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CL: Dortmund im Freudentaumel, Málaga spricht von "Rassismus"

Des einen Freud, des andern Leid...
Des einen Freud, des andern Leid... ©AP/Twitter
Am Ende regierte schwarz-gelber Wahnsinn. Dank zweier später Treffer geht das Dortmunder Fußball-Märchen in der Champions League weiter. Die Dramaturgie beim 3:2 gegen Málaga erinnerte an das unvergessene Finale von 1999 - nur diesmal mit Happy End für das deutsche Team. Die Spanier wittern dagegen eine Verschwörung, der Präsident spricht von "Rassismus".
Dortmund nach Krimi gegen Malaga im CL-Halbfinale

Torhüter Roman Weidenfeller erklomm als erster den Zaun vor der tosenden Südtribüne. Nur wenige Sekunden später folgten seine Mitspieler und eröffneten die rauschende Party-Nacht von Dortmund. Ein fahler Beigeschmack bleibt jedoch: Der Siegtreffer hätte nicht fallen dürfen, “n-tv” schreibt vom “Fünffach-Abseits”.

Kloppo kurz vor dem Herzinfarkt

Das Fußball-Wunder gegen Málaga versetzte alle Beteiligten in pure Ekstase. Noch lange nach dem denkwürdigen 3:2 (1:1) bebte das Stadion in seinen Grundfesten.”Wir waren alle kurz vorm Herzinfarkt”, kommentierte Trainer Jürgen Klopp die historische Aufholjagd. Das Spiel für die Ewigkeit erlebte auch Sportdirektor Michael Zorc wie im Rausch: “Das waren die aufregendsten 120 Sekunden meines Lebens.”

Niemand wollte nach Hause, keiner verschwendete einen Gedanken an Schlaf. Nach zwei Treffern in der Nachspielzeit von Marco Reus (90.+1) und Felipe Santana (90.+3) feierten Fans und Profis den ersten Halbfinal-Einzug des BVB in der europäischen Königsklasse seit 15 Jahren. Ungläubig schüttelte Nuri Sahin den Kopf. “Heute war der liebe Gott auf unserer Seite”, sagte der erst in der Schlussphase eingewechselte Mittelfeldspieler, “jeder einzelne von uns wird diese Partie niemals vergessen.” Zorc pflichtete bei: “Dieses Spiel wird in der Vereinsgeschichte einen festen Platz einnehmen. Es gibt nicht viel Vergleichbares.”

Erinnerungen an ManU gegen Bayern 1999

Die Dramaturgie der magischen Nacht erinnerte an das außergewöhnliche Champions-League-Finale von 1999 in Barcelona, als Manchester United dem FC Bayern beim 2:1 den Titel mit zwei Toren in den Schlussminuten noch entrissen hatte. Selbst der ansonsten redegewandte Klopp rang in erster Aufregung nach Worten: “Die größten Spiele in der Geschichte des Fußballs sind nicht in Erinnerung geblieben, weil sie so fantastisch waren, und der eine Gegner so total unterlegen war, sondern weil es eng war und es am Ende eine Wendung gab, die man nicht mehr für möglich gehalten hätte.”

Spätestens nach der zweiten Führung der starken Gäste durch den eingewechselten Eliseu (82.) – für das 1:0 hatte Joaquín in der 25. Minute gesorgt – schien die märchenhafte Reise der Borussia durch Europa zu Ende. Zu diesem Zeitpunkt hatte auch Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke alle Hoffnung bereits aufgegeben. “Ich bin fix und fertig. Wir waren ja schon tot.”

Anders als in den bisherigen Spielen und dem 0:0 in Malaga wirkte der BVB auch nach dem zwischenzeitlichen 1:1 durch Robert Lewandowski (40.) lange Zeit gehemmt und suchte vergeblich nach Spielfluss. “Man muss Fußballspiele auch an regnerischen Tagen gewinnen. Heute hat es bei uns sogar richtig geschifft. Wir mussten das Glück erzwingen”, befand Klopp.

Taktische Wechsel und ein Quentchen Glück

Mit ungewöhnlichen Maßnahmen leitete der Coach die Wende ein. Innenverteidiger Santana wurde in die Sturmspitze beordert, die eingewechselten Nuri Sahin und Mats Hummels belebten den Spielaufbau. Zwar mussten die Dortmunder Feingeister in ihrer Not diesmal zur Brechstange greifen, wurden für ihren unbändigen Kampfgeist aber noch belohnt. Nach dem Schlusspfiff begruben sie Matchwinner Santana in einer Menschentraube unter sich. “Es war für uns bislang das wichtigste Spiel, das wir erlebt haben”, schwärmte Santana. “Das war crazy. Erst schieße ich das Tor, und dann springen alle auf meinen Rücken.”

Frust bei Málaga sitzt tief

Dagegen saß bei den Spaniern der Frust tief. Trainer Manuel Pellegrini sah in Referee Craig Thomson den Hauptschuldigen für die Niederlage: “In den letzten sieben, acht Minuten war kein Schiedsrichter mehr auf dem Platz”, klagte der Fußball-Lehrer und verwies auf eine Abseitsstellung beim Siegtor der Borussia. Dass es auch bei der 2:1-Führung seiner Mannschaft nicht unbedingt regelrecht zugegangen war, ließ er unerwähnt.

Scheich: “Das ist kein Fußball, sondern Rassismus”

Der Besitzer des FC Málaga hat nach der dramatischen 2:3-Niederlage im Champions-League-Viertelfinale bei Borussia Dortmund schwere Vorwürfe erhoben. “Das ist kein Fußball, sondern Rassismus”, twitterte Scheich Abdullah Al-Thani. Er hoffe, dass die Europäische Fußball-Union eine gründliche Untersuchung aufnehmen werde.

Vor allem das Siegtor der Dortmunder durch BVB-Verteidiger Felipe Santana in der dritten Minute der Nachspielzeit trotz Abseitsstellung dürfte Al-Thani wütend gemacht haben. “Es tut mir leid, dass wir so ausgeschieden sind”, meinte das Mitglied der Königsfamilie von Katar und schrieb abermals von Rassismus und Ungerechtigkeit. Seinen Spielern dankte er unterdessen: “Ihr seid Champions auf dem Platz gewesen.”

“Platini hat etwas gegen diesen Club”

Die spanische Zeitung “Marca” wurde noch deutlicher: “Zu einer solchen Ungerechtigkeit, wie sie den Andalusiern in Dortmund widerfuhr, fehlen die Worte. Ganz Spanien drängt sich der Eindruck auf, dass der UEFA-Boss Platini etwas gegen diesen Club hat.” Klopp äußerte Verständnis für die harsche Kritik seines Kollegen: “Ich kann jede Regung des enttäuschten Verlierers nachvollziehen. Wir haben auch schon große Spiele verloren, man fühlt sich danach häufig ungerecht behandelt.”

Dortmunds Halbfinalgegner steht am Freitag fest

Nach der zehnten Champions-League-Partie des BVB ohne Niederlage warten Profis, Verein und Fans mit Spannung auf die Auslosung an diesem Freitag und dürfen sich auf mindestens zwei weitere europäische Fußball-Festtage im Halbfinale am 23./24. April und 30. April/1. Mai freuen. Der Thriller gegen Malaga bestärkte Sahin in seinem Glauben an das Finale in Wembley: “Das wird uns auf jeden Fall einen Riesenschub geben. Solche Momente muss man erleben, um einen Titel zu gewinnen.” (dpa/red)

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