AA

Tausende Jugendliche in Vorarlberg ohne Ausbildung - AK fordert Reformen

AK-Direktor Rainer Keckeis fordert tiefgreifende Bildungsreformen.
AK-Direktor Rainer Keckeis fordert tiefgreifende Bildungsreformen. ©Philipp Steurer
Rund 6.000 Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren haben in Vorarlberg keine Ausbildung absolviert, die über die Pflichtschule hinausgeht. Das zeigt eine aktuelle Studie der Vorarlberger Arbeiterkammer, die Institut für Höhere Studien Wien (IHS) durchgeführt hat.

Das betrifft 12,6 Prozent aller Jugendlichen in dieser Altersgruppe, damit liegt Vorarlberg über dem österreichweiten Durchschnitt. AK-Direktor Rainer Keckeis spricht in diesem Zusammenhang von “verschwendetem Potenzial” für die Wirtschaft im Ländle und einem “Armutszeugnis” für die Bildungspolitik.

statistik-ak

Etwa zehn Prozent aller Pflichtschulabsolventen sind der Studie zufolge dauerhaft nicht oder prekär in den Arbeitsmarkt integriert. 57 Prozent der Betroffenen sind Frauen, auch Personen mit Migrationshintergrund sind in dieser Gruppe überrepräsentiert. “Frauen sind sehr viel stärker im weniger attraktiven Dienstleistungsbereich und Männer mehr in der attraktiveren Sachgüterproduktion beschäftigt”, erläutert Hermann Kuschej vom IHS ein weiteres Problem.

Schlechtes Lohnniveau am Arlberg, im Klostertal und im Kleinwalsertal

Auch der anhaltende Trend zu immer mehr Leiharbeit sei schädlich. “Unsere Untersuchung zeigt, dass die Arbeitskräfteüberlassung durch häufigere AMS-Episoden und ein unterdurchschnittliches Lohnniveau gekennzeichnet ist”, so Kuschej. Für Firmen sei Leiharbeit natürlich eine risikoarme und günstige Möglichkeit, um Arbeitsspitzen abzufangen, ohne fest einstellen zu müssen. Für Arbeitnehmer bedeute dies laut Kuschej jedoch, das kontinuierliche Erwerbskarrieren erschwert werden, was Konsequenzen auf die soziale Sicherung im Alter habe.

Außerdem hat das IHS unterschiedliche Regionen in Vorarlberg auf das Lohnniveau untersucht. Positiv heraus stachen dabei das Rheintal und der Walgau, die Regionen Arlberg/Klostertal und Kleinwalsertal fallen hingegen ab. Diese Unterschiede würden Kuschej zufolge Herausforderungen mit sich bringen, die vor allem auch jugendliche Risikogruppen betreffen würden.

Kosten durch Schulabbrüche

Ein weiterer Aspekt, mit dem sich die AK-Studie befasst hat, sind die Kosten, die ein früher Bildungsabbruch für den Betroffenen, den Staat und die Gesellschaft bedeuten. Demnach verdienen Personen ohne Berufsausbildung durchschnittlich 648 Euro pro Monat weniger als Absolventen einer Lehrausbildung, im Jahr beträgt die Differenz der Nettoerlöse 9.072 Euro. Daraus ergeben sich natürlich weniger Steuerzahlungen, geringe Sozialabgaben und weniger Kaufkraft. Laut IHS zahlt eine Person mit Bildungsabbruch nach der Pflichtschule nur 64 Prozent von den Abgaben, die eine besser ausgebildete Person zahlt. “Bildungsarmut ist ein Teufelskreis, der erst in seiner finanziellen Dimension ernsthaft sichtbar wird”, betont Rainer Keckeis dazu. “Berücksichtigt man die Entwicklung der Lebenshaltungskosten, insbesondere der Wohnungskosten, liegt es auf der Hand, dass es für Niedrigqualifizierte immer schwerer wird, über die Runden zu kommen.”

IHS und AK fordern Reformen

Das IHS zeigt on der Studie auch mögliche Lösungsansätze auf. Dafür müsse laut Keckeis allerdings bereits im Pflichtschulbereich eingesetzt werden, die ab Juli geltende Ausbildungspflicht allein reiche nicht. Als entscheidenden Angelpunkt sieht Keckeis den Übergang von der Schule in den Beruf. Es sei offensichtlich, dass “das Schulsystem unsere Jugendlichen nicht ausreichend mit den notwendigen Qualifikationen auszustatten vermag”. Daher seien tiefgreifende Reformen notwendig.

Als Fazit schlägt die AK-Studie verschiedene Maßnahmen während der Schulzeit vor. So soll die Sprachkompetenz bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund gefördert werden, auch im vorschulischen Bereich. Zudem fordert die AK ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr, für die Kinder, die es benötigen. Ein Ausbau verschränkter Ganztagesschulen könne zudem für mehr Chancengleichheit für Kinder, deren Eltern einen nachteiligen Bildungshintergrund haben, sorgen. Risikoregionen müsse man zudem klarer identifizieren. Außerdem sollten Schulen mit vielen Schulabbrechern beobachtet werden und bei Bedarf mehr Mittel zugewiesen bekommen.

Maßnahmen nach der Schule könnte AK und IHS zufolge neben der Ausbildungspflicht eine stärkere Kooperation der Arbeitsmarktakteure (Lehrlinge und Eltern, AMS, Sozialbetriebe und Betriebe) sein. Außerdem müssten die Jugendlichen besser für die Folgen eines frühen Bildungsabbruchs sensibilisiert werden und weibliche Jugendliche mit Migrationshintergrund besonders gefördert werden.

(Red.)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Vorarlberg
  • Tausende Jugendliche in Vorarlberg ohne Ausbildung - AK fordert Reformen