Sechs Minuten vor Ende der Partie gegen den OSC Lille am Mittwochabend stürmten Zuschauer mit Fahnen Palästinas beim Stand von 2:0 für Lille auf den Rasen. Die Spieler Idan Vered und Dekel Keinan wurden tätlich angegriffen, wie Fotos und ein Video zeigen.
Maccabi Haifa players were assaulted tonight by an anti-Israel mob during a “friendly” match against Lille. Sickening pic.twitter.com/jihd3hRg6U
— Jonathan (@jj34) 23. Juli 2014
Platzsturm bei Testspiel von Maccabi Haifa
Tumult am Spielfeld
Laut Polizei waren rund 20 großteils türkischstämmige Österreicher – es haber sich um im Land Salzburg ansässige Personen gehandelt – mit palästinensischen und türkischen Fahnen auf das Spielfeld gelaufen und hatten Parolen mit Bezug auf den Gazakonflikt geschrien. “Es war ein Tumult am Spielfeld. Vorrangig sind israelische Spieler attackiert worden”, so Polizei-Sprecher Ortwin Lamprecht.
Maccabi Haifa’s pre-season game against Lille was stopped when pro-Palestinian stormed the pitch #SupportGaza pic.twitter.com/1Jlq1tM3NY — hendri (@hendriapit) 24. Juli 2014
Zuerst hätten nur wenige Zuseher das Spiel verfolgt, weil es geregnet habe. “Dann haben die Polizeibeamten, die vor Ort waren, erkannt, dass sich eine Gruppierung unter die Zuschauer gemischt hat. Es wurde Verstärkung angefordert. Der Tumult konnte rasch beendet werden.”
Israelische Spieler blieben stehen
Christian Winkler, Obmannstellvertreter vom SK Bischofshofen, schilderte, dass Zuseher kurz vor Spielende kleinere Plakate, meist im A3-Format, mit der Aufschrift “Fuck Israel” ausgepackt und dann den Platz gestürmt hätten. Die Spieler von Lille hätten sogleich das Feld verlassen, doch nahezu die komplette Mannschaft des israelischen Vereins sei da geblieben und habe sich auf die Konfrontation eingelassen, einige israelische Spieler hätten sehr aggressiv reagiert.
“Für mich war die Situation schon sehr bedrohlich. Es handelte sich aber Gott sei Dank um eine kleine Gruppe, die auf das Fußballfeld gelaufen war. Ein anderer Teil der Gruppe stand auf der Straße und war durch ein Gitter getrennt. Die Polizei war auch schnell vor Ort. Wir haben alles hermetisch abgeriegelt, damit da nichts mehr passieren kann”, sagte Winkler am Donnerstag zur APA.
Identität der Angreifer bekannt
Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) wurde eingeschaltet. Ermittelt wird, ob es auch strafrechtliche Konsequenzen für die Aggressoren gibt. “Sicher ist, dass ein verwaltungsrechtlicher Tatbestand vorliegt”, sagte Polizei-Sprecher Lamprecht weiter. “Eine Ordnungsstörung ist das auf jeden Fall. Es wird in alle Richtungen ermittelt, auch in Bezug auf gerichtliche Tatbestände.”
Die Identitäten der Personen sei der Polizei bekannt, erklärte der Polizei-Sprecher. An dem Einsatz hatten sich neben Streifenbeamten aus dem Bezirk St. Johann im Pongau auch noch Beamte des Landeskriminalamtes sowie Schengenfahnder, Diensthundestreifen und letztendlich auch das Einsatzkommando Cobra beteiligt.
Politik verurteilt Angriffe aufs Schärfste
Bundeskanzler Werner Faymann verurteilt die Vorfälle auf das Schärfste. “Gäste, die sich in Österreich aufhalten, haben das Recht, das in Sicherheit zu tun; unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer religiösen Zugehörigkeit”, so Faymann in einer Stellungnahme. Österreich stehe für den respektvollen Umgang aller Religionen miteinander.
Auch Innenministerin Mikl-Leitner stößt in dasselbe Horn. “Konflikte aus anderen Ländern nach Österreich zu tragen ist absolut inakzeptabel.” Die Grenze zwischen der Gewalt der Worte und körperlicher Gewalt sei fließend, “in Bischofshofen wurde diese Grenze mehr als überschritten”, so die Innenministerin. Sie bedankte sich bei den Einsatzkräften, die durch ihr rasches und kompetentes Einschreiten Schlimmeres verhindert hätten.
Außenminister Sebastian Kurz fordert eine vollständige Aufklärung der Vorfälle. “Auch wenn der Nahost-Konflikt berührt, darf dieser Konflikt nicht nach Österreich getragen werden.” Kurz hob hervor, dass das Zusammenleben diverser Religionsgruppen in Österreich bis jetzt gut funktioniere. Das sei ein langer und schwieriger Weg, der nicht gefährdet werden dürfe.
Betroffen zeigte sich Grünen-Chefin Eva Glawischnig. “Antisemitismus ist offensichtlich noch immer alltägliche Realität, der nun unter dem Vorwand des aktuellen Nahostkonflikts neue Nahrung bekommt. In unserer Gesellschaft darf Judenfeindlichkeit keinen Platz haben – nicht in einem europäischen Land und schon gar nicht in Österreich. Anstatt zu Verhetzen und gegeneinander aufzutreten, sollten wir uns in Österreich gemeinsam friedlich für Waffenruhe und ein Ende des Blutvergießens im Gaza einsetzen.”
FPÖ: “Null Toleranz gegenüber Islamismus”
FPÖ-Chef HC Strache spricht von einem Skandal und “radikalem Islamismus in Österreich”, den es nicht zu tolerieren gelte. Er fordert scharfe Konsequenzen für die Angreifer und macht in einer Aussendung die “gescheiterte Integrationspolitik von Rot, Grün und Schwarz” direkt für den Vorfall in Bischofshofen verantwortlich.
Er bedaure den Vorfall, Österreich sei ein neutrales Land, welches “eine geschichtliche Verantwortung gegenüber Israel hat und daher besonders sensibel mit antisemitischen Vorfällen wie diesem umgehen muss.”
“Persönlich sehr betroffen” zeigte sich der Wiener FPÖ-Gemeinderat David Lasar am Donnerstag im Zuge einer Pressekonferenz von den Ereignissen in Bischofshofen. “Ich bin mehr als bestürzt, dass solche Übergriffe heute in Österreich wieder Schule machen”, erklärte er.
Besondere Vorkehrungen für Haifa – Paderborn
Der deutsche Fußball-Bundesligist SC Paderborn wird sein Testspiel gegen Maccabi Haifa am Samstag in Wörgl unter besonderen Schutzmaßnahmen austragen. Wie ein Club-Sprecher der in Bielefeld erscheinenden Tageszeitung “Neue Westfälische” am Donnerstag erklärte, werde man das Spiel nur mit Sicherheitsvorkehrungen durchführen.
Alle Paderborner Fans, die zum Spiel kommen wollen, würden deshalb gebeten, ihren Personalausweis mitzubringen. Eine Absage der Begegnung sei kein Thema. (red/APA/dpa)
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