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Taiwan: Peking fordert Eingreifen der USA

Die Regierung in Peking hat die Entscheidung des taiwanesischen Präsidenten Chen Shui-bian, den "Nationalen Wiedervereinigungsrat" zu suspendieren, am Dienstag scharf kritisiert.

Chens Schritt werde ein „Desaster“ zur Folge haben, erklärte die Kommunistische Partei Chinas laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Eine solche „Provokation“ bedrohe den Frieden und die Stabilität in der gesamten asiatisch-pazifischen Region. Peking werde sich jedoch weiterhin um eine friedliche Lösung des Konflikts bemühen. Das chinesische Außenministerium forderte die USA zum Eingreifen auf.

Der chinesische Volkskongress, das Parlament in Peking, hatte im Vorjahr ein „Antisezessionsgesetz“ verabschiedet, das den Einsatz militärischer Gewalt gegen die Insel für den Fall einer Unabhängigkeitserklärung ermöglicht. Die USA hatten mit dem „Taiwan Relations Act“ von 1979 vertraglich garantiert, der Insel im Fall eines Angriffs zu Hilfe zu kommen. 1996 hatte der damalige US-Präsident Bill Clinton Flugzeugträger in die Straße von Formosa entsandt, als die Kommunisten auf dem Festland während der ersten demokratischen Präsidentenwahl auf der Insel demonstrativ Raketen abfeuerten.

Washington solle „konkrete Maßnahmen“ ergreifen, um weitere Aktionen zur Abspaltung Taiwans zu verhindern, sagte der Pekinger Außenamtssprecher Liu Jianchao. US-Außenamtssprecher Adam Ereli hatte beide Seiten am Montag zu Gelassenheit und zu neuen Verhandlungen über bessere Beziehungen aufgerufen. Präsident Chen solle keine weiteren einseitigen Schritte unternehmen, um den Status von Taiwan zu ändern, sagte der US-Sprecher.

Chen verteidigte seine Entscheidung vom Montag, den Wiedervereinigungsrat – ein 1990 geschaffenes Konsultativorgan ohne Beschlusskompetenzen – zu suspendieren. Das Gremium habe in der Bevölkerung keinen Rückhalt, argumentierte der Präsident am Dienstag. Den Menschen werde durch die früheren Richtlinien die Wahl genommen, sich frei für ihre Zukunft zu entscheiden, da sie die „Vereinigung als einzige Möglichkeit“ vorsähen.

Die nach ihrer Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten 1949 auf die Insel Taiwan geflüchtete nationalchinesische Regierung hatte bis 1971 den chinesischen UNO-Sitz sowie einen der fünf Ständigen Sitze im Weltsicherheitsrat inne. 1971 wurde die Regierung in Peking von der UNO als alleinige rechtmäßige Regierung von ganz China anerkannt; damit wurde ihr der chinesische UNO-Sitz zugesprochen.

Die Formel „Ein Land – zwei Systeme“, die Peking der Insel für die Wiedervereinigung angeboten hat, war von der taiwanesischen Regierung als untauglich und als „Schwindel“ abgelehnt worden. Taipeh reagierte damit auf den Beschluss Pekings, dem Sonderverwaltungsgebiet Hongkong – nach der Rückgabe der britischen Kronkolonie an China – jede Möglichkeit zu nehmen, eigenständig über den regionalen Wahlmodus zu entscheiden und den Verwaltungschef direkt zu wählen.

Nach Presseberichten hatte die US-Regierung den Asien-Direktor im Nationalen Sicherheitsrat, Dennis Wilder, zuletzt vergeblich nach Taipeh entsandt, um Chen Shui-bian von seinem Schritt abzuhalten. Der Präsident beteuerte, nicht einseitig den Status quo verändert zu haben. Vielmehr habe Peking mit der Bedrohung durch 800 Raketen und das Anti-Abspaltungs-Gesetz die Lage verändert.

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