So wird der Sommer (hoffentlich nicht)

Viele Menschen, nicht nur aus der Landwirtschaft, fragen sich, wie denn das Wetter im Sommer wird. Wenn ichs genau wüsste, wäre ich reich und würde versuchen, wie im Jungholz zu wohnen und mich darauf zu freuen, wenn die ersten Sommergewitter am Pfänder herumhängen.
Leider weiss ichs nicht so genau. Es gibt ein paar Menschen, die es mit den grössten Computern der Welt dennoch probieren, so das Europäische Zentrum für Mittelfristige Wettervorhersagen (ECMWF). An jedem 5. des Monats kommt die Vorhersage für die kommenden sieben Monate.
Bei diesen Vorhersagen sieht man nicht, wie das Wetter an einem einzelnen Tag wird. Falls Sie am 18. August um 14 Uhr heiraten und wissen wollen, wie das Wetter wird, mögen Sie sich bitte ab dem 11. August melden. Die wesentlichen Aussagen einer seriösen langfristigen Wettervorhersage beschränkt sich auf wärmer/kälter als normal, trockener/nasser als normal, wobei sich wegen des Klimawandels das mit dem kälter als normal weitgehend erledigt hat, weil mit dem Durchschnitt der 30 Jahre von 1990 bis 2020 verglichen wird.
Das Ergebnis hat eine Trefferquote von rund 60%, was nicht berühmt, aber immerhin besser ist als der Zufall. Es gibt zu den Grossrechnern keine Alternative. Der völlige Blödsinn mit dem Hundertjährigen Kalender grassiert leider immer noch, aber er ist völliger Blödsinn, ich zitiere aus einem Werbetext, mit dem Menschen, die auch glauben wollen, dass sich die Sonne um die Erde dreht, zum Kauf gebracht werden sollen: "Haben Sie gewusst, dass der erste Hundertjährige Kalender aus einem Kloster stammt? Das Original basiert auf den Aufzeichnungen von Abt Mauritius Knauer, der aus langjährigen Beobachtungen seine Prognosen für Wetter und Ernte ableitete. Wie zuverlässig diese Prognosen sind, können Sie selbst überprüfen."
Sehr geschickt formuliert. Wer es nämlich selbst überprüft, wird mit der Zeit merken, dass die Trefferquote bei 50% liegt - also dem Wert, der dem Würfeln entspricht. Das ist auch kein Wunder, denn "der Hundertjährige" basiert in der Tat auf sieben Jahren Wetterbeobachtungen in einem Kloster in Bayern. Der beobachtende Abt starb und ein Geschäftemacher kam später auf die lustige Idee zu behaupten, dass sich das Wetter aus diesem Kloster alle sieben Jahre wiederholen würde, natürlich gültig für den gesamten deutschsprachigen Raum. Sparsame Käufer des 100jährigen kaufen ihn deshalb genau sieben Mal, weil in vom 8. Jahr genau dasselbe drinsteht wie in dem Erstgekauften.
Kluges Marketing, dass man vor gut 300 Jahren das Ganze nicht "Siebenjähriger Kalender" genannt hat, sondern gleich in die Vollen gegriffen hat. Leider bis heute mit Erfolg. Viele Menschen glauben noch heute, dass sich das Wetter aaus einem bayerischen Kloster bis ans Ende aller Tage alle sieben Jahre wiederholen würde. Unter uns: tut es nicht.
Leider ist der deutschsprachige Raum die globale Zentrale für Wetteraberglauben. Hier glaubt man auch, dass der Mond das Wetter beeinflussen würde und gewitzte Betrüger erleichtern betuchte Häuslebauer und behaupten, dass "Mondholz" besondere Eigenschaften hätte und noch gewitztere Betrüger schreiben Zuckerkügelchen ohne Wirkstoffe heilende Wirkung zu. Alles geht bei uns und das macht es der Wissenschaft manchmal etwas schwer.
Zurück zur Langfristvorhersage - exklusiv bei VOL.AT die eben ausgegebenen Karten für den Sommer. Zu warm werden die Monate eh, bleibt die Frage nach der Dürre. Das ECMWF macht für den Frühling Hoffnung, indem vor allem der März und der Mai nasser als üblich werden soll.
Für den eigentlichen Sommer sieht es beunruhigender aus, gezeigt wird die Abweichung vom Monatsdurchschnitt in mm Regenhöhe (entspricht Litern/qm):
Der Juni zeigt eine Verteilung mit einer zu trockenen Alpennordseite und mehr Regen als üblich Richtung Mittelmeer:

Auch im Juli zeigt sich ein ähnliches Bild mit einem sich verstärkenden Regendefizit auf der Alpennordseite:

Und der August machts nicht besser:

Kurzum, die aktuellen Karten zeigen einen deutlich zu trockenen Sommer, wärmer als im Schnitt würde er ohnehin. Wenn ich Landwirt wäre, würde ich mich zumindest mit dem Gedanken befassen, was das bedeutet für die eigene Arbeit und wie es Wasserspeichermöglichkeiten aus dem Frühlingsregen geben könnte, falls man noch Zisternen bauen kann (das wird in der Zukunft wichtig werden: Zisternen zu haben).
Und man kann hoffen, dass es auch anders kommt - hoffen und beten, dass es anders wird - bei 60% Trefferquote ist das nicht aussichtslos. Es ist wie beim Hagelfliegen: Wir wissen, dass das zu 100% nichts bringt und es völlig sinnlose Quacksalberei ist und eine gerissene Idee von Männern mit einem teuren Hobby, sich das extern finanzieren zu lassen. Beim Kirchenglockenläuten fehlt uns der Beweis, dass es nichts bringt. Sie wissen, was Sie zu tun haben.
(Red.)
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