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Trichet schließt Zinserhöhung im April nicht aus

Die Europäische Zentralbank (EZB) schließt eine Zinserhöhung schon im April nicht mehr aus. "Ein Zinserhöhung bei unserer nächsten Sitzung ist möglich, aber nicht sicher", sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet am Donnerstag in Frankfurt. Der Leitzins verharrt seit Mai 2009 auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent.

Die EZB hat nach Einschätzung der Royal Bank of Scotland die Finanzmärkte mit einem klaren Hinweis auf eine Zinserhöhung im April “geschockt”. Die Experten hatten laut einer am Donnerstag veröffentlichten Analyse frühestens im September mit einer Zinserhöhung in der Eurozone gerechnet. Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage in mehreren Mitgliedsstaaten der Eurozone seien die Risiken einer schnellen Zinserhöhung als hoch einzuschätzen.

Auch der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger hält eine Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank schon im Frühling für verfrüht. “Im Augenblick sehe ich dafür keine Notwendigkeit”, sagte Bofinger am Donnerstag zu Reuters. “Die EZB sollte mit einer Entscheidung besser bis zum Sommer abwarten und schauen, wie sich die Konjunktur bis dahin entwickelt.” EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte die Möglichkeit einer Zinserhöhung im April angedeutet und dies mit steigenden Inflationsrisiken begründet.

Bofinger rechnet nicht mit einer dauerhaft hohen Teuerung im Euro-Raum. “Die aktuelle Preisentwicklung würde ich nicht als Inflation bezeichnen”, sagte das Mitglied des Sachverständigenrates. Die Teuerungsrate sei vor allem durch Sondereffekte wie der Anhebung der Mehrwertsteuer in mehreren Euro-Staaten sowie dem Energiepreisanstieg zurückzuführen, der sich so aber nicht fortsetzen werde. Die Gefahr von Zweitrundeneffekten, bei der sich Löhne und Preise gegenseitig nach oben schaukeln, sei derzeit gering. “Wegen der extrem hohen Arbeitslosigkeit in vielen Euro-Ländern besteht keine Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale”, sagte Bofinger.

Die EZB-Währungshüter waren zuletzt von den rasch ansteigenden Energie- und Rohstoffpreisen überrascht worden. Oberstes Ziel der EZB ist die Preisstabilität, die sie bei einer Teuerungsrate von knapp unter zwei Prozent gewährleistet sieht. Im Februar betrug die jährliche Teuerungsrate im Euroraum 2,4 Prozent – und lag damit so hoch wie seit Oktober 2008 nicht mehr. “Wir tun, was wir tun müssen, um Preisstabilität zu garantieren”, betonte Trichet. Eine Serie von Zinserhöhungen stehe aber nicht bevor.

Am Donnerstag hatte der Zentralbankrat den Leitzins vorerst noch unverändert gelassen. Führende Währungshüter hatten zuletzt mehrfach betont, dass sie zwar vorrübergehend mit einer Teuerung über der wichtigen Marke von 2,0 Prozent rechnen, sie aber schon für das Jahresende wieder Preisstabilität erwarten.

Der wichtigste Zins zur Versorgung der Geschäftsbanken im Euro-Raum mit Zentralbankgeld verharrt bereits seit Mai 2009 auf seinem Niveau. Da die Inflation zuletzt anzog, rechnen einige Volkswirte inzwischen schon für dieses Jahr mit einer Zinserhöhung. Der Preisauftrieb beschleunigt sich seit Monaten. Grund sind vor allem steigende Öl- und Benzinpreise sowie teurere Lebensmittel. Die EZB sieht mittelfristig stabile Preise bei Werten von knapp unter 2,0 Prozent.

Höhere Zinsen können den Preisauftrieb bremsen, sie verteuern aber auch Kredite. Daher könnten sie Gift für die Erholung der Konjunktur sein. Dreht die EZB an der Zinsschraube, wird ein Aufschwung insbesondere in hoch verschuldeten Staaten wie Irland, Griechenland oder Portugal noch unwahrscheinlicher: Deren Wirtschaftsentwicklung wird bereits durch die öffentlichen Einsparungen schwer belastet.

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