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Teuer, aber machbar - Euro ohne Griechenland

Zukunftszenarien für Griechenland haben derzeit Hochkonjunktur.
Zukunftszenarien für Griechenland haben derzeit Hochkonjunktur. ©EPA
Was würde eigentlich technisch passieren, sollte Griechenland aus der europäischen Währungsunion aussteigen? Wie könnten Zentralbanken und Finanzpolitik die Einführung einer neuen griechischen Währung organisieren? Und wie könnte der finanzielle Scherbenhaufen begrenzt werden, den ein solches Unterfangen unweigerlich nach sich ziehen würde?

Historische Blaupausen, an denen sich die Verantwortlichen in Athen, bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt und in den Euro-Hauptstädten orientieren könnten, gibt es keine. Folgender Fahrplan scheint nach Ansicht von Notenbankern und Bankvolkswirten aber am wahrscheinlichsten:DER

ZUSAMMENBRUCH:

Sollte Griechenland nicht bald zu einer stabilen politischen Ordnung zurückfinden, wäre eine Pleite des Staates spätestens im Sommer wohl unausweichlich. In einem solchen Fall würde wohl auch die EZB griechische Banken gemäß ihren Statuten nicht mehr als Geschäftspartner bei ihren Refinanzierungsgeschäften mit dem Banksektor akzeptieren können. Sie wären also nicht mehr refinanzierungsfähig und dürften auf den Bankrott zusteuern. Dies wäre das Ende eines griechischen Finanzsektors in der Euro-Zone – der Euro als gesetzliches Zahlungsmittel wäre dann nicht mehr zu halten.

DER ÜBERGANG:

Am Beginn eines Übergangs müssten alleine schon wegen der nötigen technischen Umstellung von Millionen Konten, aber auch um eine Panik und lange Schlangen vor den Banken zu verhindern, die Institute des Landes für einige Tage – vermutlich gut eine Woche – geschlossen bleiben. Parallel würde der gesamte Kapitalverkehr mit dem Ausland für diesen Zeitraum zum Erliegen kommen. In dem Zeitfenster könnte dann die Währungsreform vorbereitet werden – ein banktechnisch und politisch komplizierter Prozess. Unter anderem müssten zahlreiche neue Gesetze erlassen werden. Die Hüter der neuen Währung, also die Notenbanker in Athen, müssten unter anderem eine neue Mindestreservequote und einen neuen Leitzins für ihre Banken beschließen. Zudem müssten sie Vorbereitungen für den so gut wie sicheren Fall treffen, dass die neue griechische Währung am Devisenmarkt massiv abwertet.

DIE NEUE WÄHRUNG:

Wahrscheinlich würde in Griechenland eine neue Währung in zwei Stufen eingeführt. Während sie auf Konten als Buchgeld mehr oder weniger per Knopfdruck umgestellt werden könnte, bräuchte die Bargeldeinführung mehr Zeit – schließlich müssten Münzen geprägt und Geldscheine gedruckt werden. Anschließend müsste das Geld im Land verteilt werden – eine logistische Herkulesaufgabe. In dieser Phase könnte der Euro weiterhin als Tauschmittel für den Alltag fungieren. Hier gibt es eine Art Vorbild: Das Balkanland Montenegro verwendet den Euro bereits einseitig als Zahlungsmittel im Bargeldverkehr, ohne dass es offiziell Mitglied der Euro-Zone ist.

DER SCHERBENHAUFEN:

Nach der Währungsreform käme innerhalb des europäischen Systems der Zentralbanken das große Aufräumen. Hier rückt das Großbezahlsystem der Notenbanken, Target II, ins Zentrum. Die Zentralbank in Athen hat innerhalb des Systems Verbindlichkeiten gegenüber der EZB in Höhe von rund 100 Mrd. Euro. Hinzu kämen Forderungen der Euro-Notenbanken aus dem umstrittenen Kauf griechischer Staatsanleihen seit Mai 2010 – geschätzt zwischen 40 und 50 Mrd. Euro. Rechnet man diese Posten zusammen steht Athen alleine beim Eurosystem aus EZB, Bundesbank & Co. mit bis zu 150 Mrd. Euro in der Kreide.

Auf die Deutsche Bundesbank entfielen nach dem Kapitalschlüssel der EZB etwas mehr als ein Viertel, also etwa 40 Mrd. Euro. Möglich wäre nun, dass die Griechen das Geld über einen langen Zeitraum, eventuell viele Jahrzehnte, abstottern. Auch eine Lastenteilung zwischen der Zentralbank in Athen, der EZB und den verbleibenden 16 Euro-Notenbanken ist denkbar.

Im schlimmsten Fall, also wenn Athen nicht zahlen will oder kann, müsste die Bundesbank Abschreibungen vornehmen und/oder ihre Risikovorsorge erhöhen. Bundesbankgewinne und damit eine jährliche Entlastung des Bundeshaushalts wären dann für lange Zeit Geschichte. Dass diese Belastung der Bundesbank deutlich höher ausfiele als ihr derzeitiges Eigenkapital von fünf Mrd. Euro wäre kein Problem, da Notenbanken im Gegensatz zu normalen Instituten auch mit negativen Eigenkapital operieren können. Die Bundesbank selbst hat dies etwa in den 1970er-Jahren einige Jahre selbst praktiziert.

(APA)

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