Sie lebt davon, dass dem Menschen im Prozess des Erwachsenwerdens das Spielen nicht völlig abhanden kommt. Sie baut darauf, dass sich Erich Kästners Behauptung wieder und wieder bewahrheitet: Nur, wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch. Sabine Schwärzler spielt selber fürs Leben gern.
Monatlich in nicht weniger als vier Spielrunden, und dazwischen muss die Familie herhalten. Die älteste Tochter Verena ist Kindergärtnerin. Julia studiert Publizistik. Konstantin absolviert die Hotelfachschule. Wenn Zeit und Distanzen es zulassen, nehmen sie ein Brettspiel zur Hand. Es gibt ja genug davon. Vergangenes Jahr brachten die Produzenten 600 neue Brettspiele auf den Markt. Schwindlig könnte einem werden.
Mitunter Vorsicht geboten
Den Ostermontag beschloss Sabine Schwärzler mit einer Runde Compatibility. Da hat jeder Spieler 40 Bildkarten verfügbar. Man muss paarweise zu bestimmten Begriffen passende Karten auswählen. Und hoffen, dass der Partner möglichst dieselben Bilder aussortiert hat. So erfährt man beiläufig, ob der Spielpartner gleich tickt oder eben völlig anders. Gefährdet das schon mal ein Eheglück? Ach wo, pariert Sabine Schwärzler lachend, meine Eltern haben gewonnen. Aber sie gibt zu, dass sie etwa das Spiel Intrige aus eben diesem Grund ihrem Gatten nicht mehr zumuten wird.
Spiele kommen so leichtfüßig daher und bringen doch verdeckte Wahrheiten ans Tageslicht. Und sie können hilfreich sein. Rasch hat sich Sabine Schwärzler eine Handpuppe übergestreift, die nun geschwätzig schnell ihren Mund bewegt. Früher verwendeten hauptsächlich Psychologen diese Puppen, sagt Sabine durch die Puppe, um die Sprachbarriere belasteter Kinder zu überwinden. Heute findet man solche Puppen in fast jedem Kindergarten. Sie führen die Kleinen an der Hand ins Reich der Spiele.
Jedenfalls gewaltfrei
Dort sollte nach Schwärzlers Verständnis nur Gewaltfreies auf die Kleinen warten. Ein pädagogisch wertvolles Spiel sollte den Ansprüchen der Spieler gerecht werden. Es sollte deren Fähigkeiten fördern. Kartenspiele, die Grammatik vermitteln, stehen derzeit hoch im Kurs. Oder Wortschatzspiele wie der Sprechdachs. Manche Spiele helfen, logopädische Ziele zu erreichen. Andere kommen ganz ohne Sieger aus. Dann muss man als Gruppe dem Spielmechanismus ein Schnippchen schlagen. In der verbotenen Insel etwa kehrt die bedrohliche Flut immer wieder.
Der Vorgänger dieses Spiels kam zu Zeiten der Vogelgrippe auf den Markt. Er hieß Pandemie. So beweisen Spiel-Erfinder marktkonforme Aktualität. Und sie setzen gesellschaftliche Entwicklungen um. Seit drei, vier Jahren hält der Boom von Spielen, die man auch alleine spielenkann, an. Manche tragen den Bienenpicker als hauseigenes Gütesiegel. Alle können für Batzen, Sabine Schwärzlers eigene Währung, erworben werden. Die klingenden Münzen machen einfach mehr her als der übliche Gutschein. So trägt das ganze Bienenhaus bis hin zur antiken Registrierkassa luziden Charakter. Gute Spieler, weiß Sabine Schwärzler, gewinnen gern. Aber um ein guter Spieler zu werden, muss man erst lernen, sich einzulassen in ein Spiel. Da lernt man freilich viel über sich selber. Das liegt nicht jedem. So gesehen war das aber hier richtig am Platz.
Zur Person: Sabine Schwärzler Betreibt in Wolfurt das Bienenhaus mit pädagogisch wertvollen Spielen.
Geboren: 15. Juli 1962 in Bregenz
Ausbildung: Textilschule, Spielpädagogische Ausbildung, Erwachsenenbildung
Laufbahn: Nach Geburt der Kinder Mitarbeit in der Wolfurter Spielothek, seit 1999 im Bienenhaus
Familie: verheiratet, drei erwachsene Kinder
(VN)
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