf 76,4 Prozent zurück.
“Dass die Besucherzahlen von Jahr zu Jahr nicht beliebig zu steigern sind, ist wahrscheinlich für niemanden eine Überraschung”, so Hurch, der seinen Einstand als Direktor 1997 mit 58.200 Besuchern feierte, in einer Aussendung. Die Viennale sei auch in diesem Jahr “ein besonderer Beweis für die Vielfalt und Qualität sowohl des österreichischen als auch internationalen Kinos” gewesen. Die “spezifische Besonderheit” des Festivals, “zugleich Stadt- und Publikumsfestival sowie international anerkanntes Filmereignis zu sein”, wolle man konsequent weiterentwickeln.
Die Besonderheit der Viennale
Weitere Besonderheit ist, dass die Viennale traditionell keinen Wettbewerb ausrichtet, am Ende aber dennoch Preise vergibt, darunter für die besten österreichischen Filme des vergangenen Jahres. Nach dem großen Diagonale-Spielfilm-Preis und der Auslandsoscar-Kandidatur kann sich auch hier “Ich seh Ich seh” durchsetzen: Der Psychothriller von Veronika Franz und Severin Fiala wird zum besten Spielfilm gekürt, gelinge es dem Film doch, “in der ‘totalen Projektion’ von Phantasma, Wahn und visueller Oberfläche ein ‘Reales’ aufzuzeigen, dem nicht zu entkommen ist”, wie es in der Jurybegründung heißt.
Zur besten Doku wurde “Lampedusa im Winter” gekürt: Das Langfilmdebüt des Wieners Jakob Brossmann ist ein dokumentarischer Beitrag zur aktuellen Flüchtlingslage und doch mehr, mache er doch “Mut durch die Schilderung der zivilen und institutionellen Haltung der Menschen von Lampedusa”, so die Jury. Brossmann erhält ebenso wie Franz/Fiala 17.000 Euro an Geld- und Sachpreisen, und darf sich an diesem Abend auch über den Mehrwert-Filmpreis der Erste Bank freuen, den er sich mit Claudia Larcher für ihren Kurzfilm “Self” teilt. Den Gewinnern wird damit jeweils ein Monat Aufenthalt in New York ermöglicht.
Nur 123 Vorstellungen ausverkauft
Komplettiert wird der Preissegen mit dem FIPRESCI-Preis der internationalen Filmkritik für den besten Erst- oder Zweitfilm im Festivalprogramm an die syrische Doku “Coma” von Sara Fattahi und dem Publikumspreis der Leserjury der Tageszeitung “Der Standard” an das portugiesische historische Drama “A uma hora incerta” von Carlos Saboga. Damit empfiehlt die Jury ein Werk, das noch keinen Verleih in Österreich hat.
Mit einem Verleih und einem Kinostart am 21. Jänner ist hingegen der diesjährige Abschlussfilm ausgestattet: Der außergewöhnliche Stop-Motion-Film “Anomalisa” der US-Regisseure Charlie Kaufman und Duke Johnson erzählt von einem Motivationsredner, der in der Monotonie seines Lebens gefangen ist. Insgesamt waren heuer 123 von 377 Vorstellungen ausverkauft.
Erfolgreiche Retrospektive
Unter den Spezialprogrammen stieß indes die Retrospektive “Aus Fleisch und Blut” auf größten Publikumszuspruch. Die in Kooperation mit dem Filmarchiv Austria konzipierte Schau über das österreichische Genrekino in all seinen Facetten läuft noch bis Sonntag. Die zweite große Retro des Festivals, die mit dem Filmmuseum gestaltete Filmreihe “Animals – Eine kleine Zoologie des Kinos”, kommt hochgerechnet auf die Dauer des Programms bis 30. November auf rund 5.400 Besucher. “Großes Interesse” galt dem Special zum griechischen Gegenwartskino, “Noch einmal mit Gefühl”, und der Personale des uruguayanischen Regisseurs Federico Veiroj. Hinter den Erwartungen blieben die Programme zu Ida Lupino und Manoel de Oliveira.
(Red./APA)
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