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Tiroler Volkskunstmuseum mit "Kaddisch"-Interventionen

Auszüge aus jüdischem Gebet an Fassade des Museums
Auszüge aus jüdischem Gebet an Fassade des Museums ©APA/ Maria Kirchner/Tiroler Volkskunstmuseum
Das Tiroler Volkskunstmuseum zeigt ab Donnerstag mit zwei künstlerischen Interventionen Auszüge aus dem jüdischen Gebet Kaddisch. Angebracht an der Museumsfassade und am Boden des Innenhofs wollen die Künstler Oskar Stocker und Luis Rivera mit einer bemalten Leinwand und einem am Boden angebrachten Textfragment sowohl an die Shoah erinnern als auch eine universelle Dimension jenseits von Politik anbieten, hieß es bei einer Pressekonferenz in Innsbruck.

Kunst stelle sowohl allgemeine als auch tiefgehende Fragen und stehe damit "über der gegenwärtigen Politik", sagte Stocker. Somit seien die Interventionen nicht als "konkrete Stellungnahme" zu aktuellen Kriegen oder Auseinandersetzungen zu werten. Auch die Scherben beim Kunstwerk erinnerten nicht ausschließlich an die "Novemberpogrome 1938", sondern sollten darüber hinaus ganz allgemein dazu anregen, über "das Zerbrochene im eigenen Leben nachzudenken", erklärte er: "Die Interventionen sind offen für alle Religionen und sind auch offen dafür, zeitgemäß gelesen und interpretiert zu werden."

"Kaddisch" als Gebet der Trauer und Lobpreisung im Judentum

Das Kaddisch sei eines der ältesten Gebete der Menschheit überhaupt, fügte der Künstler hinzu. Im Mittelalter sei es etwa in der Funktion eines "Totengebetes" gestanden, im Judentum aber sowohl ein Gebet der Trauer als auch der Lobpreisung. Man bete es "elf Monate nach dem Tod eines Familienmitglieds", was im Kontext des Holocaust ganz besonders tragisch und berührend sei. "Wer betet, wenn alle vernichtet worden sind", stellte Stocker eine zentrale Frage in den Raum.

Die Installation stelle auch solche Fragen, trage zur Erinnerungskultur bei und sei zugleich deutungsoffen und nicht zuletzt "der Allgemeinheit ausgesetzt", strich Stocker mehrfach hervor. "Wir wollen mit diesem kräftigen Statement in einen lebendigen breiten Diskurs mit der Öffentlichkeit eintreten", betonte er. "Wir selbst sehen die beiden Interventionen jedenfalls als Statement, das zum Denken darüber anregen soll, wie man mit Minderheiten generell umgeht und wie soziale Gerechtigkeit aussehen könnte", assistierte ihm sein Künstler-Kollege Rivera.

Interventionen sollen auch an NS-Verbrechen in Innsbruck erinnern

Solche oder vergleichbare Statements zu setzen und damit verbundene Fragen zu stellen, sei die ureigenste Aufgabe von Museen, betonte schließlich der Leiter des Volkskunstmuseums, Karl Berger. "Museen sind Orte für Diskurse, müssen gesellschaftspolitisch relevant bleiben und nach außen strahlen", so Berger. Zudem seien die Kunstwerke ganz konkrete Erinnerung an "NS-Verbrechen in Innsbruck", an 80 Jahre Kriegsende sowie an die Novemberpogrome, erklärte Kurator Roland Sila. Breiter wollte die Interventionen wiederum die zweite Kuratorin, Rosanna Dematte, verstanden wissen: "Sie richten sich an alle Kultur, die Gewalt und Diskriminierung erleben."

(S E R V I C E - )

(APA)

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