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Spanien

Ein nächtlicher Unfall auf einer Landstraße verändert das Leben eines moldawischen Flüchtlings, einer zurückgezogenen Ikonenmalerin und eines cholerischen Fremdenpolizisten grundlegend. Ersterer war mit der Hilfe eines Schleppers auf dem Weg nach Spanien, bleibt jedoch in Österreich hängen und lernt ausgerechnet jene Frau zärtlich kennen und lieben, deren Ex-Mann die Trennung nicht verkraftet hat und schon von Berufs wegen ein angespanntes Verhältnis zu Fremden pflegt. Alle Spielzeiten auf einen Blick

Die Dreiecksgeschichte mit realpolitischer Sprengkraft wurde von der österreichischen Regisseurin Anja Salomonowitz in eine poetisch angehauchte, surreal überhöhte Liebesgeschichte verwandelt. Das Spielfilmdebüt “Spanien” feierte seine Weltpremiere im Forum der Berlinale.

Western-Theorie in Spanien

Salomonowitz verglich die Grundkonstellation im Gespräch mit einem Western. “Der Held kommt zufällig in eine Stadt, fickt die Frau des Sheriffs, fängt sich mit diesem Ärger an, rächt sich an den Menschen, die ihm Unrecht angetan haben, und verlässt die Stadt dann wieder.” Für die Western-Theorie spricht auch die Grundfarbe Braun, die sich in unterschiedlichsten Ausprägungen durch den gesamten Film zieht: die Landschaft ist herbstlich, Mantel und Jacken sind bräunlich koloriert, die Autos schimmern zumeist in Bronze, die Ikonen werden golden verziert und gezahlt wird natürlich nie mit 20- oder 100-Euro-Scheinen, sondern nur mit 50ern. “Sogar die Musik hat diesen Farbton”, sagte Salomonowitz, “so ein bisschen schokobraun.”

Die Musik stammt von Max Richter, der schon für den Score von “Waltz with Bashir” verantwortlich zeichnete, und unterstreicht den artifiziellen Look. Doch trotz dieser scheinbaren Künstlichkeit bleibt “Spanien” stets in der Realität verankert und in Wien verortet, mit einem verzweifelt-brutalen Polizisten als Antagonisten und einem spielsüchtigen Kranfahrer, der die Schicksale aller Beteiligten auf ungewöhnliche Weise miteinander verknüpft. In den Hauptrollen agieren für das österreichische Kino vergleichsweise unbekannte Gesichter, etwa Cornelius Obonya und Lukas Miko oder Tatjana Alexander. Mit dem Franzosen Gregoire Colin, einer sehr präsenten Figur, konnte zudem ein Darsteller aus dem engeren Umfeld von Claire Denis gewonnen werden.

Wenig Dialoge in Spanien

Obwohl in dem Film nicht unbedingt viel gesprochen wird, wirkt das Drehbuch, das Salomonowitz gemeinsam mit dem Autor Dimitre Dinev verfasste, manchmal recht konstruiert, wirken die Dialoge recht künstlich. Dennoch beherrscht die als couragierte Dokumentaristin bekanntgewordene Regisseurin (“Kurz davor ist es passiert”) die Kunst, eine Geschichte in Bildern und nicht mit Worten zu erzählen. Für “Spanien” schöpfte sie aus dem Vollen, arbeitete detailliert an der Ausstattung und ließ ihre Schauspieler in ihren jeweiligen Milieus ausführlich Erfahrungen sammeln. Und auch wenn manche Szenen – nicht zuletzt jene des xenophoben Fremdenpolizisten, der allein kraft seines Amtes jederzeit in die Liebe eingreifen darf – übertrieben daherkommen, wirkt das Ergebnis am Ende doch sehr stimmig.

“Spanien” wird nach der Berlinale-Premiere dann am 20. März auch das Festival des österreichischen Films, die Diagonale in Graz, eröffnen. Der österreichweite Kinostart ist für 23. März vorgesehen.

(APA)
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