Kesse Sprüche, “Liebesbekundungen” an Ostwestfalen und eine klare sportliche Linie – Trainer-Novize Stefan Effenberg hat bei seiner Vorstellung als Coach beim krisengeschüttelten Zweitligisten SC Paderborn viele Sympathien gewonnen. Mit einer Mischung aus Lockerheit und Ehrgeiz will der 47-Jährige auch sportlich seine Spuren hinterlassen.
“The New One”
“Ich bin es wirklich”, führte sich der schillernde Ex-Nationalspieler gleich mit einem Scherz ein. Es war der Anfang einer wahren Sprüche-Show vor mehr als 70 Medienvertretern und einem Dutzend Kameras, in der sich der 47-Jährige in Anlehnung an die Klopp-Mania in Liverpool als “The New One” vorstellte.
“Wir werden nach vorne schauen”
Der kaum schlechter aufgelegte Vereinspräsident Wilfried Finke, der einen solchen Hype im beschaulichen Ostwestfalen “zuletzt beim Hoyzer-Skandal” erlebt habe, zeigte sich mehr als überzeugt von seiner Wahl: “Ich führe nicht ganz erfolglos ein Unternehmen. Nur Alphatiere eignen sich zur Führung einer Gruppe. Wir haben den richtigen Trainer zum richtigen Zeitpunkt.” Mit Blick auf die sportlichen Ziele wählte Effenberg klare Worte: “Wir werden immer nach vorne schauen, nie zur Seite oder nach hinten. Wir fangen hier ganz neu an. Wir müssen uns von unten lösen. Die Qualität ist vorhanden.” Seinen bis 2017 datierten Vertrag beim mit nur sieben Punkten aus zehn Spielen gestarteten Provinzklub habe der frühere Weltstar “voller Überzeugung unterschrieben”. Er wäre “nicht hier, wenn ich nicht vom Erfolg überzeugt wäre”, beteuerte er.
Ein Enfant terrible
Der als Enfant terrible bekannte Effenberg, der als Spieler alles gewann, aber durch Eskapaden (Stinkefinger-Affäre bei der WM 1994, Alkoholfahrten mit Führerscheinentzug) auch viel verlor, hatte nach dem Ende seiner Profi-Karriere und der erfolgreich bestandenen Trainerprüfung 2012 drei Jahre warten müssen, um eine Chance im Profifußball zu erhalten. Die Zahl der Skeptiker gegenüber den Trainerqualitäten des einstigen Bayern-Leaders war groß.
“Kein Hintertürchen” im Vertrag
Finke war keiner davon. Als der Name Effenberg zu ihm gedrungen sei, sei er “nahezu euphorisiert” gewesen, erklärte der Möbel-Unternehmer und führte aus: “Von seiner Qualität hat es in Deutschland nicht viele Fußballer gegeben. Er wird uns weiterhelfen, wenn er den Eindruck, den er als Spieler vermittelt hat, auch als Trainer vermitteln kann.” Effenberg selbst zeigte sich hochmotiviert und bemühte sich, jeden Zweifel zu zerstreuen, dass die Aufgabe in Paderborn nur eine Not- oder Übergangslösung sei. Er habe “kein Hintertürchen im Vertrag” und werde “selbstverständlich in Paderborn wohnen”, beteuerte der 47-Jährige – auch wenn er einräumte, bei seiner Landung am Mittwochmorgen aufgrund des Schneefalls im Oktober geglaubt zu haben, “in Norwegen” zu sein.
Effeberg: “Der erste Schuss muss sitzen”
Dabei fühlt sich Effenberg in Ostwestfalen genau am richtigen Ort: “Hier habe ich nach ein, zwei Minuten gemerkt, dass es passt. Zu meinem Ausspruch, dass der erste Schuss sitzen muss, stehe ich.” Finke ist davon mehr als überzeugt. In Roger Schmidt (Bayer Leverkusen), André Breitenreiter (Schalke 04) und Interimscoach André Schubert (Borussia Mönchengladbach) sind derzeit drei ehemalige Paderborner Übungsleiter im Oberhaus tätig. “Trainer in Paderborn sein, heißt nach zwei Jahren Bundesligatrainer sein”, sagte Finke.
Große Euphorie in Paderborn
Dass dies mit Effenberg gelingt, wollte der Mäzen nicht ausschließen. Angesprochen auf eine Aufstiegsprämie meinte Finke vielsagend: “Man kennt meine Offenheit gegenüber hohen Zielsetzungen. Ich bin sicher, dass wir genügend Punkte holen, um viel Spaß zu haben.” Los geht es für Effenberg bereits am Freitag (18.30 Uhr/Sky) gegen Eintracht Braunschweig. Am Mittwochnachmittag leitete er das erste Training vor mehreren Hundert Fans und war sichtlich angetan: “Man sieht, die Euphorie ist wieder da. Es ist ein gutes Gefühl, dass die Fans an einen glauben. Die Mannschaft lebt, da war Tempo drin, die Jungs reden miteinander. Das ist auch für mich eine gute Nachricht. Sie sind bereit.”
“Menschenführung ist wichtig”
In die Karten für seine Taktik ließ Effenberg sich nicht blicken. Man werde “relativ schnell sehen, was meine Handschrift ist.” Eines ließ der Champions-League Sieger von 2001 mit Bayern München aber durchblicken: “Die Menschenführung ist wichtig. Und da hatte ich mit Ottmar Hitzfeld den besten Lehrer.”
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