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Teure Hoffnung: "Abnehmspritzen" in Vorarlberg boomen, aber auch die Kosten sind hoch

So teuer ist die "Abnehmspritze" in Vorarlberg.
So teuer ist die "Abnehmspritze" in Vorarlberg. © 2022 MEDIArt Photographie, Apothekerkammer Vorarlberg, Portraits, Mag. pharm. Susanne Schützinger-Österle, Mag. pharm. Christof van Dellen
Die Nachfrage nach sogenannten "Abnehmspritzen" ist in Vorarlberg so hoch wie nie zuvor. Doch wer damit Gewicht verlieren will, muss tief in die Tasche greifen – die monatlichen Kosten sind enorm und liegen deutlich über dem Preisniveau in der Schweiz.

Für eine Monatsdosis der Medikamente zahlen Patienten in Vorarlberg mehrere Hundert Euro – und das aus eigener Tasche. Wer mit Präparaten wie Ozempic, Wegovy oder Mounjaro Gewicht verlieren möchte, verliert nicht nur Kilos, sondern auch erhebliche Summen an Geld.

Besonders auffällig sind die teils drastischen Preisunterschiede – nicht nur zwischen den einzelnen Wirkstoffen, sondern auch im internationalen Vergleich. Warum kostet die gleiche Spritze in Vorarlberg mehr als doppelt so viel wie in der Schweiz? Und welches Präparat bietet tatsächlich ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis?

Zugelassene Wirkstoffe in Österreich

  • Liraglutid (Saxenda) – tägliche Spritze
  • Semaglutid (Ozempic/Wegovy) – wöchentliche Spritze
  • Tirzepatid (Mounjaro) – stärkster Effekt laut Studien, wöchentliche Spritze

Alle drei Wirkstoffe basieren auf dem Hormon GLP-1, das das Sättigungsgefühl verstärkt und den Appetit reduziert. In Kombination mit Bewegung und Ernährungsumstellung sei laut Priv.-Doz. Dr. Alexander Vonbank (LKH Feldkirch) ein Gewichtsverlust von zehn bis 20 Kilogramm innerhalb von sechs bis zwölf Monaten möglich. Ohne Lebensstilveränderung bleibe der Effekt jedoch begrenzt.

Monatliche Kosten in Vorarlberg (Stand: Juli 2025)

Ein wesentliches Hindernis ist die Finanzierung: Nur Menschen mit Diabetes erhalten die Medikamente auf Kassenkosten. Alle anderen müssen die Behandlung selbst bezahlen – mit monatlichen Ausgaben im dreistelligen Bereich. Die genauen Preise variieren je nach Apotheke und Bezugsquelle.

©Canva

Zusatzinfos:

  • Nur mit Rezept erhältlich
  • Voraussetzung: BMI ≥30 oder ≥27 mit Begleiterkrankungen
  • Nicht geeignet für: Normalgewichtige, Schwangere, Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen (z. B. Pankreatitis, Gallensteine)
  • Alternativen zur Spritze: Nur Semaglutid ist auch als tägliche Kapsel erhältlich – jedoch mit stärkerer Dosierung und mehr Nebenwirkungen

Apothekerkammer-Präsident über Preis-Leistung und Preisunterschiede

Christof Van Dellen, Präsident der Vorarlberger Apothekerkammer, bewertet Wegovy und Mounjaro als derzeit sinnvollste Optionen zur nachhaltigen Gewichtsreduktion – sofern die richtige Dosis gewählt wird. Die niedrigen Einstiegsmengen wie 0,25 Milligramm bei Wegovy dienten lediglich der Anfangsphase.

"Wenn jemand ernsthaft Gewicht verlieren will, empfehlen wir die Zieldosis der einzelnen Präparate. Alles darunter bringt auf Dauer nicht den gewünschten Effekt", erklärt Van Dellen. Eine dauerhafte Anwendung niedrigerer, günstigerer Dosierungen sei aus medizinischer Sicht nicht zielführend.

Christof van Dellen Präsident Apothekerkammer Vorarlberg
Christof van Dellen, Präsident der Apothekerkammer Vorarlberg. ©MEDIAArt Photographie

Besonders Mounjaro biete bei der Höchstdosierung von 15 Milligramm das derzeit beste Preis-Leistungs-Verhältnis, so Van Dellen weiter: Das Präparat sei nicht nur wirksam, sondern im Verhältnis zur Wirkung auch vergleichsweise günstig.

Warum ist die Schweiz günstiger?

Der Preisunterschied zur Schweiz sei für Apotheken nicht beeinflussbar, betont Van Dellen: "Wir als Apotheke haben darauf keinen Einfluss." In Österreich würden die Preise zentral durch eine Mittelpreisgestaltungskommission festgelegt und seien für alle Apotheken bindend. "Wir dürfen weder höher noch niedriger verkaufen, selbst wenn wir wollten." In der Schweiz kostet das Abnehmmedikament Wegovy ca. 200 Euro, in Österreich 540 Euro.

Kein Lifestyle-Produkt

Der durch soziale Medien befeuerte Hype um die "Abnehmspritzen" hat aus ärztlicher Sicht problematische Nebenwirkungen. Vonbank warnt vor unrealistischen Erwartungen: "Es handelt sich um eine medizinische Therapie – nicht um ein Lifestyle-Produkt." Nur Personen mit krankhaftem Übergewicht (Adipositas) oder Typ-2-Diabetes seien geeignete Kandidaten. Eine ärztliche Untersuchung und regelmäßige Laborkontrollen seien unverzichtbar.

Forderung nach möglicher Kostenübernahme

Vonbank plädiert dafür, Adipositas endlich als chronische Erkrankung anzuerkennen. Die gesellschaftliche Stigmatisierung müsse enden, die medizinische Behandlung stärker gefördert werden. Auch eine mögliche Kostenübernahme durch die Sozialversicherung solle geprüft werden – nicht zuletzt, um langfristige Folgekosten für das Gesundheitssystem zu vermeiden.

Die "Abnehmspritze" ist ein medizinischer Fortschritt – aber kein Selbstläufer. Ohne begleitende Maßnahmen wie Bewegung, Ernährung und ärztliche Betreuung bleibt der langfristige Erfolg fraglich. Wer das Medikament nutzen möchte, muss nicht nur geeignet sein, sondern auch bereit, den eigenen Lebensstil zu verändern.

Hinweis: Dieser Beitrag dient ausschließlich der Information und ersetzt keine medizinische Beratung. Personen, die eine Behandlung in Erwägung ziehen, sollten sich stets an einen Arzt oder eine Ärztin ihres Vertrauens wenden, um individuelle Risiken, Voraussetzungen und Therapieoptionen abzuklären.

(VOL.AT)

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