Tödliche Schüsse in Brüssel - Fußballmatch Belgien-Schweden vorzeitig beendet

Der 45-Jährige wurde verdächtigt, am Montag zwei Schweden in der belgischen Hauptstadt erschossen und eine weitere Person verletzt haben. Die Polizei fahndet demnach nach möglichen Komplizen.
Nach vorherigen Angaben von Justizminister Vincent van Quickenborne handelte es sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen 45-jährigen Tunesier, der im November 2019 in Belgien Asyl beantragt habe. Die Staatssekretärin für Asyl und Migration, Nicole de Moor, sagte, sein Asylantrag sei negativ beschieden worden, er sei im Februar 2021 offiziell aus dem Nationalregister gestrichen worden.
Laut Justizminister van Quickenborne war der Mann der Polizei im Zusammenhang mit Menschenhandel, illegalem Aufenthalt und Gefährdung der Staatssicherheit aufgefallen. Im Juli 2016 wurden von einer ausländischen Polizeibehörde unbestätigte Informationen übermittelt, wonach der Mann ein radikalisiertes Profil habe und in ein Konfliktgebiet in den Jihad ziehen wolle, wie van Quickenborne sagte. "Darüber hinaus gab es, soweit unseren Diensten bekannt, keine konkreten Hinweise auf eine Radikalisierung."

Laut dem schwedischen Premier Ulf Kristersson hat sich der mutmaßliche Attentäter "zeitweise" auch in Schweden aufgehalten. Kristersson berief sich am Dienstag in einer Pressekonferenz in Stockholm diesbezüglich auf "belgische Quellen". Der schwedischen Polizei soll der Mann hingegen nicht bekannt gewesen sein, schrieb die Nachrichtenagentur TT. Der Regierungschef rief zu mehr Wachsamkeit auf: "Wir in Schweden und in der EU müssen unsere Grenzen besser kontrollieren."
Kristersson sieht sein Land so bedroht wie nie zuvor. "Noch nie in der Neuzeit stand Schweden unter einer so großen Bedrohung wie jetzt", sagte er. Alles deute auf einen Terrorangriff hin, bei dem der mutmaßlich islamistisch motivierte Täter seine Opfer gezielt angegriffen habe, "weil sie Schweden waren".
Schwedischer Geheimdienst rief vor zwei Monaten zweithöchste Terror-Warnstufe aus
Vor zwei Monaten hatte der schwedische Geheimdienst Säpo die zweithöchste Terror-Warnstufe ausgerufen. Zuvor hatte es in dem Land mehrfach Aktionen gegeben, bei denen Demonstranten den Koran angezündet oder die heilige Schrift der Muslime auf andere Weise geschändet hatten. Die Aktionen lösten Massenproteste in mehreren muslimisch geprägten Ländern aus.
Durch den Anschlag in Brüssel zeige sich mit "erschreckender Deutlichkeit", dass die Befürchtungen des Geheimdienstes und der Regierung begründet gewesen seien, sagte Regierungschef Kristersson. Die Regierung werde für den Schutz "unserer offenen demokratischen Gesellschaft" kämpfen. "Sie wollen uns Angst machen, damit wir schweigen. Das wird nicht geschehen", betonte der Ministerpräsident mit Blick auf Islamisten.
Zwei Männer in Brüssel getötet
Die bei dem Terroranschlag am Montag in Brüssel getöteten Schweden waren zwei Männer im Alter von ungefähr 60 und ungefähr 70 Jahren. Das bestätigte das schwedische Außenministerium dem Fernsehsender TV4 am Dienstag. Der Ältere habe demnach im Großraum Stockholm gelebt, der Jüngere außerhalb Schwedens. Wie das Schweizerische Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Dienstag mitteilte, habe eines der Todesopfer seinen Wohnsitz in der Schweiz gehabt.
Bei dem Anschlag in Brüssel wurde auch eine dritte Person verletzt. Dabei handelt es sich dem Sender TV4 zufolge ebenfalls um einen schwedischen Mann im Alter von etwa 70 Jahren. Dieser war den Angaben zufolge außer Lebensgefahr.
Der "schreckliche Terroranschlag" während des Fußballspiels wurde am Dienstag von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) erneut verurteilt. "Ich welcher Welt leben wir eigentlich heute, wo zwei Fußballfans erschossen werden, ermordet werden, unter dem fadenscheinigen Argument der Tötung unter religiösen Gründen?", fragte Nehammer zu Beginn einer Pressekonferenz der Bundesregierung zu Konjunkturmaßnahmen.
Am frühen Montagabend war laut Nachrichtenagentur Belga ein bewaffneter Mann im Norden der Innenstadt von einem Roller abgestiegen und hatte auf der Straße Schüsse abgegeben. Als mehrere Menschen in einen Hauseingang flohen, soll er sie verfolgt und auf sie geschossen haben. Die Polizei bestätigte diese Angaben zunächst nicht.
Tat unweit von Place Sainctelette im Norden Brüssels
Die Tat ereignete sich um kurz nach 19 Uhr in der Nähe des Place Sainctelette im Norden der belgischen Hauptstadt unmittelbar vor einem EM-Qualifikationsspiel im Brüsseler König-Badouin-Stadion. Bei den Opfern handelte es sich um schwedische Fans. Die beiden Schweden starben rund fünf Kilometer entfernt vom Brüsseler Fußballstadion. Das EM-Qualifikationsspiel wurde beim Stand von 1:1 abgebrochen.
Nach Angaben der für Terrorismus zuständigen belgischen Bundesstaatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben bisher keine Hinweise, dass eine Verbindung zwischen dem Angriff in Brüssel und dem Gaza-Konflikt besteht. Die schwedische Staatsangehörigkeit der Opfer könnte eine Motivation für die Tat sein, zitierte die belgische Nachrichtenagentur Belga einen Sprecher der Bundesstaatsanwaltschaft.
Aus Ermittlerkreisen hieß es, in Onlinediensten kursiere ein Bekennervideo, auf dem ein Mann auf Arabisch spreche. In einem weiteren Video, das auf der Webseite der flämischen Zeitung "Het Laatste Nieuws" veröffentlicht wurde, ist zu sehen, wie der mutmaßliche Schütze in einer orangefarbenen Neonjacke eine automatische Waffe schultert und auf einem Motorroller davonfährt. Parallel sind mindestens vier Schüsse zu hören. In den sozialen Medien wurden unbestätigte Aufnahmen eines Mannes verbreitet, der sich als ein Mitglied der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) bezeichnet und erklärt, er habe drei Schweden getötet.
Michel: "Mein Mitgefühl gilt den Familien der Opfer des tödlichen Anschlags im Zentrum von Brüssel"
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem "feigen Anschlag" und drückte den Menschen in Schweden gegenüber ihr Beileid aus. Der belgische EU-Ratspräsident Charles Michel twitterte: "Das Herz Europas wird von Gewalt getroffen. Mein Mitgefühl gilt den Familien der Opfer des tödlichen Anschlags im Zentrum von Brüssel." Der belgische Königspalast zeigte sich "schockiert" und drückte seine "Unterstützung für die Sicherheitskräfte aus, die alles tun, um den Urheber der Taten zu fassen", hieß es auf Twitter (X).
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verurteilte die Tat "auf das Schärfste". "Wir stehen im Kampf gegen Terror und Extremismus Seite an Seite", betonte Nehammer via Twitter (X). Auch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) verurteilte das Attentat.
Der Rat der Muslime in Belgien verurteilte das Attentat. Er forderte die Behörden "zu größter Entschlossenheit auf, um unsere nationale Gemeinschaft zu schützen und so schnell wie möglich Licht ins Dunkel zu bringen".
Belgien war in den vergangenen Jahren mehrfach Ziel terroristischer Anschläge. Am 22. März 2016 sprengten sich in der Hauptstadt Brüssel drei Selbstmordattentäter am Flughafen und in einer U-Bahn-Station in die Luft. Dabei wurden 35 Menschen getötet und fast 700 weitere verletzt. Zu den Taten bekannte sich der IS.
(APA/Red)
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