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Stadthalle für Derivat-Geschäfte kritisiert

Die Wiener Stadthalle verlässt sich auf Finanzderivate.
Die Wiener Stadthalle verlässt sich auf Finanzderivate. ©Pan/pixelio.de
Die Wiener Stadthalle veranstaltet nicht nur Events, sondern hat auch Finanztermingeschäfte laufen - für die sich nun das Kontrollamt brennend interessiert.
Wiener Linien ernten Lob und Kritik

Konkret geht es um ein Derivatportfolio, das zur Absicherung des Zinsänderungsrisikos aus der Finanzierung der 2006 fertiggestellten Halle F dient. Die Prüfer kamen in ihrem am Freitag veröffentlichen Bericht zu dem Ergebnis, dass durch den Einsatz einzelner derivativer Finanzinstrumente neue Risiken begründet wurden, welche nicht der Absicherung des Grundgeschäfts – eine Leasingvereinbarung – dienen würden. Die Stadthalle wies die Kritik zurück.

Die fragliche Halle F

Die Halle F wurde von einer Fremdfirma errichtet und von der Stadthalle geleast. Das dem Leasingvertrag zugrunde gelegte Investitionsvolumen beträgt lautKontrollamt 29,50 Mio. Euro. Die Vereinbarung sei ursprünglich mit einem Restwert von 9,075 Mio. Euro und einer Laufzeit von 25 Jahren abgeschlossen worden. Im Oktober 2010 wurde die Laufzeit um fünf Jahre verlängert und der neue Restwert mit 8 Mio. Euro berechnet.

Zum Stand Frühjahr 2011 habe die monatliche Leasingrate 94.500 Euro betragen. Die Verrechnung basiere auf einem variablen Sechs-Monats-Euribor. Um das Risiko eines Anstiegs des Zinssatzes abzufedern, setzt die Stadthalle auf Derivatgeschäfte. Bisher sind davon laut Kontrollamt 16 abgeschlossen worden. Dabei handelt es sich um höchst komplexe Produkte: Zum Stichtag am 30. Juni 2011 bestand das Portfolio aus zwei Optionen, zwei Swaptions sowie einem Cross-Currency-Swap.

Eine vorläufige Bewertung desKontrollamts zum Stichtag ergab, dass der bisherige Gesamtertrag insgesamt 123.878,66 Euro betrug. Abzüglich der Aufwendungen für einen externen Finanzdienstleister, der 2010 engagiert wurde, sei ein vorläufiger Gewinn von 65.227,66 Euro erwirtschaftet worden.

Prüfer kritisch gegenüber G’schäfterln

Kritisch äußerten sich die Prüfer über den Einsatz einzelner dieser Finanzinstrumente. So könnte etwa das vorläufig positive Gesamtergebnis aufgrund eines drohenden Verlustes aus einem “Knock-in (Kick-In-At-The-End) Put-Optionsgeschäfts” ins Minus drehen. Das Eingehen dieses Deals wurde als “unverständlich” bezeichnet. Dabei ging es um Geschäfte mit Schweizer Franken. Ein Risikomanagement sei nicht vorgelegen, hieß es.

Einen Verbesserungsvorschlag gab es weiters für die Erstellung der Jahresabschlüsse: Bis 2010 seien die Derivatgeschäfte als Gesamtheit bewertet worden, wodurch allfällige negative Marktwerte unberücksichtigt geblieben seien. Künftig sollten die für eine Übersicht über die Lage erforderlichen Details dargestellt werden. Im Kontrollamtsbericht wurde auch darauf hingewiesen, dass erst zum Zeitpunkt der Beendigung und Abrechnung sämtlicher Geschäfte im Rahmen der Finanzderivataktivitäten eine abschließende Beurteilung vorgenommen worden könne.

Nicht nur die Zinsabsicherung an sich, auch die Zahlung der Leasingraten für die Halle F ließ das Kontrollamt stutzen. Die Erträge reichten zur Bedienung nämlich bisher nicht aus, wie festgestellt wurde. Und die Situation könnte sich sogar noch zuspitzen: Denn 2010 sank die Auslastung der Halle F auf rund 70 Prozent pro Veranstaltungstag. In den Jahren davor waren es noch bis zu 87 Prozent gewesen.

Anzahl der Events zu gering

Auch die Anzahl der Event-Tage selbst könnte laut Kontrollamt höher sein. Theoretisch wäre die Halle an rund 220 Tagen im Jahr zu bespielen, wobei hier die Sommermonate bzw. die für Instandhaltung notwendigen Tage abgezogen wurden. Mit Ausnahme des Jahres 2007 wiesen die einzelnen Jahre seit 2006 jedoch weniger als 130 Belegungstage aus. Was zu folgender Empfehlung führte: Man möge doch überlegen, “mit welchen neuen Veranstaltungsformaten bzw. publikumsträchtigen Serienveranstaltungen” diese Zahl erhöht werden könnte.

Stadthalle: Keine Verluste erlitten

Zum veröffentlichten Kontrollamtsbericht Wiener Stadthalle – Prüfung von Finanztermingeschäften und der Monierung des Kontrollamtes zu diversen Geschäften stellt die Wiener Stadthalle folgendes fest: “Das Derivatportfolio der Wiener Stadthalle dient ausschließlich zur Zinssicherung der Leasingfinanzierung der Halle F. Die Leasingfinanzierung für die Halle F ist langfristig angelegt, mit einem Zeithorizont bis zum Jahr 2035. Das Portfolio zur Zinssicherung steht somit in Bewertungseinheit zum Grundgeschäft dieser Immobilienleasingfinanzierung. Alle Derivate der Stadthalle dienen ausschließlich zur Zinsabsicherung.”

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