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Themen-Ausstellung im Augarten: "Empfindung" in Kunst, Kopf und Koje

Die Dependance des Belvedere in Wien-Leopoldstadt, die Augarten Contemporary, positioniert sich mit der Ausstellung "Empfindung. Oder in der Nähe der Fehler liegen die Wirkungen" als Heimstätte der zeitgenössischen Kunst.

Zu sehen sind Arbeiten von Studentinnen und Studenten der Akademie der bildenden Künste Wien, die im Rahmen eines Seminars entstanden und mit Arbeiten arrivierter Künstler wie Constanze Ruhm oder Heimo Zobernig ergänzt wurden. Eine vielschichtige Schau, deren Konzept jedoch kopflastig wirkt und deren Thema schwer zu fassen ist.

An die bis 24. Mai gezeigte Ausstellung kann man sich über zwei Wege annähern: Man versucht nachzuvollziehen, was Eva Maria Stadler, die Kuratorin für zeitgenössische Kunst am Belvedere, Sabeth Buchmann, Professorin für Kunstgeschichte der Moderne und Nachmoderne, sowie die Künstlerin Kathi Hofer als Seminarleiterinnen und Ausstellungskuratorinnen an theoretischen Wegmarken vorgegeben haben, und ihre Überlegungen zum “hoch aktuellen Begriff des Affekts” (Buchmann), zur Frage “Wie stehen die Medien zueinander?” (Stadler) einzelnen Arbeiten zuzuordnen. Oder man spaziert durch die von Eric Kläring mit Stolperschwellen und engen Kojen möblierten Ausstellungsräume, lässt die Kunstwerke auf sich wirken, und holt sich das theoretische Basiswissen anschließend bei der Lektüre des 220-seitigen Katalogs.

Der Besucher der schönen Atelierräumlichkeiten im Augarten wird zunächst einmal von Buster Keaton empfangen. Samuel Beckett hat den Stummfilmstar 1963/64 vor die Kamera gebeten – für eine strenge Versuchsanordnung über Beobachtung und Selbstreflexion, die simpel anmutenden Wahrnehmungsprozesse in äußerste Emotion verwandelt. Der daran anschließende Parcours, den die Studierenden im Rahmen des Seminars aus den Debatten über von Kunstwerken ausgelöste Empfindungen und ihre zu Grunde liegenden Mechanismen entwickelt haben, ist zwar weniger von Emotionalität denn von Coolness geprägt, dennoch wird man immer wieder zum Innehalten eingeladen.

Eine Serie von Siebdrucken und Radierungen des US-Künstlers Iosiah McElheny (“White Modernism”) lässt schon durch die ausschließliche Verwendung der Farbe Weiß den Begriff der Wahrnehmung äußerst diffizil erscheinen. Gekonnt vernebelt Tanja Widmann die Sinne in ihrer per Video dokumentierten Performance, in der sie die Rezitatorin von Ad Reinhardts “Zwölf Regeln für eine neue Akademie” (1961) hinter einer künstlichen Nebelwand allmählich verschwinden lässt. Der Ire Gerald Byrne steuert farbintensive, beunruhigende Landschafts-Fotografien bei.

Für die Enträtselung der über eine 15 Meter breite Wand gespannten Seil-Arbeit des artist in residence Julian Göthe, der fotografischen Rekonstruktion eines Godard-Films durch Constanze Ruhm oder der Papierfaltarbeiten von Kathi Hofer benötigt man jedoch dringend den Beipacktext, um sich über Wirkungen und Nebenwirkungen zu informieren. Dort, nämlich im Katalog, kann man auch lesen: “In Zeiten, in denen allerorts die Krise als Damoklesschwert über uns hängt, gewisse Regelwerke und für immer während gehaltene Ordnungssysteme außer Kraft treten, gewinnt der Bereich der Kunst als untersuchendes, prüfendes und forschendes, aber auch gestaltendes Medium an Bedeutung.” Ob diese Geleitworte von Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco eher für Beruhigungspillen oder für Aufputschmittel passen, ist ungewiss. Die Ausstellung selbst scheint weder das eine noch das andere zu sein. Es ist nicht ganz auszuschließen, dass man es bei ihr mit einem Placebo zu tun hat.

“Empfindung. Oder in der Nähe der Fehler liegen die Wirkungen”
Ausstellung im Augarten Contemporary, Wien 2 , Scherzerg. 1a
Bis 24. Mai, Do-So, 11-19 Uhr
http://www.belvedere.at

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