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Sorgt Corona für Scheidungsboom?

©Sams
2020 soll zum Scheidungsjahr werden. Anwalt Mag. Florin Reiterer über die Situation im Ländle.

Von Alyssa Hanßke/WANN & WO

Vergangenes Jahr wurden österreichweit 16.319 Ehen geschieden: „Etwa vier von zehn Ehen in Österreich landen früher oder später vor dem Scheidungsrichter“, erläuterte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas in einer Aussendung.“ Österreichweit lag die Gesamtscheidungsrate im Jahr 2019 bei 40,7 Prozent und somit nur leicht unter dem Niveau der beiden Vorjahre (41 Prozent). Doch das war alles noch vor Corona und den damit einhergehenden Spannungen.

Auswirkungen von Corona

Der Wiener Rechtsanwalt Clemens Gärner sprach in einer Presse-aussendung bereits vom „Scheidungsjahr“ 2020. Seine Kanzlei habe bereits diesen Sommer einen Anstieg der Scheidungsrate um noch mal 30 Prozent registriert. Ein enormer Wert, den Mag. Florin Reiterer von der Bregenzer Anwaltskanzlei „Reiterer Ulmer Rechtsanwälte“ derzeit noch nicht bestätigen kann: „Ich persönlich habe noch keinen gewaltigen Anstieg der Scheidungszahlen bemerkt. Die Quote ist zwar leicht angestiegen, aber bislang kaum der Rede wert.“

Zudem gestalte sich einer der naheliegendsten Gründe für eine Scheidung – das Fremdgehen – in Zeiten wie diesen als besonders schwierig. Dass die Pandemie einen Anstieg der Scheidungen nach sich ziehen könnte, schließt der Anwalt jedoch nicht aus: „Einige Paare kommen einfach zu dem Schluss: ‚Wir passen nicht mehr zusammen.‘ In Zeiten von Kurzarbeit hatte man dann plötzlich viel Zeit, sich zunehmend mit dem Partner auseinanderzusetzen. Naheliegend, dass dann  auch Schlüsse zur eigenen Beziehung gezogen werden und dazu kann auch jener gehören, nicht mehr glücklich zu sein. Ich kann mir schon vorstellen, dass das dann in einigen Fällen zur Scheidung geführt haben könnte.“ Doch die Situation kann auch genau gegenteilig ausgehen, wie Reiterer hervorhebt: „Es gibt auch viele Fälle, in denen sich Paare, die durch Corona gezwungenermaßen gemeinsam viel Zeit zu Hause verbracht haben, wieder zusammengerauft haben.“

Statements: Darum birgt die Corona-Zeit enormes Konfliktpotenzial

Jessica, 23, Dornbirn: „In solch unsicheren Zeiten wie der Corona-Pandemie liegen die Nerven bei den meisten ohnehin schon blank. Wenn man dann auch noch ständig mit dem Partner, so sehr man ihn auch liebt, auf engem Raum zusammengepfercht ist, können ganz schnell Konflikte entstehen. Die Beziehung wird auf eine harte Probe gestellt. Gerade auch, wenn es zuvor schon Probleme gab. In Zeiten wie diesen zeigt sich, ob die Partnerschaft Beständigkeit hat.“

Nadine, 21, Mäder: „Für viele Paare stellte die Corona-Zeit sicherlich eine Zerreißprobe da. Ständig aufeinander zu hocken und den Partner nochmal auf eine ganz neue Art und Weise kennenzulernen, fällt bestimmt einigen schwer. Andere bestärkte diese Zeit noch in ihrer Beziehung, wie in meinem Fall. Wir haben trotz der Corona-Krise geheiratet und hätten uns auch von nichts auf der Welt von unserem gemeinsamen Glück abbringen lassen.“

Lisa, 24, Dornbirn: „In Zeiten von Kurzarbeit und Homeoffice passiert es schnell, dass einem die Decke auf den Kopf fällt, auch in Bezug auf die eigene Beziehung. Zu normalen Schwierigkeiten, die es in jeder Partnerschaft gibt, kommen plötzlich zusätzliche Konfliktpunkte dazu. So schaukelt sich die Sache schnell hoch. Keiner der Partner hat die Möglichkeit, sich zurückzuziehen und nachzudenken. Dem Streit kann nicht aus dem Weg gegangen werden.“

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