"Sorgen haben Hochkonjunktur"

“Ich bin eindeutig überzeugt davon, dass es gelingen wird, die Schuldenlage zu stabilisieren. Dafür sind zwei Faktoren maßgeblich: Die Entschiedenheit aller Beteiligten, das zu wollen ist ebenso gegeben wie die finanzielle und ökonomische Kraft, das auch durchzusetzen. Werden auch die gesetzten Schritte als zu langsam und zu halbherzig kritisiert, so sind sie im Grunde doch richtig. Allerdings muss man in Europa achtgeben, dabei nicht in eine veritable Demokratiediskussion zu geraten.” So der Gast in der VN-Redaktion in Schwarzach, Dr. Rudolf Scholten (56), Vorstand der Oesterreichischen Kontrollbank AG. Und weiter: “Trotzdem macht Europa derzeit keine gute Figur. Und daher wird es von den Investoren aus den USA und dem asiatischen Raum, die Alternativen haben und mehr Übersichtlichkeit wollen, ausgeblendet.”

Der frühere Minister sieht auch keine Inflationsgefahr, denn “die objektiven Kriterien sprechen derzeit mit Sicherheit nicht dafür.” Und in einer Zeit, in der – wie er sagt – “eine Hochkonjunktur an Befürchtungen” gegeben ist, rechnet er auch nicht mit einer “Kreditklemme”. “Die Gefahr, dass ein gutes Projekt eines soliden Unternehmens an der Liquidität scheitert, ist null”, stellt er dazu klar. Auch das “Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz”, das gegen eine Kreditklemme geschaffen wurde, ist Ende 2010 wieder ausgelaufen.

“Einmalige Strukturen”

Die Oesterreichische Kontrollbank AG ist ein Spezialkreditinstitut im Eigentum der österreichischen Geschäftsbanken. Sie fungiert als zentraler Finanz- und Informationsdienstleister für die Republik Österreich, die Exportwirtschaft und den Kapitalmarkt. Als Bevollmächtigte der Republik Österreich bietet sie der Wirtschaft maßgeschneiderte Instrumente für das Risikomanagement verschiedenster Formen von Exportgeschäften. “Es ist auf der ganzen Welt einmalig, dass, wie bei der Oesterreichischen Kontrollbank, alle folgenden Produkte unter einem Dach sind: staatliche Exportfinanzierung, private Kreditversicherung, Finanzierung, Versicherung, ein Entwicklungshilfefonds und der Exportfonds, der speziell für Klein- und Mittelbetriebe eingerichtet wurde”, so Scholten. Diese Konstruktion bringe den Kunden den Vorteil rascher Entscheidungen, was besonders in schwierigen Zeiten sehr wichtig sei.

Nachdem 2008 die Nachfrage nach Finanzierungen und Versicherungen zurückgegangen ist, konnte die Kontrollbank wieder ein “solides Vorkrisenniveau” erreichen.

Zur Person

Dr. Rudolf Scholten, Vorstandsmitglied der Oesterreichischen Kontrollbank in Wien.
Geboren: 1955 in Wien
Ausbildung: 1978 Promotion zum Dr. jur. an der Uni Wien.
Beruflicher Werdegang: Oesterreichische Kontrollbank, Morgan Stanley New York, Generalsekretär des Österreichischen Bundestheaterverbandes, 1990 bis 1997 Bundesminister für Unterricht und Kunst, Wissenschaft und Verkehr. Rückkehr in die Kontrollbank als Vorstandsmitglied;
Familie: verheiratet, drei Töchter