So sollte Homeoffice geregelt werden

Die AK Vorarlberg bot in der akuten Phase der Corona-Pandemie auf ihrer Website einen Homeoffice-Guide zum Download an, der Arbeitnehmern und Arbeitgebern helfen konnte. „Homeoffice hat sich über Nacht als Instrument am Arbeitsmarkt etabliert“, sagt AK-Präsident Hubert Hämmerle. Neben den Vorteilen sieht er aber auch Gefahren. Sie reichen von der Selbstausbeutung mangels fixer Arbeitszeiten bis zur völligen Überforderung mit Familie und Berufsalltag in denselben vier Wänden.
„Homeoffice muss“ Hämmerles Ansicht nach „Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.“ Die AK-Juristen Dr. Tamara Thöny-Maier und Dr. Christian Maier haben erarbeitet, worauf grundsätzlich zu achten ist. „Homeoffice muss vor allem schriftlich vereinbart werden“, betont Christian Maier. Derzeit reicht eine mündliche Vereinbarung aus, die aber viele Fragen nicht regelt. Zum Beispiel den gesetzlichen Rechtsanspruch auf einen Arbeitsplatz im Betrieb. Denn es könnte ja sein, dass ein Arbeitgeber manche Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter dauerhaft im Homeoffice behalten möchte, weil das allemal günstiger ist. „Auch muss ein Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, Homeoffice abzulehnen, ohne dass er dann die Kündigung fürchten muss.“ Denn nicht jeder hat zu Hause genug Platz oder will schlicht nicht in Homeoffice arbeiten.
Wer stellt die Betriebsmittel?
Wenn Homeoffice vereinbart wird, müssen beide Seiten vor allem das Thema der Betriebsmittel klar regeln. Dazu zählt die schriftliche Auflistung aller Arbeitsmittel, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zur Verfügung stellen muss. „Denn grundsätzlich hat der Arbeitgeber die Kosten für die Arbeitsmittel zu tragen, dem Arbeitnehmer müssen die Kosten ersetzt werden, die ihm aufgrund von Homeoffice erwachsen“, unterstreicht Tamara Thöny-Maier. Und wenn die Frauen und Männer im Homeoffice ihre eigenen Computer, Drucker oder Internetzugang einsetzen? „Dann muss der Gesetzgeber dafür angemessene Vergütungssätze, so wie etwa beim amtlichen Kilometergeld vorsehen.“ Auch dass privater Wohnraum für den Betrieb bereitgestellt wird, muss abgegolten werden. Schließlich erspart sich der Arbeitgeber damit die oft teuren Büromieten.
Homeoffice ist immer eine Vertrauensfrage. Die Erfahrungen aus dem Frühjahr 2020 haben gezeigt, dass Menschen im Homeoffice weit eher dazu neigen, sich selbst auszubeuten, statt im süßen Nichtstun unterzutauchen. Oft genug müssen zuhause noch Kinder betreut werden – Homeschooling lässt grüßen! – dann sitzen die Betroffenen nachts um 23 Uhr vor dem PC, weil sich tagsüber nicht alles ausging. Für die AK-Juristen ist wesentlich, dass Homeoffice niemals das geltende Arbeitsrecht einfach aushebeln darf. „Die Arbeitsruhezeiten müssen unangetastet bleiben“, das bedeutet für Christian Maier z. B. „elektronische Kommunikation nur innerhalb der betrieblichen Arbeitszeit“. Der berüchtigten Erreichbarkeit rund um die Uhr muss der Gesetzgeber einen Riegel vorschieben.
Auch im Homeoffice muss Gleitzeit möglich sein und Dienstverhinderungsgründe müssen weiterhin Gültigkeit haben: „Es kann nicht sein, dass man etwa ein krankes Kind quasi nebenbei im Homeoffice mitbetreuen soll“, sagt Tamara Thöny-Maier. So wenig, wie Homeoffice künftig überfallsartig über die Belegschaften hereinbrechen darf, so sehr muss auch die Rückkehr in die Firmen eine Form haben. Beide AK-Juristen könnten sich etwa eine Kündigung der Homeoffice-Vereinbarung unter Einhaltung einer einmonatigen Vorankündigungsfrist vorstellen.
Unklar: Datenschutz und Versicherung
Zwei besonders sensible Bereiche sind derzeit völlig offen: Wer trägt den Schaden, wenn zu Hause ein Kurzschluss den Firmenlaptop beschädigt? Oder das Kind bringt einen USB-Stick aus der Schule mit und lädt damit unversehens Viren auf den PC? Bislang lehnen viele Arbeitgeber ab, eine Versicherung abzuschließen, die für Schäden an Hard- und Software, an Netzen und Systemen die Haftung des Arbeitnehmers auf vorsätzliche Handlungen begrenzt und auch Familienangehörige bzw. Mitbewohner einbezieht. So eine Versicherung sollte für den Arbeitgeber verpflichtend sein.
Das zweite heikle Thema heißt Datenschutz. Der Arbeitgeber muss die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen in technischer Hinsicht durch entsprechende Sicherheitsstandards bei den verwendeten Geräten und Technologien gewährleisten. Er ist verantwortlich, wenn es zu Datenschutzverstößen kommt, weil die eingesetzte Technik veraltet oder nicht sicher ist.
Andererseits müssen Arbeitnehmer im Homeoffice vor systematischer Kontrolle geschützt werden. Das Frühjahr hat in einigen Fällen an den Tag gebracht, wie weit das gehen kann: Selbst die Anzahl der Anschläge in einer bestimmten Zeit lassen sich von der Zentrale aus überwachen. Firmen mit einem Betriebsrat können nicht schalten und walten wie sie wollen. Wenn es aber keinen Betriebsrat gibt, ist der Mitarbeiter im Homeoffice auf Wunsch des Firmenchefs ein offenes Buch.
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