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Skandal um Lebendtierexport: Frachter mit Rindern darf nicht entladen werden

Ein Frachter mit 2901 Rindern aus Uruguay sitzt vor der türkischen Küste fest.
Ein Frachter mit 2901 Rindern aus Uruguay sitzt vor der türkischen Küste fest. © animal-welfare-foundation
Seit über zwei Wochen liegt ein Tiertransporter mit fast 3000 Rindern vor der türkischen Küste fest. Grund sind Probleme mit den Ohrmarken der Tiere. Tierschützer schlagen Alarm – und fordern rasches Handeln.

Die "Spiridon II", ein unter togolesischer Flagge fahrendes Frachtschiff, ankert seit mehr als 14 Tagen vor dem türkischen Hafen Bandırma. An Bord: 2901 Rinder aus Uruguay. Die Entladung wird laut Angaben verweigert, weil es Unstimmigkeiten bei den Ohrmarken der Tiere gibt. Türkische Behörden lassen das Schiff daher nicht anlegen. Inzwischen sind laut Angaben des Schiffseigners mindestens 48 Rinder verendet, die Vorräte an Futter, Wasser und Einstreu gehen zur Neige.

Der Frachter "Spiridon II" liegt seit über zwei Wochen vor der türkischen Küste – an Bord fast 3000 Rinder aus Uruguay. © animal-welfare-foundation

Internationaler Appell an Türkei und EU

Mehrere Tierschutzorganisationen – darunter die Animal Welfare Foundation (AWF), Animal Advocacy and Food Transition sowie Animals International – haben gemeinsam mit der bekannten Tiertransport-Expertin Dr. Lynn Simpson einen dringenden Appell an die türkischen Behörden gerichtet. In einem offenen Brief fordern sie die sofortige Entladung der Tiere, um weiteres Leid zu verhindern. Auch die EU-Kommission wurde eingeschaltet. Man habe die EU mit einem offiziellen Schreiben aufgefordert, "alle diplomatischen und technischen Maßnahmen zu ergreifen", um das Leben der verbleibenden Tiere zu retten.

Tausende Tiere warten auf Entladung: Die "Spiridon II" ankert vor dem Hafen von Bandırma. © animal-welfare-foundation

Dramatische Lage an Bord

"Die Lage spitzt sich täglich zu", sagt Dr. Maria Boada Saña, Tierärztin bei der AWF. "Die Tiere sind durch die lange Seereise bereits geschwächt. Jede weitere Verzögerung verursacht unnötiges Leid." Auch Dr. Lynn Simpson, Veterinärin aus Australien und erfahrene Beobachterin solcher Transporte, beschreibt die Zustände als dramatisch: "Nach über 40 Tagen auf See sind Futter, Wasser und Einstreu vermutlich fast vollständig verbraucht." Zudem funktioniere die Wasseraufbereitung nahe der Küste kaum noch, da das flachere Wasser mehr Partikel enthalte als Hochseewasser. Die Qualität der Wasserversorgung sei "sehr fragwürdig", so Simpson.

Der Tiertransporter "Spiridon II" darf wegen Unstimmigkeiten bei den Ohrmarken nicht entladen werden. © animal-welfare-foundation

Symbol eines gescheiterten Systems

"Das Schicksal dieser 2901 Rinder ist kein Einzelfall", betont Boada Saña. Es sei ein Beispiel für die Risiken und Qualen von Lebendtierexporten über See. Solange dieses System existiere, würden solche Tragödien immer wieder passieren.

Umstrittenes Schiff

Die "Spiridon II" wird laut AWF vorwiegend für Transporte zwischen Südamerika und dem Nahen Osten eingesetzt. Eine Genehmigung für das Verladen von Tieren in EU-Häfen besitzt das Schiff offenbar nicht mehr. In der Vergangenheit war es allerdings auch in europäischen Häfen aktiv – heute scheint dies nicht mehr erlaubt zu sein.

(VOL.AT)

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