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Tragisches Unglück: Mindestens 15 Tote bei Entgleisung von Standseilbahn in Lissabon

Tragisches Unglück in Lissabon.
Tragisches Unglück in Lissabon. ©APA/AFP/PATRICIA DE MELO MOREIRA
Bei dem schweren Unglück mit der berühmten Standseilbahn in Lissabon sind am Mittwochabend nach neuen Angaben insgesamt 17 Menschen ums Leben gekommen und 21 zum Teil schwer verletzt worden.

Das sagte die Leiterin des städtischen Zivilschutzes, Margarida Castro Martins. Zunächst war von 15 Toten und 18 Verletzten berichtet worden. Österreicherinnen oder Österreicher sind nach derzeitigem Stand nicht unter den Opfern, hieß es auf APA-Anfrage aus dem Außenministerium in Wien. Es seien wohl auch ausländische Touristen unter den Opfern. Zu den Nationalitäten gab es zunächst aber keine konkreten Angaben. Die portugiesische Regierung rief für Donnerstag einen nationalen Trauertag aus.

Zwei Menschen seien in der Nacht ihren Verletzungen erlegen, führte Castro Martins zur gestiegenen Opferzahl aus. Die historische Standseilbahn "Elevador da Glória" war am Mittwochabend im Zentrum Lissabons entgleist und in ein Gebäude gekracht. Grund war nach ersten Erkenntnissen ein Schaden des Kabels, mit dem der auf Schienen fahrende Wagen die steile Straße hinaufgezogen und beim Herunterfahren gebremst wurde. Eine Augenzeugin sagte dem staatlichen portugiesischen TV-Sender RTP, der Wagen sei bergab gerast, gegen ein Gebäude gekracht und "wie ein Karton" auseinandergefallen.

Nationalitäten teils noch nicht bestätigt

Die Identitäten und Nationalitäten der meisten Opfer waren zunächst unbekannt. Die portugiesischen Behörden hatten erklärt, dass unter den Todesopfern auch einige ausländische Staatsbürger seien. 21 Menschen wurden demnach verletzt, darunter mindestens elf Ausländer: zwei Deutsche, zwei Spanier, eine Französin, ein Italiener, ein Schweizer sowie jeweils ein Mensch aus Kanada, Korea, Marokko und den Kap Verde.

Am Donnerstag könnte es offizielle Informationen zu den Identitäten der Todesopfer geben, sagte ein Sprecher des Rathauses. Das Institut für Rechtsmedizin wollte die Obduktionen bis zum Vormittag abgeschlossen haben. Dann werde es voraussichtlich genauere Angaben geben.

Der Unfall mit der Standseilbahn, einem der berühmtesten Wahrzeichen der Stadt, ereignete sich um 18.15 Uhr (Ortszeit, 19.05 Uhr MESZ) in der Nähe der Avenida da Liberdade.

Medienberichten zufolge entgleiste die berühmte "Elevador" oder "Ascensor da Glória" genannte Bahn und überschlug sich anschließend. TV-Aufnahmen vom Unfallort zeigten den gelben, zerstörten Waggon, aus dessen Trümmern Rettungskräfte Menschen bargen. Der zweite Waggon am unteren Ende der Strecke wurde offenbar nicht beschädigt. Von CNN Portugal ausgestrahlte Videos zeigten jedoch, wie er zum Unfallzeitpunkt heftig ruckelte und mehrere Fahrgäste aus den Fenstern sprangen und schrien. Rettungsdienstchef Tiago Augusto zufolge waren am Mittwochabend keine weiteren Menschen mehr in der verunglückten Standseilbahn eingeklemmt. Er erklärte, alle Opfer seien mittlerweile aus den Trümmern geborgen worden.

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Standseilbahn-Unglück in Lissabon: "Bahn entgleiste mit lautem Getöse"

Eine Augenzeugin sagte in "SIC Notícias", die Bahn sei mit lautem Getöse entgleist, die abfallende Straße hinabgerast und gegen ein Gebäude am Restauradores-Platz im Zentrum Lissabons gekracht. Die Standseilbahn sei "mit voller Geschwindigkeit" die steile Straße hinabgerast. "Sie prallte mit brutaler Wucht gegen ein Gebäude und fiel zusammen wie ein Pappkarton; sie hatte keine Bremsen", sagte die Frau. "Das war ohrenbetäubend, ich und andere Passanten sind weggerannt." Schnell seien Sanitäter und Polizisten an der Unfallstelle gewesen, erzählte die junge Frau, die noch sichtlich mitgenommen war.

Der Nachrichtensender "SIC Notícias" berichtete unter Berufung auf den Bahnbetreiber, die Lissabonner Verkehrsgesellschaft Carris, als Unfallursache werde ein Versagen der Bremsen vermutet. Die Kriminalpolizei sei mit mehreren Beamten vor Ort und habe bereits Ermittlungen aufgenommen. Einen solchen Unfall mit einer der Standseilbahnen hatte es in Lissabon bisher nicht gegeben.

Carris erklärte, dass "alle Wartungsprotokolle" eingehalten worden seien. Insbesondere die alle vier Jahre vorgenommene Generalwartung, die 2022 vorgenommen worden sei, und die alle zwei Jahre vorgenommene Zwischenwartung, die zuletzt im vergangenen Jahr stattgefunden habe. Die Generalstaatsanwaltschaft erklärte der Nachrichtenagentur Lusa, dass die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung einleiten werde - wie das Gesetz in solchen Situationen vorschreibe.

Die "Glória"-Standseilbahn wurde 1885 in Betrieb genommen und 1915 an das Stromnetz angeschlossen.

Nationale Trauer und Anteilnahme aus Österreich

In ganz Portugal galt am Donnerstag ein von der Regierung ausgerufener nationaler Trauertag. Flaggen in Lissabon wehten auf halbmast. "Meine Gedanken sind bei den Familien und Angehörigen der Opfer. Den Verletzten wünsche ich eine schnelle Genesung", drückte Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) im Kurznachrichtendienst X seine Anteilnahme aus. "Unsere Gedanken und unser tiefstes Mitgefühl gelten den Opfern, ihren Familien und allen Betroffenen. Wir beten für die Verletzten. Wir stehen unseren portugiesischen Freunden in dieser schweren Zeit der Trauer bei", hatte Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) bereits am Mittwochabend gepostet.

Präsident fordert eine rasche Aufklärung

Portugals Staatsoberhaupt Marcelo Rebelo de Sousa bedauerte den Unfall "zutiefst" und forderte, dass der Vorfall "rasch von den zuständigen Stellen aufgeklärt" werde. Carlos Moedas, der Bürgermeister der portugiesischen Hauptstadt, sagte gegenüber Reportern: "Es ist ein tragischer Tag für unsere Stadt. Lissabon trauert!" Moedas ist Politiker der konservativ-liberalen Partido Social Democrata. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, sprach den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus.

Die "Gloria"-Bahn ist eine der bekanntesten Touristenattraktionen Lissabons und wurde 1885 in Betrieb genommen. Das beliebte Verkehrsmittel verbindet die Innenstadt Lissabons mit dem für sein Nachtleben bekannten Viertel Bairro Alto. Sie ist eine von drei Standseilbahnen und wird sowohl von Touristen als auch von Anrainern genutzt. Die beiden Wagen der Bahn, die jeweils rund 40 Personen fassen, sind an den entgegengesetzten Enden eines Zugseils befestigt. Portugal und insbesondere Lissabon haben in den vergangenen zehn Jahren einen Tourismus-Boom erlebt, der in den Sommermonaten zu einem hohen Besucheraufkommen in der Innenstadt führt.

(APA/Red)

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