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Sex-Skandal im Vatikan - Chorsänger vermittelte Callboys

Der Vatikan steht im Mittelpunkt eines Sexskandals: Ein Chorsänger aus dem Petersdom soll männliche Prostituierte vermittelt haben.

Zu seinen Klienten gehörte offenbar auch ein hoher Staatsbeamter, der sich im direkten Umfeld von Papst Benedikt XVI. bewegte. Das berichteten italienische Zeitungen in den vergangenen Tagen und “Spiegel Online” am Freitag. Sie veröffentlichten auch Mitschnitte aus delikaten Telefonaten.

Der in Rom lebende Nigerianer Chinedu Thomas Ehiem (40), ein Chorsänger des Vatikans, hatte dem hohen italienischen Staatsbeamten Angelo Balducci gegen Geld junge männlich Prostituierte vermittelt. Am Mittwoch hatte die italienische Tageszeitung “La Repubblica” erstmals darüber berichtet. Auch andere Zeitungen zitierten aus Tonbändern, die der Polizei vorliegen und auf denen zu hören ist, wie die beiden Männer am Telefon ihre Geschäfte abwickelten.

Ehiem sagte dabei unter anderem: “Ich habe da einen aus Neapel, einen Kubaner, einen Deutschen, gerade aus Deutschland eingetroffen, zwei Schwarze, einen Fußballer, einen Tänzer der RAI (des staatlichen Fernsehens)”, heißt es laut der Tageszeitung “Libero” in einem Mitschnitt. Auch Priester-Seminaristen sollen zu den jungen Männern gehört haben, die Ehiem an Balducci weiterreichte. In einem Gespräch kommt die Frage auf, wann denn der Jüngling “wieder im Seminar” sein müsse.

Manchmal aber auch zeigt sich “Mike” – so nannte Balducci den Nigerianer – kurz angebunden und antwortet mit einer knappen SMS: “Bin im Vatikan, kann jetzt nicht sprechen.” Denn “Mike” alias Thomas sang in seiner Freizeit in der “Cappella Giulia” mit, dem zweitwichtigsten Chor in Sankt Peter nach den Sängern der Sixtinischen Kapelle.

Auch Angelo Balducci ging im Vatikan ein und aus. Als Präsident des Obersten Rates für Öffentliche Arbeiten war er einer der mächtigsten Beamten Italiens, gebot über Millionenaufträge und konnte öffentliche Ausschreibungen gezielt steuern. Der ältere weißhaarige Herr zählte zu den “Gentiluomini di Sua Santità”, der “Ehrenmänner Seiner Heiligkeit”, des Papstes. Bei besonderen Anlässen war er als ehrenamtlicher Diener in der Residenz von Papst Benedikt XVI. tätig.

Jetzt allerdings sitzt Balducci zusammen mit zwei weiteren Spitzenbeamten und einem Bauunternehmer in Haft, weil er systematisch Bauaufträge des italienischen Zivilschutzes verschoben haben soll, zum Beispiel nach dem Erdbeben von L’Aquila, aber auch für den G-8-Gipfel von 2009. Bei den sexuellen Eskapaden des katholischen Familienvaters Balducci dagegen handelte es sich nicht um Bestechungsleistungen – er zahlte alles aus eigener Tasche.

Am Rande der monatelangen Korruptionsermittlungen protokollierten die Carabinieri auch die Sex-Telefonate mit. Weil diese jetzt auch Bestandteil der Ermittlungsunterlagen sind, stand ihr Wortlaut bald in allen italienischen Tageszeitungen. Neben Ehiem war für Balducci auch ein zweiter Vermittler am Werk, der Italiener Lorenzo Renzi, der es laut “La Repubblica” im Gespräch mit einem Callboy nicht an Deutlichkeit mangeln lässt: “Du kassierst immerhin 2.000 Euro. Also geh’ mir nicht auf den Sack! Leg ein bisschen Musik auf, wirf eine Viagra ein, und los geht’s!”

Ehiem war nach Auffliegen des Skandals seinen Platz in der “Cappella Giulia” sofort los. Der Vatikan betonte, Ehiem sei weder Priester noch sonst in irgendeiner kirchlichen Funktion tätig. Ansonsten äußerte sich der Heilige Stuhl bisher nicht zu den Vorfällen.

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