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Tausende bei verbotener Pride-Parade in Pécs

Trotz Verbot gut besuchte Pride-Parade in Pécs
Trotz Verbot gut besuchte Pride-Parade in Pécs ©APA/AFP
Am Samstag hat in der südungarischen Stadt Pécs die Pride-Parade stattgefunden. Anfang September hatte die städtische Polizei die Parade untersagt, was auch von der Kúria, dem obersten Rechtsprechungsorgan in Ungarn, bestätigt wurde. Trotzdem versammelten sich am Hauptplatz in Pécs zahlreiche Menschen, um für die Rechte der LGBTQ+-Community zu demonstrieren. Die Parade war gut besucht. Medien sprachen von rund 8.000 Teilnehmern.

Im Gespräch mit der APA erklärte Géza Buzás-Hábel, Veranstalter der Parade und Direktor des Diverse Youth Network, dass Menschen aus verschiedenen Gründen an der Demonstration teilnahmen: "Es geht jetzt nicht nur um Pride. Es geht nicht nur um die LGBT-Community. Es geht jetzt vor allem um Freiheit". Laut Buzás-Hábel nahmen im Vorjahr etwa 1.000 Menschen an der Parade teil. Heuer dürfte diese Zahl übertroffen worden sein. Offizielle Angaben zur Teilnehmerzahl lagen zunächst weder von der Polizei noch von den Veranstaltern vor. Ein Polizist schätzte die Teilnehmerzahl gegenüber der APA auf 2.000. Medien kalkulierten ungefähr das Vierfache.

Die rechtliche Grundlage für das Verbot bildet eine Gesetzesänderung, die Anfang des Jahres in Kraft trat. Sie stuft öffentliche Kundgebungen, die sich für die Rechte von queeren Menschen einsetzen, als ordnungswidrig ein. Verstöße können mit einer Geldstrafe von umgerechnet 500 Euro geahndet werden. Darüber hinaus erlaubt die Gesetzesänderung der Polizei, Demonstrierende mittels Gesichtserkennung zu identifizieren.

Gegendemonstration behördlich erlaubt

Um sich vor gegnerischen Aktionen zu schützen, folgte der Demonstrationszug der Pride-Parade einer anfänglich geheim gehaltenen Route. Im Gegensatz zur Pride-Parade wurden die Gegendemonstrationen von der Polizei erlaubt. Etwa jene der rechtsextremen Partei "Mi Hazánk Mozgalom" ("Unsere Heimat Bewegung"). Joó Tibor, ein Gegendemonstrant, erklärte gegenüber der APA, warum er die Abhaltung der Pride-Parade ablehnt: "Ich finde, das ist keine Bewegung, sondern eine schädliche Ideologie. Vor allem richtet sie sich gegen Kinder".

Die Kundgebung verlief weitgehend friedlich. Allerdings lief ein Gegendemonstrant auf die Menschenmenge zu und schlug einer Person mit einer Plastikflasche auf den Kopf. Laut Beobachtern wurde der Mann von der Polizei in Handschellen abgeführt.

Bürgermeister Péterffy bei Pride dabei

Auch der linksliberale Bürgermeister von Pécs, Attila Péterffy, nahm an der Pride-Demo teil. Der parteiunabhängige Politiker erklärte vor Journalisten, es sei seine Aufgabe, abzusichern, "dass jene, die ihre Meinung äußern wollen, das auch frei tun können". Trotz Verbot griff die Polizei nicht ein - sondern sicherte vielmehr den Weg für die Pride, den Gegendemonstranten versperren wollten.

Die ungarische Oppositionspolitikerin Katalin Cseh von der liberalen Momentum-Partei erklärte gegenüber der APA, der Vorfall sei ein Symptom der gesellschaftlichen Spaltung: "Das ist das Resultat der Regierungspropaganda des vergangenen Jahrzehnts". Cseh betonte im Gespräch, dass Ungarn zugleich EU-Bürger sind und innerhalb der Union die gleichen Rechte haben müssten: "Wir verdienen die gleichen Rechte als Ungarn, wie beispielsweise in Österreich. Wir sind nur wenige Kilometer entfernt, und das kann ich einfach nicht akzeptieren".

Jährliche Pride-Paraden nur in Budapest und Pécs

Neben Budapest ist Pécs die einzige Stadt im Land, in der jährlich eine Pride-Parade abgehalten wird. Im Gegensatz zur Pécs Pride wurde die Parade in Budapest als kommunales Event von der Stadt organisiert, um das verschärfte Versammlungsgesetz zu umgehen. Der Bürgermeister von Pécs, Attila Péterffy, unterstützt zwar die Parade, organisiert sie jedoch nicht, was im Einklang mit dem Wunsch der Veranstalter war. Laut Buzás-Hábel soll die Abhaltung der Pride nicht von der aktuellen Haltung eines Politikers abhängig sein.

Dorottya Kutassy, Bildungsprojektleiterin bei der Háttér Society, Ungarns ältester Organisation, die sich für LGBTQ+-Rechte einsetzt, sagte am Tag vor der Parade im Gespräch mit der APA, dass die Sicherheitslage in Pécs angespannter sei als in Budapest: "Schon vor der Pride in Budapest gab es einige Faktoren, die dafür sprachen, dass es sich um eine sichere Pride handeln wird. Hier sind all diese Faktoren nicht mehr gegeben, und ich glaube auch, dass die Regierung das Gefühl hat, dass dies ein leichteres Ziel für sie sein könnte, wenn sie ihre Macht demonstrieren will". Während der Parade in Pécs trat die Polizei laut Beobachtern weitgehend zurückhaltend auf und trennte Gegendemonstrationen vom Demonstrationszug der Pride.

Solidarität aus Österreich

Auch österreichische Gemeindepolitiker aus Graz waren zur Pride-Parade nach Pécs angereist. KPÖ-Klubobfrau Sahar Mohsenzadak erklärte gegenüber der APA ihre Motivation für die Anreise in die Grazer Partnerstadt: "In erster Linie ist uns Solidarität wichtig und die Möglichkeit, dass man die Menschen lieben kann, die man lieben will".

Anna Robosch, Gemeinderätin für die SPÖ und SoHo-Landesvorsitzende in der Steiermark, gab gegenüber der APA an, dass sie unmittelbar nach ihrer Ankunft in Pécs von der Polizei angehalten wurden. Die Exekutivbeamten überprüften die Identität einer Drag Queen, die mitangereist war. Grünen-Gemeinderat Tristan Ammerer zufolge argumentierte das die Polizei damit, dass in Ungarn Strafen drohen, wenn Männer Frauenkleidung tragen oder sich queere Menschen öffentlich küssen. Das ungarische Kinderschutzgesetz untersagt zwar die Darstellung von LGBTQ+-Inhalten gegenüber Minderjährigen, ist jedoch vage formuliert.

(Die Interviews führte Judith Kantner/APA)

(APA)

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