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Telefonseelsorge: "Wir hören zu"

25 Jahre Telefonseelsorge - Sepp Gröflers Versprechen: "Wir hören zu." An seinen ersten Anrufer kann sich Sepp Gröfler noch sehr gut erinnern. 

Sieben Jahre ist das her, als er Leiter der Telefonseelsorge wurde. „Da war ein neunjähriges Mädchen am Apparat. Sie saß neben ihrer Freundin, die nicht mehr zu weinen aufhörte“, so der 45-Jährige. Er konnte den beiden Mädchen, die unter der Scheidung ihrer Eltern litten, helfen. Durch bloßes Zuhören.

„Es reicht oft schon, dass jemand ein offenes Ohr hat, zuhören kann“, schildert Gröfler das Selbstverständnis seines Teams. Für einen alkoholkranken Menschen ist es ein großer Erfolg, wenn er nicht zum Bier, sondern zum Telefon greift. „Wenn das Bier nach dem Anruf für heute im Kühlschrank bleibt, ist die Krise vorerst bewältigt.“

Anonymität

Der dreifache Familienvater hat durch Zufall zu seinem Job gefunden: „Ich war anfangs Konditor, Kellner, Nachtwächter – und bin dann Sozialpädagoge geworden.“ Heute ist er, wie er selbst sagt, bei der Telefonseelsorge dafür zuständig, dass genügend Schokolade da ist. „Und Geld“, fügt er hinzu.

Die Hauptarbeit am Telefon leisten vorwiegend die 65 ehrenamtlichen Mitarbeiter. Vier von ihnen sind seit 25 Jahren im Team. „Sie müssen im Schutz der Anonymität bleiben, gerade in einem so kleinen Land.“ Niemand weiß, wo in Dornbirn die Telefonseelsorge ihre Büros hat. Die Adresse ist geheim, Klingelschild gibt es keines. Sogar die Nachbarn geben ausweichende Antworten, sind entsprechend instruiert.

Geheimnisse sind sicher bei der Telefonseelsorge, die Mitarbeiter verständigen keine Polizei, keine Rettung. „Außer die Anrufer wollen das ausdrücklich.“

Wenn Sepp Gröfler abends die Bürotür hinter sich zusperrt, schnauft er immer kräftig durch. „Jeder hat sein Ritual beim Verlassen des Büros, um Abstand zu gewinnen.“ An harten Tagen hilft auch Gesichtwaschen. „Kaltes Wasser wirkt am besten“, sagt Gröfler.

Ausgleich auf der Bühne

Den Ausgleich findet der gebürtige Pinzgauer beim Theaterspielen – und bei seiner Familie. Aus dem Salzburger ist längst ein Vorarlberger geworden. „Meinen Schwiegervater habe ich schließlich beim Jassen überzeugt“, lacht Gröfler. Die Liebe zu einer Bregenzerwälderin brachte ihn vor über 20 Jahren ins Ländle. Heute sind die Kinder des Ehepaars erwachsen.

Es ist kein einfacher Job am Telefon. „So wollte eine suizidgefährdete Frau nur ein letztes Mal ihre Geschichte erzählen. Dann hat sie sich verabschiedet“, sagt Gröfler nachdenklich. Drei Tage später fanden die Mitarbeiter eine Todesanzeige in der Zeitung, die passte. „Es war nicht aufzuhalten“, müssen die Telefonseelsorger ihre Grenzen respektieren.

Im Gründungsjahr 1981 suchten 2500 Menschen Hilfe. Heute sind es jährlich 13.000, die in Krisensituationen die 142 wählen.

Die Telefonseelsorge Vorarlberg ist rund um die Uhr erreichbar. Kostenlos unter der Rufnummer 142. Mehr Infos und Onlineberatung: www.142online.at

ZUR PERSON

  • Sepp Gröfler
  •  Beruf: Leiter Telefonseelsorge
  • Geboren: 1961 in Uttendorf/Salzburg
  • Familie: verheiratet, drei Kinder
  • Ausbildung: Sozialpädagoge
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