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Traiskirchner Pfeifkonzert vor dem Innenministerium

Traiskirchner reisten nach Wien
Traiskirchner reisten nach Wien
Der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) ist am Dienstagabend mit Hunderten Bürgern seiner Stadt vor das Innenministerium in Wien gezogen, um gegen die Lage im Asyl-Erstaufnahmezentrum zu protestieren.

Ministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sei verantwortlich, sie habe unhaltbare Zustände regelrecht provoziert, so seine Anklage, begleitet von einem lautstarken Pfeifkonzert.

“Es reicht, Frau Ministerin”

Nach Bablers Angaben waren 700 bis 800 Traiskirchner nach Wien gekommen, um Schilder mit Parolen wie “Massenlager abschaffen, Flüchtlinge menschlich unterbringen”, “Solidarität mit Traiskirchen” oder “Es reicht, Frau Ministerin” hochzuhalten und laut ihren Unmut kundzutun. Sie alle seien “enttäuscht, wütend, zornig”, so Babler. Die Polizei sprach von 600 Teilnehmern an der Kundgebung.

Situation unhaltbar

Die Situation im chronisch überfüllten Lager sei unhaltbar, die Missstände häuften sich ebenso wie die “Nutzerkonflikte” in der Stadt, erklärte der Bürgermeister, warum man nun zum Marsch – bzw. zur Busfahrt – auf Wien geblasen habe. Mikl-Leitner dürfe sich nicht auf fehlende Quartiere in den Ländern ausreden: “Niemals sind Sie selber schuld, immer sind die anderen schuld”, klagte er an. Dies sei ein “erbärmliches Spiel”. Er nahm aber auch die gesamte Bundesregierung in die Pflicht: Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) – ein Parteifreund Bablers – müsse dafür sorgen, dass alle Regierungsmitglieder ihre Arbeit erledigen. Er vermisse “Haltung” in der Politik, klagte Babler.

“Menschen, die alle ihre Geschichte haben”

Mikl-Leitner will man auch weiterhin mit Protestaktionen konfrontieren, Babler sprach von kleineren Kundgebungen bei “den schönen niederösterreichischen Weinfesten” oder ähnlichen sommerlichen Anlässen, an denen die Ministerin teilnehme. Er hielt zudem fest, dass die Traiskirchner nicht “gegen die armen Leute, die mit den Plastiksackerln ankommen” protestieren. Die Flüchtlinge seien “Menschen, die alle ihre Geschichte haben”.

Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck war bei der Kundgebung zugegen und hielt danach gegenüber Medienvertretern fest, dass “die Entlastung Traiskirchens auch in unserem Interesse” sei. Allein, es fehlten ausreichend Quartiere in den Bundesländern. In drei Viertel aller Gemeinden würden überhaupt keine Flüchtlinge versorgt. Man könne das Problem nur gemeinsam lösen, so Grundböck, der allerdings auch in Frage stellte, ob ein Protest gegen ein Flüchtlingslager förderlich sei für die nötige Akzeptanz und Solidarität. In Mikl-Leitners Büro wurde betont: Wenn es um die Entlastung des Lagers gehe, sei die Ministerin “nicht Gegnerin der Bürger von Traiskirchen, sondern Verbündete”.

Mikl-Leitner “zuversichtlich”

Innenministerin Mikl-Leitner zeigte sich unterdessen”zuversichtlich”, dass die säumigen Bundesländer bis zum 19. Juni, dem Ende der von ihr gesetzten Frist, die 100 Prozent-Quote bei den Asyl-Unterkünften erfüllen werden. Dies sagte Mikl-Leitner bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) in Innsbruck.

Diese Herausforderung könne nur durch einen gemeinsamen Schulterschluss gemeistert werden, betonte die Innenministerin. “Ich hoffe auf ein Einvernehmen der Länder mit den Gemeinden”, erklärte sie. Es sei jedenfalls in den Bundesländern “sehr viel in Bewegung”. Auch in Tirol tue sich einiges, meinte die Ministerin.

Tirol kommt derzeit auf eine Quote von 95,5 Prozent bei der Flüchtlingsunterbringung. Auch Platter zeigte sich zuversichtlich, dass man im Bundesland “immer wieder die Quotenerfüllung zustande bringen” werde. So würden etwa in der kommenden Woche 160 Flüchtlinge in Containern am Landesbauhof in Innsbruck untergebracht.

“Gute Gespräche”

Zu der Debatte über die Kaserne in Vomp als mögliche Unterbringungsstätte, meinte der Landeshauptmann, dass Landesrätin Christine Baur (Grüne) mit dem dortigen Bürgermeister in “guten Gesprächen”, etwa was eine vorübergehende Unterbringung betreffe, stehe. “Gegen den Willen der Bürgermeister funktioniert es nicht”, machte Platter aber erneut klar. Der Vomper Gemeindechef hatte sich nach dem Vorstoß von Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) vehement gegen eine Flüchtlingsunterbringung in der Kaserne ausgesprochen. Dezidiert für die Vomper Kaserne als Flüchtlingsquartier wollte sich Platter auf APA-Nachfrage nicht aussprechen.

Mikl-Leitner erneuerte ihr Vorhaben, Kasernen in Ländern, die die Quote auch mit 19. Juni nicht erfüllen sollten, zu öffnen. “Es liegt in den Händen der Länder”, betonte sie. Es gehe generell bei der Unterbringung um “feste Quartiere”. Ob dies nun Kasernen, Gasthöfe, Stifte oder andere Einrichtungen seien, sei nicht so wichtig, meinte die Innenministerin.

Platter wiederum kündigte an, im Bundesland “mehr zu unternehmen”, damit Flüchtlinge Angebote für eine gemeinnützige Arbeit bekämen. Das Land werde “Hilfestellungen geben”. Mikl-Leitner stellte fest, dass diese gemeinnützige Arbeit “seit ewigen Zeiten” erlaubt sei. “Die Gemeinden müssten es auch machen”, sah sie die Kommunen in der Verantwortung. (APA)

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