AA

Tochter in der Badewanne ertränkt

Österreich - Zum dritten Mal musste sich am Montag eine 38-jährige Frau aus Saalfelden vor Gericht verantworten. Sie hat 2004 ihre fünfjährige Tochter in der Badewanne ertränkt hat.

Im ersten Rechtsgang im Jahr 2006 wurde Brigitte S. wegen Totschlags zu sieben Jahren Haft verurteilt, doch der Oberste Gerichtshof hob das Ersturteil wegen falscher Beurteilung der Schuldfrage auf. Im wieder aufgerollten Mordprozess im Jänner 2007 setzten die Berufsrichter den Wahrspruch der Geschworenen aus, der auf Unzurechnungsfähigkeit lautete.

Ein Urteil in diesem außergewöhnlichen Fall zu finden, das auch hält, ist offensichtlich nicht leicht. Im zweiten Prozess war die Fragestellung an die Geschworenen falsch, argumentierte der OGH. Die Anklageschrift blieb immer die gleiche: Brigitte S. soll ihre Tochter Sarah noch eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen haben. Als das Mädchen schlief, wollte es die Frau mit einer Springschnur erdrosseln. Der Versuch misslang, die Mutter schleppte das Kind in das Badezimmer und drückte seinen Kopf so lange in das Badewasser, bis es tot war.

Anschließend schnitt sich die Saalfeldnerin die Pulsadern auf. Dieser Selbstmordversuch scheiterte ebenso wie der Versuch, sich zu erhängen. Dann hat sie selbst die Polizei alarmiert. Umbringen habe sie ihr Kind nicht wollen, hatte die Frau bisher immer beteuert. „Ich sah keinen Ausweg mehr. Es ist einfach passiert, wie wenn man ausrastet. Ich habe zu dem Zeitpunkt nicht mehr denken können.”

Als Tatmotiv nannte die bisher unbescholtene Angeklagte das damals strittige Scheidungsverfahren. Als Sarah ihr im Herbst 2002 erzählt habe, ihr Vater würde sie sexuell missbrauchen, sei die bisher so glückliche Ehe- und Familienwelt zusammengebrochen. Sie habe auf das Sorgerecht beharrt, um zu verhindern, dass ihre Tochter weiterhin missbraucht werde. Sarahs Vater hatte die Vorwürfe vehement bestritten und Brigitte S. als psychisch krank bezeichnet. Ein Verfahren gegen ihn wurde eingestellt.

Die Beschuldigte wurde nach dem mutmaßlichen Mord in der Salzburger Christian-Doppler-Klinik psychisch behandelt. Sie ist seit August 2005 von ihrem Mann geschieden. Laut Gerichtsgutachter war die Pinzgauerin zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig, wenn auch eingeschränkt.

“Leider habe ich überlebt”

Komplett verschleiert und ganz in Schwarz gekleidet betrat heute, Montag, Brigitte S. den Verhandlungssaal. Bereits zum dritten Mal musste sich die 38-Jährige aus Saalfelden (Pinzgau) vor einem Schwurgericht verantworten. Weinend beteuerte die Frau, sie habe ihre Tochter nur vor ihrem damaligen Ehemann schützen wollen. Das Mädchen sei vom Vater sexuell missbraucht worden, was dieser aber vehement bestritt.

„Der Druck wurde immer stärker, ich sah keinen Ausweg mehr. Leider habe ich überlebt, meine Tochter nicht“, so die Angeklagte. Die Frau reichte im Herbst 2002, nachdem ihr die Tochter die Vorkommnisse mitgeteilt hatte, die Scheidung ein. Sie zeigte den Kindsvater an, aber das Verfahren wurde eingestellt. „Wir waren immer eine glückliche Familie, und er war ein guter Vater. Ich hätte ihm so etwas nie zugetraut“ sagte S. Während der Vernehmung wirkte sie sehr gefasst, ihre Stimme begann aber manchmal zu zittern. „Ich wollte sie in eine bessere Welt retten.“

Die Saalfeldnerin sagte, sie sei psychisch am Ende gewesen. „Ich hatte gehofft, mein Mann würde das Besuchsrecht mit Begleitung akzeptieren, aber er hat es abgelehnt. Er wollte das alleinige Sorgerecht und lehnte in einem Brief auch die einvernehmliche Scheidung ab. Für mich war eine Welt zusammengebrochen. Er hat mich auch für psychisch krank erklärt. Ich konnte einfach nicht mehr.“ Ab diesem Zeitpunkt beschloss sie, nicht mehr leben zu wollen, und die Tochter, der sie noch wie eine liebevolle Mutter eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen hat, mit in den Tod zu nehmen.

„Es ist einfach passiert. Ich war wie ferngesteuert. Es lief alles automatisch ab“, so die Frau. Sie hätte sich nie vorstellen können, zu so etwas imstande zu sein.“ Zunächst versuchte die Frau, das Kind mit einer Springschnur zu erdrosseln, als dies nicht gelang, ertränkte sie es in der Badewanne. Ihr sei erst später bewusst geworden, was eigentlich geschehen war, so die 38-Jährige. Sie hat die Polizei verständigt und ihre Mutter benachrichtigt.

Laut Gerichtsgutachter war die Pinzgauerin zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig. Ein Urteil des Prozesses wird in den Abendstunden erwartet.

  • VOL.AT
  • Welt
  • Tochter in der Badewanne ertränkt