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Tanzvergnügen mit der Beautiful Kantine Band

Das neue Album der Beautiful Kantine Band ist da - "Twist auf dem Vulkan" heißt es und bietet der Zuhörerschaft tanzbein-schwingende, überaus charmante Sixties-Beatmusik.

Die Sache mit dem deutschen Schlager hat sich erledigt. In Zeiten von Mia, Juli, Rosenstolz und wie sie alle heißen ist das bis vor kurzem noch so liebenswert nostalgische Genre, in dem The Beautiful Kantine Band drei Alben und viele hundert Konzerte lang erfolgreich wilderte, ein Fall für die Mainstream-Indie-Abteilung geworden: modern, marketingtechnisch aufbereitet – und irgendwie gar nicht mehr spannend.

Und was tut die Kombo rund um die Frontmänner Herr Kantine und r.evolver, die ihre Forschungstätigkeit in Sachen Rhythmus und Melodie seit einiger Zeit mit zwei talentierten Neuzugängen – der absolut lässigen Vera Tereschkova (Bariton) und dem überaus fleißigen Ivo Monroe (Schlagwerk) – fortsetzen, in dieser besorgniserregenden Lage? Richtig: Sie kehrt zu ihren Wurzeln zurück, den roots, wie der Amerikaner sagt.

Was sich auf der neuen, vierten Platte der Band mit dem trefflichen Titel „Twist auf dem Vulkan“ abspielt, ist ein Schritt zurück vom postmillennialen Pop – und wieder einmal hin zur Pilzkopfzeit, als das Tanzvergnügen sich auch in deutschen und österreichischen Kleinstädten von der reinen Jukebox-Berieselung zum Live-Erlebnis wandelte.

Bei einem Song wie „I Wanna Be Your Man“ zum Beispiel fühlt sich der Hörer in den Hamburger „Star Club“ zurückversetzt (auch wenn er dort und damals gar nicht war, aber das stört keinen großen Geist, wie Karlsson vom Dach immer sagte …) Nicht umsonst heißt eines der auf dem Album vertretenen Lieder „Hamburg“ und spiegelt die Ära wieder, als sich jede junge Band ihre große Chance in der Hafenstadt wünschte, die das Tor zur Welt – auch jener der Beatmusik – war.

Also: Wir schreiben Anfang der 60er Jahre, eine Zeit, als die Haare noch nicht die Gehirne zuwucherten. Damals erobern nicht nur die Beatles die Welt und die guten alten Röhrenradios, sondern in ihrem Gefolge auch die vielen deutschen Beat-Kapellen, die in der Nachfolge der Fab Four die Verstärker anwerfen und auf die Bühnen ihres geteilten Landes steigen. Den Unterschied zum Original hört man damals wie heute – zum Beispiel eben bei der Kantine Band – schon daran, daß aus dem englischen „baby“ unweigerlich ein „bebe“ wird. Und das klingt dann doch ziemlich anders und sehr, sehr charmant …

Doch die Beautiful Kantine Band beschränkt sich nicht etwa auf pure Retro-Bedürfnisbefriedigung, sondern lässt mit ebenso viel Sachverstand wie Spielfreude in den guten alten Beat (beispielsweise in den äußerst gelungenen Coverversionen von „Raw Hide“ oder „Batman Theme“) auch die letzten 40, 50 Jahre Pop- und Rockgeschichte einfließen. Man nehme nur den eingangs zitierten Song „Genug von Dir“, in dem die fröhliche Tanzboden-Naivität der Bambis eine gelungene Verbindung mit der Punk-Attitüde der Ramones eingeht. Überhaupt werden bei diesem vulkanischen Twist nicht nur kitschige „Boy meets girl“-Sentenzen oder unglückliche Liebesgeschichten zelebriert, wie man das aus der Popmusik bis zum Überdruss kennt. Die Kantine-Musiker und -innen wissen, wie sich das Beziehungsleben abspielt, wie schwer man es mit dem sogenannten Lebensabschnittspartner haben kann. Und so ist es auch kein Wunder, dass Herr Kantine einmal so herzergreifend singt: „Wenn ich im Bett lieg’ neben dir – und wein’ …“

Ja, das Leben kann so traurig sein. Wissen wir doch alles. Doch wenn die Gitarren, der Bariton, das Schlagzeug und die Stimmen erklingen, wenn das Tanzbein in Bewegung kommt, dann ist es Zeit für einen Abend (oder eine CD lang) Eskapismus. Und genauso klingt „Twist auf dem Vulkan“ auch, obwohl das Cover der Platte ganz in Grau, Schwarz und Weiß daherkommt, wie auch die Bühnenkostüme der Beautiful Kantine Band. Damals war die Welt eben noch nicht in Farbe, weil sich sowas kein Mensch leisten konnte. Aber sie funktionierte trotzdem ganz gut. So wie diese Platte eben.

Hörproben auf www.beautiful-kantine.at

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