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Testamentsaffäre: Anklageschrift soll über 200 Seiten stark sein

Feldkirch (VN) -  Der Abschlussbericht und die Anklage zur Testamentsaffäre sollen bis spätestens Mai fertiggestellt sein.

Vor zwei Jahren starteten die zunächst streng geheimen Ermittlungen am Bezirksgericht Dornbirn. Weder die Staatsanwaltschaft noch die Kriminalpolizei ahnten damals, dass sich der Fall zum wohl größten Justizskandal in der Geschichte Vorarlbergs ausweiten wird. Seit den ersten Verhaftungen im November 2009 erschüttert der Fälschungsskandal – angerichtet durch langgediente Gerichtsmitarbeiter – die Vorarlberger Justiz bis ins Mark.

1998 bis 2008

Nach ebenso aufwendig wie akribisch geführten Recherchen durch das Ermittlungsteam um Staatsanwalt Manfred Bolter steht die Anklage nun offenbar kurz bevor. Nach VN-Informationen soll die Anklageschrift weit über200Seiten stark sein. „Wir haben die Taten von 1998 bis 2008 durchleuchtet und uns entschlossen, zunächst diese zehn Jahre zur Anklage zu bringen. Dieser Zeitraum wurde gezogen, um sozusagen das gut Argumentierbare aus dem ganzen Teig zu stechen“, schilderte Staatsanwalt Bolter im September 2010 in einem VN-Exklusivgespräch.

Mittlerweile ist klar: Die Anklage umfasst insgesamt 26 Testamentsfälle, 23 Vertragsfälschungen und mehrere Prozess-Betrugsfälle (gesetzliche Erben, die an der Echtheit eines Testaments zweifelten, wurden mitunter auch noch geklagt). In einigen Verdachtsfällen blieb es offenbar beim Versuch, da beispielsweise die ins Visier genommenen Erblasser bis heute nicht verstorben sind. Wie berichtet, haben bisher nur zwei der Hauptbeschuldigten ausgepackt: der Grundbuchs-Rechtspfleger Jürgen H. und Strohmann Peter H., der etliche ergaunerten Liegenschaften zu Geld gemacht haben soll. Alle anderen schweigen beständig, unter ihnen die ehemaligen Gerichtsmitarbeiter Clemens M, Walter M. und Kurt T.. Nach VN-Informationen dürften die Beschuldigten unter anderem wegen Amtsmissbrauchs und/oder schweren Betrugs unter Ausnützung einer Amtsstellung angeklagt werden. Es drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Auch Register manipuliert

Das System der mutmaßlichen Fälscher dürfte bereits seit Jahrzehnten funktionieren. Wie es heißt, könnte es von einer Beamtengeneration auf die nächste weitergegeben worden sein. Die Beschuldigten manipulierten vor allem Testamente von Menschen ohne Nachkommen – fälschten deren letzten Willen, ließen Testamente verschwinden und manipulierten das gerichtsinterne Testamentsregister. Als Begünstigte setzten sie Personen ein, deren baldiger Tod absehbar war. Starben die „Scheinerben“, hinterließen sie ein Testament, das Strohmänner oder Bekannte begünstigte. Die Gesamtschadenssumme beläuft sich auf über zehn Millionen Euro.
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