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Tanner: Frauen als "Wegbereiterinnen für Friedensschaffung"

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP)
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) ©APA/ROLAND SCHLAGER
Im Verteidigungsministerium in Wien endete am Donnerstag eine hochrangig besetzte zweitägige ExpertInnenkonferenz über "Frauen, Frieden und Sicherheit" zum 25. Jahrestag der Verabschiedung der UNO-Resolution 1325. Im Jahr 2000 wurde von den Vereinten Nationen die aktive Rolle von Frauen in der Konfliktprävention und beim Aufbau von nachhaltigem Frieden anerkannt.

Einstimmig wurden damals Grundsätze weiblicher Partizipation in allen Sicherheitsfragen verankert, darunter der Zugang zu allen Positionen in Streitkräften, die Teilnahme an Friedensprozessen, Schutz vor sexueller Gewalt vor allem in Konflikten und Mitwirkung beim Wiederaufbau.

Tanner: 25 Prozent Frauen im Bundesheer angestrebt

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner betonte in ihrem Einleitungsreferat die Wichtigkeit, Frauen sowohl beim Sicherheitsdialog wie auch beim Dienst in Streitkräften stärker zu beteiligen. "Frauen werden nicht mehr als Opfer von Konflikten, sondern als Wegbereiterinnen für Friedensschaffung angesehen", so Tanner. Im Bundesheer werde ein Anteil von 25 Prozent an weiblichem Personal angestrebt. Österreich sei mit mehreren Projekten an der Umsetzung der "Women, Peace and Security" (WPS)-Resolution beteiligt.

So laufe bis 2029 ein Lehrgang für Frauen zum Einsatz von Munition. Im Nahen Osten und Nordafrika finde ein Training über Geschlechterthemen in Armeen statt. Für Journalisten würden gemeinsam mit der OSZE Kurse zum richtigen Verhalten in militärischen Konflikten veranstaltet. "Als neutrales Land kooperiert Österreich mit seinen Partnern zur Konfliktverhütung und Friedensschaffung", so Tanner. "Sicherheit endet nicht länger an den Grenzen eines Landes, sondern erfordert Kooperation auf allen Ebenen."

In der Podiumsdebatte zur "Rolle internationaler Organisationen und friedenserhaltenden Einsätzen" beklagte Generalleutnantin Cheryl Pearce vom "UN-Office for Military Affairs", dass "WPS"-Themen noch immer zu wenig implementiert würden. "Der Einsatz weiblicher Soldaten wird leider oft wie die Entsendung eines Lastwagens behandelt, nicht als Prinzip", so die australische Generalin. Wegen der Zunahme globaler Konflikte und finanzieller Probleme würden Geschlechtsperspektiven heute noch immer zu wenig in Planung und Durchführung militärischer Aktionen berücksichtigt. Frauen in Führungsrollen in Armeen sollten weltweit zur Normalität werden.

Irene Fellin, Sondergesandte für Geschlechterthemen im NATO-Generalsekretariat in Brüssel, betonte den aktuellen Wandel der Sicherheitspolitik. So müssten heute auch Demokratie und Lebensweise, Medienfreiheit oder die Systeme zur Energieversorgung verteidigt werden. Russland bedrohe durch seine hybride Kriegsführung nicht nur die Grenzen der Partnerländer. In der Ukraine sei die zivile Widerstandsfähigkeit durch den Einsatz von Frauen in der Armee massiv gestärkt worden. "Kein Land kann sich nur mit der Hälfte seiner Bevölkerung verteidigen" so die italienische Sicherheitsexpertin. In steigendem Ausmaß würden Frauen und Kinder wieder Opfer von militärischen Konflikten.

In Schweden Wehrpflicht auch für Frauen

Generalmajorin Laura Swaan Wrede, Mitglied von Schwedens "Home Guard" und frühere Vizechefin des schwedischen Generalstabs, betonte die lange Tradition der Gleichberechtigung in Schweden. Schon vor über 40 Jahren seien alle Positionen im schwedischen Militär Frauen geöffnet worden. 2017 sei die Wehrpflicht wieder eingeführt worden, auch für Frauen. Die ganze schwedische Gesellschaft sei an der Verteidigung des Landes beteiligt. Swaan Wrede beklagte weltweite Rückschritte bei der Implementation der UN-Resolution 1325. "Die Beachtung von Gender-Themen passt noch immer nicht zu maskuliner Hierarchie und zur modernen Kriegsführung", so Swaan Wrede. Die Beschäftigung von militärischen "Gender"-Beratern, meist Frauen, müsse an die Praxis von friedensbildenden Aktionen angepasst werden. Dazu gehöre die Aufnahme von lokalen ExpertInnen in der Region des Einsatzes, um auf lokale Bedürfnisse besser eingehen zu können.

Col. Jayne Lawlor, Offizierin und erste Gender-Beauftragte der irischen Streitkräfte, erwähnte Sicherheitsprobleme durch Anwesenheit von UN-Friedenstruppen. Bei ihrem Einsatz in Liberia konnte sie die Ausweitung von Prostitution rund um Anwesenheit von männlichen Blauhelm-Soldaten beobachten. "Hier muss die Aufklärung über die sozialen Wurzeln, die zur Prostitution führen, verstärkt werden".

Generalmajorin Anita Asmah von den Streitkräften Ghanas berichtete den langen Weg zur Erreichung der Gleichstellung von Frauen in der nationalen Armee. Obwohl die Teilnahme von Frauen in der Armee schon bei der Unabhängigkeit Ghanas 1960 verankert wurde, war dies viele Jahre auf Hilfstätigkeiten wie Köchinnen, Krankenschwestern und Putzfrauen beschränkt. Ab 2016 änderte sich dies, auch auf Betreiben des UN-Generalsekretärs Kofi Annan aus Ghana. "Heute gibt es Geschlechtsneutralität in allen Vorschriften der Armee", so Asmah, die von 2021 bis 2023 Vize-Kommandantin des UNDOF-Truppenkontingents auf den Golan-Höhen war. Von 1974 bis 2013 waren dort auch Soldaten des österreichischen Bundesheeres stationiert.

Tochter des jordanischen Königs Kampfjetpilotin

Oberstin Manal Abu Al Ghanam von den jordanischen Streitkräften berichtete über die zahlreichen Einsätze zur Friedensschaffung und -Sicherung im Nahen Osten und Nordafrika. Die Mitwirkung von weiblichen Offizieren habe eine positive Auswirkung auch auf die jordanische Zivilgesellschaft. "Unsere Revolution schreitet voran und ist unumkehrbar", so Abu Al Ghanam.

In der jordanischen Armee arbeitet eine Tochter des jordanischen Königs als Pilotin eines Kampfjets. "Das hatte Auswirkungen auf die Rolle von Frauen in unserer Gesellschaft", so Oberstin Abu Al Ghanam, Frauenbeauftragte der jordanischen Armee. "In unserer Armee haben nur die Besten aus dem Volk Platz. Egal ob Mann oder Frau."

(APA)

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