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Steht Slowenien vor Neuwahlen?

Die Slowenen haben ihrer Regierung eine rote Karte gezeigt. Gleich drei Gesetze wurden von den Slowenen abgelehnt.

Die Slowenen haben ihrer Regierung eine rote Karte gezeigt. Gleich drei von der Mitte-Links-Regierung verabschiedete Gesetze, darunter die wichtige Pensionsreform, haben sie bei den Volksabstimmungen am gestrigen Sonntag jeweils mit einer Drei-Viertel-Mehrheit abgelehnt. Nach der dreifachen Niederlage sieht sich Premier Borut Pahor mit Forderungen nach seinem sofortigen Rücktritt und nach vorgezogenen Neuwahlen konfrontiert. Politische Beobachter bezweifeln jedoch, dass es in Slowenien erstmals zu einem solchen Urnengang kommen könnte.

Obwohl Pahor die schwerste Niederlage in seiner politischen Karriere erlitten hat, lehnt er seinen Rücktritt ab. Er und seine Regierung hätten die Arbeit getan, argumentierte der Premier am Sonntagabend. Stattdessen sucht er nach einem ehrenhaften Ausweg in dem angekündigten Sparpaket, mit dem er im Parlament die Vertrauensfrage stellen will. “Persönlich neige ich zu Neuwahlen. Aber der Weg dorthin ist zu lang und voll von Unbekannten, die die politische Krise verlängern und die Reformen aufschieben würden. Das kann sich Slowenien nicht leisten”, sagte Pahor. Der Premier, der sich weiterhin als den besten Mann für die schwierige Arbeit sieht, zeigt sich bereit weiterzumachen, solange er das Mandat dafür hat.

Die konservative Opposition kritisiert diese Haltung als arrogant. Auch politische Beobachter finden, dass die Regierung der Botschaft der Wähler zuhören sollte. Diese haben klar und deutlich gezeigt, dass sie die Nase voll von ihr haben. “In jedem normalen Land würde die Regierung bei solchem Ergebnis zurücktreten. Diese Regierung wird das aber nicht tun, denn sie hat keinen Kontakt mit der Realität”, meinte der PR-Experte und frühere Pressesprecher von Pahors Sozialdemokraten, Sebastjan Jeretic. Die Beobachter sind einig, dass die niedrige Glaubwürdigkeit der Regierung ihre Arbeit in der Zukunft weiter erschweren wird. Umfragen zufolge sind 80 Prozent der Slowenen mit der Mitte-Links-Regierung unzufrieden.

In solcher Situation zeigen sich vorgezogene Neuwahlen theoretisch als die beste Lösung. Kaum jemand glaubt jedoch, dass sie tatsächlich durchgeführt werden können. Scheitern dürfte diese Möglichkeit an den Parlamentsabgeordneten, die dem vorzeitigen Ende ihrer Mandate zustimmen müssten. “Jetzt haben sie ihr Job noch eineinhalb Jahre gesichert, mit vorgezogenen Neuwahlen riskieren sie, dass sie nicht wiedergewählt werden”, sagte der Verfassungsexperte Miro Cerar.

Aus diesem Grund hat Pahor auch Chancen, die Vertrauensfrage über das Sparpaket im Parlament zu gewinnen, obwohl seine Koalition keine Mehrheit mehr hat. Zudem nützt der Status Quo auch Oppositionsführer Janez Jansa, der zwar lautstark für vorgezogene Neuwahlen wirbt. Obwohl der Ex-Premier in diesem Moment die Wahlen gewinnen würde, nutzt ihm eine möglichst lange Agonie der Mitte-Links-Regierung mehr. “Jede Woche, in der diese Regierung auf der Macht bleibt, ist vorteilhaft für Jansa”, sagte der Politikexperte und Meinungsforscher Vlado Miheljak in einem APA-Gespräch mit Hinblick auf den Sinkflug der Koalitionsparteien in den Umfragen. Jansas Demokratische Partei (SDS) ist derzeit mit Abstand beliebteste Partei des Landes, aber nicht wegen eigenen Zugewinnen, sondern wegen des Einbruchs der Koalitionsparteien, allen voran Pahors Sozialdemokraten.
(Quelle : APA)
Der Weg zu vorgezogenen Neuwahlen führt laut slowenischer Verfassung über ein mehrstufiges Verfahren, in dem die Abgeordneten das letzte Wort haben. Pahors Rücktritt würde nicht automatisch zu Neuwahlen führen. Erst nach drei gescheiterten Versuchen für eine Neuwahl des Regierungschefs könnte der Präsident das Parlament auflösen und Wahlen ausschreiben. Ähnlich ist es auch bei der Vertrauensfrage. Auch hier haben die Abgeordneten zuerst die Möglichkeit, einen neuen Premier zu wählen oder dem bisherigen in einer zweiten Abstimmung das Vertrauen auszusprechen.

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