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Temelin: Beantragung der Betriebsgenehmigung

Der tschechische Energiekonzern CEZ hat eine Betriebsgenehmigung für den ersten Reaktorblock im südböhmischen Atomkraftwerk Temelin beantragt. Die Atomgegner und die Grünen sind empört.

Wie die Prager Tageszeitung „Mlada fronta Dnes“ (Dienstagsausgabe) weiter berichtet, soll das entsprechende Verfahren am Dienstag an der Baubehörde Tyn nad Vltavou (Moldauthein) beginnen. Während das Wiener Umweltministerium gelassen reagierte, forderten Atomgegner die Bundesregierung zum Einschreiten auf.

Der erste Reaktorblock des AKW Temelin ist seit vier Jahren in Betrieb, doch wie beim im Jahr 2003 gestarteten zweiten Block handelt es sich formell noch um einen „Testbetrieb“. Nun soll der erste Reaktorblock die formelle Erlaubnis für den kommerziellen Betrieb erhalten. Nach Angaben der Zeitung sind aber bestimmte im Testbetrieb aufgetretene Probleme noch immer nicht gelöst. So sei die Deformation der Brennstäbe größer als erlaubt. Dies wurde aber von der Chefin der Atomaufsichtsbehörde SUJB, Dana Drabova, und Temelin-Sprecher Milan Nebesar zurückgewiesen.

Sektionschef Ernst Streeruwitz vom Umweltministerium wies auf Anfrage der APA darauf hin, dass es sich bei der Betriebsgenehmigung um ein um ein „innertschechisches Verfahren“ handle, auf das Österreich keinen Einfluss nehmen könne. Der Dialog mit den tschechischen Behörden über Sicherheitsfragen könne „unabhängig von der Genehmigung“ weitergeführt werden. Schließlich gehe es dabei um Aspekte, die nach dem Beginn des kommerziellen Betriebs und für andere AKW bedeutsam seien, wie etwa die Einrichtung eines Erdbebenwarnsystems. Ein weiteres österreichisches Anliegen sei die ständige Überwachung der neuralgischen “28,8-Meter-Bühne“ mit ihren angeblich nicht ausreichend abgesicherten Rohrleitungen.

Heftig fiel die Reaktion von Atomgegnern und Grünen auf die Nachrichten aus Tschechien aus. Die Grüne Vizechefin Eva Glawischnig teilte in einer Aussendung mit, die Erteilung einer Betriebsgenehmigung für Temelin „würde den Bruch des Melker Sicherheitsabkommens zwischen Österreich und Tschechien endgültig besiegeln“. Die Stellungnahme des Umweltministeriums bezeichnete sie als „Skandal“. „Es ist dies das endgültige Eingeständnis, dass die österreichische Bevölkerung, die mehr Sicherheit wollte, jahrelang hinters Licht geführt wurde.“ Schließlich sei im Melker Abkommen zwischen Tschechien und Österreich „klar vereinbart“ worden, dass die endgültige kommerzielle Inbetriebnahme nicht vor Behebung aller Sicherheitsmängel erfolgen dürfe.

Die Umweltorganisation Global 2000 warf Umweltminister Josef Pröll (V) und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) vor, sie würden „tatenlos“ zuschauen, wie der „Pannenreaktor“ Temelin in Betrieb gehe. Es habe keine Sicherheitsverbesserungen durch den „Melker Prozess“ zwischen Wien und Prag gegeben. Als „Besorgnis erregend“ kritisierte der Anti-Atom-Beauftragte des Landes Oberösterreich, Radko Pavlovec, die Haltung des Umweltministeriums. Falls die Einhaltung des Melker Abkommens nicht auf höchster Ebene eingefordert werde, drohe der Verlust aller vertraglichen Rechte. „Gelassenheit ist nicht angebracht“, betonte Pavlovec in einer Aussendung. Ähnlich äußerte sich die Organisation „atomstopp_atomkraftfrei leben!“.

Pühringer erwartet Unterstützung von EU

Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer (V) hat Dienstagnachmittag in der Diskussion um das südböhmische Atomkraftwerk Temelin betont, dass Oberösterreich seinen Weg konsequent weitergehen werde. Er erwartet sowohl von der Bundesregierung als auch von der EU ein ganz klares Bekenntnis zur Einhaltung des Melker Abkommens und auch entsprechende Schritte zu dessen Durchsetzung, so Pühringer in einer Presseaussendung.

„In der EU gelten Rechtsgrundsätze“, betonte der Landeshauptmann. Das Abkommen sei unter EU-Patronanz und Beteiligung von Kommissar Günter Verheugen zu Stande gekommen. Daher müsse auch die Europäische Union dessen Einhaltung entsprechend einfordern. Mittlerweile sei Tschechien immerhin EU-Mitglied, so Pühringer. Er forderte zugleich die Regierung in Prag auf, das Melker Abkommen einzuhalten.

SPÖ-Umweltsprecher Kai Jan Krainer ging indes hart mit der Bundesregierung ins Gericht. Er bezeichnete es als „Verhöhnung der Menschen“, dass das Umweltministerium den Dialog über Sicherheitsfragen mit den tschechischen Behörden unabhängig von der Betriebsgenehmigung für Temelin weiterführen wolle, teilte Krainer in einer SPÖ-Aussendung mit. Die Regierung solle eingestehen, dass ihre Anti-Temelin-Politik „von Anfang an nur ein einziger Bluff war und sie nie wirklich daran interessiert war, eine Inbetriebnahme von Temelin zu verhindern“. Nun rede die Regierung „offensichtliche Vertragsbrüche wortreich weg“, sagte der Nationalratsabgeordnete mit Blick auf das Melker Abkommen.

Am Dienstag war bekannt geworden, dass der tschechische Energiekonzern CEZ eine Betriebsgenehmigung für den ersten Reaktorblock im südböhmischen Atomkraftwerk Temelin beantragt hat. Während das Umweltministerium gelassen reagierte, sehen Grüne und Atomgegner einen Bruch des Melker Abkommens.

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