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Spannungen um Aussenminister

Sorge um Machtverhältnisse in der italienischen Regierung. Die Spitzenvertreter der Berlusconi-Partei wollen das Außenministerium unter ihre Kontrolle bringen.

Die Suche nach einem Nachfolger des zurückgetretenen italienischen Außenministers Renato Ruggiero nährt Spannungen innerhalb des Mitte-Rechts-Blocks von Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. Die liberalkonservative Forza Italia Berlusconis hat ihr Veto gegen die Kandidatur des Vizepremiers und Chefs der postfaschistischen Nationalallianz (AN), Gianfranco Fini, für die Leitung des Außenministeriums eingelegt. Die Spitzenvertreter der Berlusconi-Partei wollen das Außenministerium unter ihre Kontrolle bringen, nachdem das Amt unter Ruggiero in den Händen eines parteiunabhängigen Fachmanns gelegen war.

Die Forza Italia befürchtet, dass die AN mit Fini als Außenminister in der Regierungskoalition zu großes Gewicht erhalten und damit die Machtverhältnisse im Mitte-Rechts-Bündnis aus dem Gleichgewicht bringen würde. Wegen seiner Rolle als Chef einer postfaschistischen Partei könnte Fini außerdem der Regierung auf internationaler Ebene Probleme bereiten, meinten Spitzenvertreter der Forza Italia. Als Kandidaten des Berlusconi-Bündnisses schlugen sie daher Kulturminister Giuliano Urbani sowie den Minister für die öffentliche Verwaltung, Franco Frattini, vor.

Regierungschef Berlusconi debütiert am Freitag bei einem Treffen mit dem spanischen EU-Ratspräsidenten Josep Pique in seiner neuen Rolle als interimistischer Außenminister. Berlusconi ist sich bewusst, dass die europäische Öffentlichkeit seine Schritte als Italiens Chefdiplomat mit Argusaugen beobachten wird. Zugleich dürfte der Medientycoon eingesehen haben, dass es schwer sein wird, seine Arbeit als Regierungschef mit den unzähligen Terminen eines Außenministers zu verbinden. „Ich werde auch als Außenminister gut arbeiten“, gab sich Berlusconi dennoch selbstbewusst.

Inzwischen hat Berlusconi aber offenbar begriffen, dass er es als Chef der „Farnesina“, des römischen Außenministeriums, kaum länger als ein paar Wochen aushalten wird. Er nahm bereits seine vollmundigen Ankündigungen zurück die er am Wochenende in einem Interview gemacht hatte, wonach er über ein halbes Jahr interimistisch als Außenminister amtieren wolle. Seine Worte seien schon wieder missverstanden worden, klagte er. Sein Ziel sei, sich genügend Zeit zu nehmen, um eine tiefgreifende Reform im Außenministerium einzuleiten, das effizienter gemacht werden müsse.

Auch Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi – der als angesehender Garant der Kontinuität der proeuropäischen Linie der Regierung Berlusconi gilt – hat sich für eine Beschränkung der interimistischen Phase in der Farnesina ausgesprochen. Ciampi, der in seiner Rolle als Schatzminister zwischen 1996 und 1998 auf entscheidende Weise zum Beitritt Italiens in die Euro-Zone beigetragen hat, beobachtet aufmerksam die politische Debatte um die Kandidatur des neuen Außenministers. Berlusconi wird kaum einen Kandidaten durchsetzen können, der nicht mit der Zustimmung des Staatsoberhaupts rechnen kann.

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