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"Spielzeug für Erwachsene"

Es ist das derzeit wohl spektakulärste Autoprojekt des Jahres 2007. Der Motorradhersteller KTM zog erstmals in Mattighofen das Tuch vom Auto. Die NEUE war dabei.

Jetzt hat der Countdown für das erste Auto von Europas zweitgrößtem Motorradhersteller begonnen. Gestern ließ Vorstandschef Stefan Pierer in kleinem Kreis in Mattighofen einen ersten Blick auf den KTM ,,X-Bow“ werfen, der am 6. März auf dem Genfer Automobilsalon Weltpremiere feiern und gegen Jahresende in einer ersten Kleinserie auf die Straße kommen wird.

Startklar

Wie angekündigt, handelt es sich beim KTM-Auto um einen zweisitzigen puristischen Leichtbau-Sportwagen, der keine 700 Kilogramm auf die Waage bringt und von einem Audi-Motor angetrieben wird. Vor zwei Wochen hatte Pierer seinen Flitzer in Ingolstadt Audi-Chef Martin Winterkorn und dessen engsten Mitarbeitern präsentiert. Pierer: ,,Die waren alle ziemlich baff. Winterkorns erste Frage war: ,Ist das jetzt ein Motorrad oder ein Auto? Audi-Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg zeigt Respekt; ,,Guter Job. Wir lehnen uns zurück und schauen uns das mit einem Lächeln an.“

Angespannt

Pierer, der zugibt, ,,leicht angespannt zu sein,“ ist vom Erfolg überzeugt. ,,Es ist ein Abenteuer. Aber das Projekt wird einschlagen wie eine Bombe, weil wir hier etwas auf den Markt bringen, was es nicht gibt.“ Der Steirer sieht den extravagant gestylten „X-Bow“ als Crossover zwischen Motorrad und Auto und serviert eine ganz klare Positionierung: ,,Wir wollen gegen keinen Hersteller antreten, sondern die Nische besetzen, die der britische Sportwagenbauer Lotus vor gut 20 Jahren aufgegeben hat.“

Das so genannte Roll-out, die erste Ausfahrt, soll nach Weihnachten auf der Teststrecke bei Dallara in Italien erfolgen. Erstaunlich dabei: Vom ersten Strich des KTM-Designers Gerald Kiska bis zur Fertigstellung des fahrbereiten Prototypen vergingen nicht mehr zwölf Monate. Der nahe bei Parma beheimatete Kleinstserien-Sportwagenhersteller wird ab Herbst 2007 auch eine auf 100 Einheiten limitierte Exklusiv-Vorserie fertigen, die ersten Fahrzeuge sollen gegen Jahresende auf die Straße kommen. Zum Stückpreis von etwas über 40.000 Euro.

Den Business-Plan will der 50-jährige KTM-Chef erst danach erstellen. ,,Wir warten einmal die Reaktionen von Genf ab und schauen, welche Begehrlichkeit wir tatsächlich geweckt haben.“ Pierer geht aber davon aus, in einem vollen Jahr bis zu 1000 Fahrzeuge verkaufen zu können. Bei Dallara würde es allerdings nur eine Kapazität bis maximal 400 Autos geben. Pierer: ,,Läuft es so, wie wir es uns vorstellen, werden wir natürlich mit Magna reden. Das war immer klar.“

Pierer schätzt, bei einem vollen Modellzyklus nach rund 3500 Fahrzeugen in die Gewinnzone zu kommen. Die bisherigen Kosten beziffert KTM mit fünf Millionen Euro. Das Auto-Projekt wurde übrigens nicht in die börsennotierte KTM Power Sports AG integriert, sondern läuft unter der Flagge der Cross-Beteiligungsgruppe.

Die Märkte für den ,,X-Bow“ (abgeleitet vom englischen ,,Crossbow“, zu Deutsch: Armbrust) sieht Pierer vorerst in England, Deutschland, Schweiz, in den Niederlanden, Finnland, Portugal und Österreich. Amerika steht auch zur Diskussion. In Österreich sind drei Verkaufsstützpunkte angepeilt, bei Service- und Kundendienst wird man am Volkswagen-Konzernnetz andocken können.

Spielzeug

Welche Zielgruppe soll das KTM-Auto ansprechen? Pierer: ,,Der X-Bow ist kein Zweitauto. Auch kein Drittauto. Er ist ein Spielzeug. Aber für Erwachsene.“ Die Basisversion wird den aufgeladenen Audi-Zweiliter-Vierzylinder mit FSI-Direkteinspritzung haben, der 220 PS leistet. Die Topversion (S3) könnte bis zu 300 PS stark sein. Serienmäßig kommt ein manuelles Sechsganggetriebe zum Einsatz, optional wird auch das Direktschaltgetriebe DSG angeboten werden. Kernstück des 3,6 Meter langen offenen Straßen-Renners ist das Kohlefaser-Monocoque. Die Windschutzscheibe ist nur 70 Millimeter hoch, es gibt keine Türen und kein Verdeck, für die Abdeckung des Innenraums wird eine leicht montierbare Plane geliefert. Die ersten Autos werden übrigens in den traditionellen KTM-Farben Schwarz und Orange geliefert.

DIE GESCHICHTE VON KTM

Der Gründer. Das Unternehmen war 1937 von Hans Trunkenpolz gegründet worden. 1951 wurde unter dem Namen KTM (K steht für Ernst Kronreif, T für Trunkenpolz, M für Mattighofen) die Fertigung von Motorrädern gestartet.

Der Sanierer. 1991 hatte Stefan Pierer die KTM-Gruppe übernommen und aufgeteilt. Zu diesem Zeitpunkt bestand sie aus den Bereichen Fahrräder, Kühlerbau, Mofas und Werkzeug und musste nach einem missglückten Sanierungsversuch den Konkurs anmelden.

Das Unternehmen. Die KTM Sportmotorcycle AG ist eine 100-prozentige Tochter der börsennotierten KTM Power Sports AG. Hauptaktionär mit 75 Prozent ist die Cross Industrie AG von Stefan Pierer und Rudolf Knünz. KTM beschäftigt 1600 Mitarbeiter, baut 85.000 Motorräder und setzt über 500 Millionen Euro um.

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