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Steuer frisst Lohnerhöhung

Höchste Steuerbelastung auf Arbeitseinkommen seit 1980 - Steuerrefom vorziehen. Die Lohnverhandler tun sich schwer, weil von der KV-Runde netto nur ein Bruchteil bleibt. Auswirkung von KV-Lohnerhöhungen [1,0MB]

Es mag schon stimmen, dass auch der zweite Anlauf derMetaller-Lohnrunde Donnerstag letzter Woche maßgeblich daran scheiterte, dass die von den Gewerkschaftern geforderte „Nachhaltigkeit“ der Lohnerhöhung (also eine hohe prozentuelle, den saftigen Gewinnen der Unternehmen angemessene Aufstockung) und die von den Arbeitgebern verfochtene Linie – möglichst hohe Einmalzahlung, um nicht die Ausgangsbasis kommender Jahre zu belasten – so schwer unter einen Hut zu bringen sind. Ein Hauptverhinderer jeder Einigung ist freilich, auch wenn er auf dem Ohr notorisch taub wirkt, Finanzminister Wilhelm Molterer.

Schon im Vorfeld der heurigen Metaller-Lohnrunde, der bekanntlich Signalwirkung für alle folgenden Tarifgespräche bescheinigt wird, hatten deren Vorarlberger Akteure – Christoph Hinteregger als stv. Arbeitgeber-Chefverhandler und ÖGB-Landeschef Norbert Loacker – die Absicht bekräftigt, einen gemeinsamen Sozialpartnervorstoß bei Molterer zu initiieren und mitzutragen, die auf 2010 hinausgeschobene Steuerreform unbedingt vorzuziehen.

Mahner WIFO und IHS

„Wir haben keine Lust und keine Bereitschaft, nächtelang um Tarifabschlüsse zu ringen, deren größter Nutznießer nicht der Metallbeschäftigte, sondern der Finanzminister ist“, so die Vorarlberger KV-Gestalter unisono zu den „VN“. Dass sie ob dieser Kritik weder des Opportunismus noch der „Systemschlechtrederei“ geziehen werden können, zeigt ein Blick auf Wortmeldungen der Chefs von WIFO und IHS, Aiginger und Felderer: „Kapital, Verbrauch und Ressourcen deutlich stärker und den Faktor Arbeit deutlich geringer als gegenwärtig zu besteuern, würde in Österreich das Wachstum fördern und die Beschäftigung ankurbeln“, ließen die Experten wissen. Und verwiesen auf eine aktuelle OECD-Statistik, derzufolge europaweit nur ein Land noch mickrigere Steuern auf Vermögen erhebt als Österreich.

Auf Ersuchen der „VN“ hat der Dornbirner Steuerexperte Mag. Martin Feurstein (Kanzlei Dr. E. Igerz & Co) vorgerechnet, wie viel der Finanzminister – auch via Steuerprogression – ohne einen Finger zu rühren „mitschneidet“, wenn bei angenommenen Bruttoeinkommen von 2500, 3000 oder 3500 Euro KV-Lohnerhöhungen von 3,6 bzw. 3,9 bzw. 4,2 Prozent wirksam werden sollten. Feurstein, demzufolge österreichische Arbeitseinkommen heute der höchsten realen Steuerbelastung seit 30 Jahren unterliegen, forderte im „VN“-Gespräch vor allem eine „spürbare Entschärfung der Progressionsstufen“. Er verweist auf die Beispiele Liechtensteins, Dänemarks und der Niederlande, wo „der Steuerprogressionstarif automatisch neu angepasst wird, sobald die Inflationsrate einen bestimmten Wert übersteigt – ein Mechanismus, mit dem zumindest die ,kalte ProgressionÑ effizient in Zaum gehalten wird“ (Feurstein).

Vermögen besteuern

Wie überfällig es wäre, die Steuerreform am besten auf 2008 vorzuziehen, belegt die Grafik eindrucksvoll. Von 193,04 Euro beispielsweise, die ein Arbeitgeber aufwenden muss, um einem Mitarbeiter mit 3500 Euro Monatsbrutto 4,2 Prozent KV-Erhöhung zuteil werden zu lassen, bleiben dem Mitarbeiter gerade mal 67,99 Euro. Oder rund 35 Prozent der Erhöhung. Die anderen 65 Prozent „fressen“ Finanzminister, Sozialversicherung, Standortgemeinde etc. auf. Diese Ausquetschung der Arbeitnehmer ist freilich nur abzustellen oder wenigstens zu lindern, indem Österreich endlich einen vernünftigen Modus für Vermögens- und Substanz-Besteuerung sucht und auch praktiziert.

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