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Telekom-Prozess um 120.000 Euro-Zahlung an ÖVP vertagt

Richter Stefan Erdei leitet den Prozess
Richter Stefan Erdei leitet den Prozess
Der Prozess um die inkriminierte illegale Parteienfinanzierung - der ÖVP soll von der Telekom Austria (TA) ein Nettobetrag von 120.000 Euro zugeflossen sein - ist am Donnerstag im Wiener Straflandesgericht auf 7. Juni vertagt worden. Der ehemalige ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon muss auf Wunsch von Staatsanwalt Volkert Sackmann noch als Zeuge befragt werden.


Missethon – zunächst Geschäftsführer der ÖVP Steiermark – war unter Bundesparteiobmann Wilhelm Molterer in die Bundespolitik gewechselt. Er soll nun klären, ob die prozessgegenständliche Telekom-Spende tatsächlich der Bundespartei zu gute kam und nicht – wie angeklagt – der steirischen Landesorganisation, die damit den Wahlkampf für die Grazer Gemeinderatswahlen im Jänner 2008 finanziert haben soll.

Laut Anklage soll der Zahlungsfluss über Bernd Schönegger – seit 2005 Geschäftsführer der Grazer ÖVP, seit Herbst 2008 gehört der 39-Jährige auch dem Nationalrat an – gelaufen sein, indem dieser eine Scheinrechnung über vorgebliche Beratungsdienste an die Geschäftsführerin einer für die steirische ÖVP tätigen Werbeagentur weiterleitete und dieser auftrug, die damit verbundene Zahlung der Telekom-Tochter eTel entgegenzunehmen und das Geld für den Grazer Wahlkampf zu verwenden. Schönegger bestreitet das entschieden, und die Werberin behauptet nunmehr, sie habe die ihr überwiesenen Telekom-Mittel für die Bundes-ÖVP verwendet.

Konkret will die mit ihrer Agentur mittlerweile in die Insolvenz geschlitterte Unternehmerin vom bekannten Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Karl Bruckner einen Auftrag für eine österreichweite Markt und Meinungsforschung erhalten haben. Gegenüber dem Schöffensenat (Vorsitz: Stefan Erdei) bezeichnete sie Bruckner wiederholt als “Bundesfinanzreferent der ÖVP”, was dieser allerdings im prozessgegenständlichen Zeitraum 2007/2008 nicht war. Außerdem ist Bruckner im Juli 2012 verstorben und steht damit nicht mehr als Zeuge zur Verfügung. Ihre Ergebnisse – unter anderem sollen in jedem Bundesland mehrere 1.000 Personen befragt worden sein, um die Beliebtheitswerte der damaligen ÖVP-Minister zu ermitteln – will die 35-jährige Werberin jedoch dem damaligen ÖVP-Generalsekretär Missethon übergeben haben.

“Wir zweifeln an dieser Geschichte. Das passt nicht mit den übrigen Beweisergebnissen zusammen”, stellte dazu Staatsanwalt Sackmann fest. Der Ankläger vermutete, die Unternehmerin wolle mit ihrer nunmehrigen Verantwortung die Abläufe “so darstellen, dass es für einige Angeklagte besser ausgeht”. Interessant erscheint in diesem Zusammenhang, dass die Werberin ihren Angaben zufolge zu dem Geschäftsfall keine schriftlichen Unterlagen mehr hat und der Masseverwalter ihrer in die Insolvenz geschlitterten Firma den Server mit den Daten gelöscht haben soll. Auch Mitarbeiter, die mit der Tätigkeit für die Bundes-ÖVP betraut waren, konnte sie auf Befragen des Staatsanwalts nicht mehr nennen: “Das war im Jahr 2008. Da ersuche ich jetzt um Verständnis, dass ich das nicht mehr weiß. Ich hatte drei Standorte.”

Schenkt man ihrer Aussage Glauben, würde davon vor allem Schönegger profitieren. Dieser wird vor allem von einer E-Mail belastet, die der mitangeklagte ehemalige Bereichsleiter für Public Affairs bei der Telekom – ein vormaliger ÖVP-Organisationsreferent – an ihn gerichtet hatte. Die Mail, in der es um Modalitäten hinsichtlich der Zahlungsabwicklung ging, wurde am Computer des Ex-TA-Mitarbeiters sichergestellt. Schönegger behauptet, er habe diese “schlicht nicht erhalten” und vom Inhalt erst Kenntnis “über die Akteneinsicht” erhalten.

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