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Sieg der Taliban scheint ausgemachte Sache

Afghanische Truppen stehen den Extremisten hilflos gegenüber
Afghanische Truppen stehen den Extremisten hilflos gegenüber ©APA
Afghanistan steht in diesen Tagen am Abgrund, die afghanischen Regierungstruppen werden von der Offensive der radikalislamischen Taliban offenbar überwältigt.
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Washington muss 3000 Soldaten am Flughafen in Kabul stationieren, um den Abzug von Botschaftspersonal zu sichern. Eine tägliche Luftbrücke soll die afghanischen Helfer der US-Armee außer Landes bringen.

Kabul. Nach zwei Jahrzehnten geht die US-Präsenz am Hindukusch auf chaotische Weise zu Ende. Inzwischen kontrollieren die Taliban bereits die meisten Städte und ländlichen Regionen.

Die Taliban hatten ihre Ziele nie verhehlt: Sie wollen die Wiedererrichtung des islamischen Emirats, mit dem sie 1996 bis 2001 in Afghanistan herrschten. Es gab verschiedene Meinungen darüber, wie die Radikalislamisten ihr Ziel erreichen könnten - durch Gespräche, pure Gewalt oder eine Mischung von beidem.

Taliban-Deal mit den USA

Am Ende erwies sich ihre Militärstrategie als ausgesprochen effizient: Sie lähmten die Regierungstruppen durch Angriffe auf zahllose Ziele im ganzen Land.

Zuvor jedoch mussten die Taliban den Rückzug der USA erreichen. Dazu schlossen sie ein Abkommen mit der kriegsmüde gewordenen Regierung in Washington. Sie verpflichteten sich, keine US-Ziele anzugreifen, wenn die US-Streitkräfte abziehen.

Teil des Abkommens war es auch, dass Washington die Regierung in Kabul drängen sollte, tausende Taliban-Häftlinge aus den Gefängnissen freizulassen. Die meisten von ihnen stürzten sich sogleich wieder in den Kampf.

Kapituliert Kabul?

Mit den Erfolgen der vergangenen Tage im Rücken könnten die Taliban nun sogar so weit gehen, der Regierung in Kabul die bedingungslose Kapitulation nahezulegen. Wenn sich die afghanische Regierung dazu nicht bereit erklärt, ist mit einem Großangriff der Taliban auf die Hauptstadt zu rechnen.

Es ist ein dankbares Thema für den Streit unter Experten, möglicherweise noch auf Jahrzehnte hinaus: Was eigentlich lief bei den afghanischen Sicherheitskräften schief? Da ist von Korruption die Rede und einem Mangel an Willen zum Kampf. Die US-Regierung hat selbst Jahr für Jahr Berichte herausgegeben, in denen die Korruption in den afghanischen Sicherheitskräften dokumentiert wurde. Kommandeure kassierten das Geld, das für die Soldaten ihrer Einheit bestimmt war, verkauften Waffen auf dem Schwarzmarkt und gaben die Zahl der Soldaten in ihrer Einheit falsch an.

Die afghanischen Einheiten hingen vollständig von den USA ab - von der Logistik bis hin zu Luftangriffen. Umso stärker machte es sich bemerkbar, dass sie keine eigene Führungsstruktur hatten. Die Führung übernahmen bestenfalls Zivilisten, die im Präsidentenpalast in Kabul eingesetzt waren und über wenig militärische Erfahrung verfügten. Oder es waren greise Generäle, die sich mehr für kleinliche politische Streitereien interessierten als für den Krieg insgesamt.

Taliban im Vorteil

Die Taliban sind nun eindeutig im Vorteil, die Regierung hat nur noch die Kontrolle über drei größere Städte. Es sieht nicht danach aus, als wenn sie eine erfolgreiche Verteidigung der Hauptstadt organisieren könnte.

Die Taliban bewegen sich schnell auf Kabul zu, möglicherweise sind ihre Kämpfer im Norden und Süden schon sehr nah an die Stadt herangerückt.

Washington und die internationale Gemeinschaft werden in dieser Lage Druck auf die Taliban ausüben, um eine irgendwie geartete Verständigung zu erreichen. Doch die Taliban haben dabei eindeutig die besseren Karten.

(APA)

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