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Sie kam den Fälschern auf die Spur

Bezau - Bezirksrichterin Isabelle Amann, die Aufdeckerin der Testamentsaffäre erhält großes Lob von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner.

Dort, wo die Welt noch in Ordnung zu sein scheint, mitten im Bregenzerwald, traf sich am Donnerstag Justizministerin Claudia Bandion-Ortner mit jener jungen Richterin, die den größten Justizskandal in der Geschichte Vorarlbergs aufgedeckt hat. Isabelle Amann, 31 Jahre jung und seit drei Jahren Richterin, wirkt wie der Protoyp für das öffentliche Richterbild. Sie steht für exakt jene Tugenden, die viele aufgrund des Justizbebens in den vergangenen Monaten nicht mehr gesehen haben. Bandion-Ortner kann zurecht stolz auf ihre „junge Kollegin“ sein. „Mit großem Engagement und viel Mut hat Frau Amann die Testamentsfälschungen aufgedeckt. Sie beweist, dass man durchaus Vertrauen in die Justiz setzen kann“, sagte die Ministerin nach einem Arbeitsgespräch im Bezirksgericht Bezau. Genau vor einem Jahr – Bandion-Ortner besuchte damals das Dornbirner Bezirksgericht – trafen sich die beiden Juristinnen zuletzt. Während die Justizministerin damals noch ahnungslos alle Mitarbeiter lobte, wusste die junge Richterin bereits vom verbrecherischen Treiben einiger Kollegen. „Es war total schwierig, jemandem ‚Guten Morgen‘ zu sagen, obwohl man wusste, dass er bald verhaftet wird“, erzählt Amann, die als einizge Gerichtsmitarbeiterin in die verdeckten Ermittlungen eingebunden war.

Amann wurde stutzig

Die ersten Ungereimtheiten waren Amann im Frühjahr 2009 aufgefallen. Die junge Richterin bearbeitete damals die Verlassenschaft einer alten Frau aus Lustenau, die ihrem Nachbarn und Betreuer ein „immenses Vermögen“ vererbt hatte. „Über ein halbes Jahr später lag dann ein neues Testament im Briefkasten eines Lustenauer Notars. „Eine unter Sachwalterschaft stehende Frau, die nichts mit der Erblasserin zu tun hatte, sollte plötzlich alles bekommen“, erinnert sich Amann. Doch der „wahre“ Erbe lässt nicht locker, beantragte Gutachten um Gutachten. Amann schenkt dem Mann Glauben und versucht zu helfen. Doch alle Gutachter kommen zum gleichen Schluss: Das neue Testament ist in Ordnung. „Da ist man als Richter dann mit dem Latein am Ende“, so Amann. Doch der Fall lässt ihr keine Ruhe. Nach einem Gespräch mit einem befreundeten Notariatskandidaten kommt sie dem mutmaßlichen Strohmann der Fälscherbande schließlich auf die Fährte.

Beginn der Recherche

Die junge Richterin beginnt zu recherchieren, trägt eine Vielzahl von Akten zusammen und schleust sie heimlich aus dem Gericht. „Ich habe es mit der Angst zu tun bekommen, der Schaden lag zu diesem Zeitpunkt schon bei mehr als zehn Millionen Euro.“ Zu Hause wälzt die Richterin dann nächtelang die Akten. „Es war sehr schnell klar, dass die Spur ins Bezirksgericht Dornbirn führte. Die Testamente sind in den betreffenden Akten immer wieder auf sonderbare Weise aufgetaucht oder verschwunden. Das war der Hinweis, dass da jemand im Spiel sein muss, der die Aktenabläufe genau kennt“, sagt die Richterin. „Wenn man die Akten nebeneinander legte, ergab das einfach ein Bild – großes Vermögen, keine direkten Nachkommen, Drei-Zeugen-Testament und immer derselbe Beistrichfehler.“

„Eine schwierige Zeit“

Im März des vergangenen Jahres informierte Amann die Staatsanwaltschaft. Daraufhin wird über ein halbes Jahr intern ermittelt. Nur zwei Staatsanwälte und zwei Kripo-Beamten sind eingeweiht. „Für mich war das eine extrem schwierige Zeit. Ich war das einzige U-Boot am Gericht. Es gab heimliche Treffen mit Kripo-Beamten. Wir waren sehr vorsichtig. Auch die Archive habe ich durchsucht, mit einem Puls von Zweihundert“, erinnert sich die couragierte Richterin. Als die Staatsanwaltschaft genügend Beweise hatte, klickten für zwei Gerichtsmitarbeiter die Handschellen.“ Gestern, knapp acht Monate nach den ersten Verhaftungen, gab es Blumen und großes Lob von der Justizministerin. Und auch wenn Isabelle Amann „schockiert darüber ist, wie die Bevölkerung derzeit über den Rich­terstand und Gerichtsbedienstete denkt“, strahlte sie große Zufriedenheit aus. Denn sie steht vor großem privatem Glück. Die mutige Richterin erwartet ein Baby – und ist seit wenigen Tagen in Karenz.

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