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Steuern: Kalte Progression frisst Lohnerhöhungen

ÖGB: Kalte Progression kostet ein Viertel der Lohnerhöhungen
ÖGB: Kalte Progression kostet ein Viertel der Lohnerhöhungen ©AP
Mit neuen Berechnungen zur "kalten Progression" will der ÖGB Druck für eine rasche Steuerreform machen.

Einen Arbeiter mit 1.700 Euro Brutto kostet die “kalte Progression” demnach schon heuer 37 Euro monatlich, bis 2018 wären es 67 Euro.

Lohnverhandlungen “nur für den Finanzminister”

ÖGB-Präsident Erich Foglar (SPÖ) kritisiert daher im Gespräch mit der APA, “dass wir eigentlich die Lohnerhöhungen fast nur für den Finanzminister verhandeln.”

Bis 2018: Kalte Progression kostet 3,9 Mrd. Euro

Die Regierung rechnet bis 2018 mit einem Anstieg der Lohnsteuereinnahmen von heuer 26 auf 31,9 Mrd. Euro. Wie groß der Anteil der “kalten Progression” dabei ist, geht aus den Budgetunterlagen des Finanzministeriums nicht hervor. Die Innsbrucker “Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung” kommt für heuer auf einen Wert von 2,6 Mrd. Euro für Lohn- und Einkommensteuer gemeinsam. Allein für die Lohnsteuer rechnet der ÖGB heuer mit 2,1 Mrd. Euro, 2018 wären es ohne Steuerreform demnach bereits 3,9 Mrd. Euro.

Steuern: Viertel der Lohnerhöhungen weg

“Die kalte Progression kostet uns über vier bis fünf Jahre rund ein Viertel der Lohnerhöhungen”, sagte Foglar mit Verweis auf die ÖGB-Berechnungen für Bezieher niedriger Einkommen. Er fordert daher, dass der Steuertarif künftig entweder regelmäßig an die Inflation angepasst oder durch die Einziehung zusätzlicher Tarifstufen abgeflacht wird. Die Steuerreform müsse daher zwei “Kernelemente” haben, betont Foglar: “Der Eingangssteuersatz muss runter und wir brauchen dringend eine Tarifreform, damit die kalte Progression ausgeglichen wird. Sonst haben wir nach drei Lohnerhöhungen die Steuersenkung wieder egalisiert.”

Höhere Steuerklasse, mehr Lohnsteuer

Die kalte Progression entsteht dadurch, dass Arbeitnehmer nach den jährlichen Lohnrunden in höhere Steuerklassen vorrücken und damit mehr Lohnsteuer zahlen, auch wenn ihr Einkommen (wegen der Inflation) gar nicht an Kaufkraft gewinnt. Wie sich dieser Effekt auf die einzelnen Lohnsteuerzahler auswirkt, hat der ÖGB durchgerechnet. Ergebnis: Von 2009 auf 2014 haben die inflationsbedingten Steuererhöhungen je nach Einkommenshöhe zwischen zwölf und 24 Prozent der Nettolohnerhöhungen aufgezehrt.

ÖGB-Beispiel: Der Effekt der kalten Progression

Als Beispiel durchgerechnet hat der ÖGB u.a. einen Arbeiter, dessen Monatsgehalt seit 2009 – also seit dem Jahr der letzten Steuerreform – von 1.500 auf 1.722 Euro brutto angestiegen ist. Ohne “kalte Progression” wären ihm demnach bei einem Brutto-Gehaltsplus von 222 Euro netto 152 Euro monatlich übrig bleiben. Tatsächlich lag die Nettolohnerhöhung der Berechnung zufolge aber nur bei 115 Euro, also um 37 Euro (bzw. 24 Prozent) niedriger. Sollte bis 2018 keine Steuerreform erfolgen, dann würde der Verlust durch die “kalte Progression” auf 64 Euro pro Monat ansteigen. Abzüglich Inflation käme sogar ein Reallohnverlust heraus.

Für seine Modellrechnung geht der ÖGB von einer jährlichen Steigerung der Bruttolöhne um durchschnittlich 2,8 Prozent aus. Je nach Einkommenshöhe ergibt sich dabei bis 2018 ein Verlust durch die “kalte Progression” zwischen 64 Euro und 149 Euro monatlich. Ersteres für Arbeitnehmer, die 2009 1.500 Euro monatsbrutto verdient haben, letzteres bei 6.000 Euro Monatsbrutto.

ÖGB-Chef drängt auf rasche Steuerreform

Foglar drängt daher auf eine baldige Steuerreform. Die Steuerreformkommission der Regierung müsse “raschest” ihre Arbeit aufnehmen, das konkrete Modell solle dann bis Jahresende stehen und 2015 beschlossen werden. In Kraft treten könnte die Reform aus Foglars Sicht schrittweise. Von fehlendem finanziellen Spielraum für eine Reform will Foglar nichts hören, wie er betont: “Dass der Finanzminister immer sagt, er hat kein Geld, ist ein logischer Reflex.” Der ÖGB-Präsident pocht vielmehr auf ein “Umdenken” der ÖVP in punkto Gegenfinanzierung durch Vermögenssteuern: “Wir wollen nicht mehr (an Vermögenssteuern, Anm.) als im OECD-Schnitt.”

(APA/red)

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