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Sharon wirbt für Koalition mit Arbeiterpartei

Israels Ministerpräsident Ariel Sharon hat an seine Likud-Partei appelliert, einer Aufnahme der Arbeiterpartei in die Regierung zuzustimmen.

Andernfalls drohten Neuwahlen und „Wahlen jetzt wären ein Riesen-Fehler“, sagte Sharon am Donnerstag. Sollten die rund 3000 Mitglieder des Zentralkomitees der Likud-Partei die Regierungsbeteiligung der Arbeiterpartei ablehnen, sei der Plan gefährdet, im kommenden Jahr Siedler und Soldaten aus dem palästinensischen Gaza-Streifen abzuziehen. Interne Umfragen deuten jedoch auf eine Zustimmung hin. Die Abstimmung begann in der Früh, mit einem Ergebnis wurde am späten Abend gerechnet.

Sharon sagte im israelischen Rundfunk, er wolle sich „von niemandem daran hindern lassen, die Regierung auszuweiten oder den Abzugsplan (aus dem Gazastreifen) umzusetzen“. Ein Gericht in Tel Aviv lehnte am Vormittag einen Antrag von Gegnern Sharons auf Verschiebung der Abstimmung des Likud-Zentralkomitees zurück.

Sharons alte Koalition, die schon im Streit um den Gaza-Abzugsplan die Mehrheit im Parlament verloren hatte, war vor einer Woche an der Auseinandersetzung um den Staatshaushalt für 2005 zerbrochen. Gegenwärtig verfügt Sharons Likud nur über ein Drittel der insgesamt 120 Mandate im Parlament. Im August hatte der Likud-Block sich gegen Verhandlungen mit der Arbeiterpartei ausgesprochen. Nach dem Ausscheiden der Shinui-Partei im November ist die Regierung Sharons aber kritisch geschwächt, und aus Furcht vor einem Kollaps könnte die Partei nach Ansicht von Beobachtern nun den Gesprächen eher zustimmen.

Im Likud-Zentralkomitee gibt es deutlichen Widerstand gegen eine Aufnahme der sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Um sich die Zustimmung dennoch zu sichern, hat Sharon angekündigt, auch mit ultra-orthodoxen Parteien Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Sharon benötigt die Unterstützung der Arbeiterpartei, um bis März das Budget zu verabschieden. Andernfalls kommt es automatisch zu Neuwahlen. Beobachter sprachen vom wichtigsten Votum der Partei seit Jahrzehnten. Sie gingen davon aus, dass eine starke Beteiligung an der Abstimmung Sharon zum Vorteil gereichen würde. Die Mehrheit der rund 3.000 Mitglieder des Zentralkomitees hat offenbar ihre Unterstützung signalisiert.

Ein Nein brächte Sharon allerdings in die Zwickmühle. Er könnte dann versuchen, mit einer Minderheitsregierung über die Runden zu kommen, er könnte Neuwahlen ausrufen, oder er könnte sich über das Parteivotum hinwegsetzen und damit seine politische Karriere gefährden. Neuwahlen würden vermutlich auch den Zeitplan für den israelischen Rückzug aus dem Gazastreifen verzögern, den Sharon zu retten versucht.

Ein israelischer Hubschrauber hat am Donnerstag eine Rakete auf ein Fahrzeug im südlichen Gazastreifen abgefeuert und dabei vier Palästinenser verletzt. Die Armee bestätigte den Angriff auf Jamal Abu Samhadana, Kommandant der radikalen Volkswiderstands-Komitees. Samhadana entkam mit drei weiteren Aktivisten dem Liquidierungsversuch in der Nähe der Grenzstadt Rafah. Die vier wurden dabei allerdings verletzt. Es war der erste gezielte Tötungsversuch der Luftwaffe seit dem Tod Arafats. Israel hatte zuvor erklärt, bis zur Wahl des palästinensischen Präsidenten im Jänner auf offensive Militäraktionen zu verzichten.

Der palästinensische Präsidentschaftskandidat Mustafa Barghuti warf unterdessen israelischen Soldaten vor, ihn misshandelt zu haben. Er sei am Mittwoch auf dem Weg von einer Wahlveranstaltung in Jenin im Westjordanland von Soldaten angehalten worden, berichtete Barghuti. Die Soldaten hätten seine zwei Leibwächter in den Magen und auf den Kopf geschlagen, er selbst sei mit einem Gewehrkolben geprügelt worden. Barghuti tritt als unabhängiger Kandidat bei der Präsidentschaftswahl am 9. Jänner an, bei der der Nachfolger des verstorbenen Yasser Arafat bestimmt werden soll. Er ist ein entfernter Verwandter des im Sommer zu fünf Mal lebenslanger Haft verurteilten Intifada-Führers Marwan Barghuti.

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